Sehr geehrter Herr Dr. Wolf,
meine Überraschung war infolge des unerwarteten Umfanges Ihres Buches sehr groß, und ich denke, niemand wird so richtig ermessen können, wie viel Mühen und Arbeit Sie in Ihre Recherchen investieren mussten, um eine so umfassende Darstellung des Luftkrieges bei uns zu Papier zu bringen. Wie Sie dies alles neben Ihren beruflichen Verpflichtungen „auf die Reihe“ bekommen haben, ist mir ein Rätsel und nötigt mir Respekt und Hochachtung ab.
Eine kursorische Durchsicht hat mich davon überzeugt, dass Sie sehr sorgfältig mit den historischen Fakten umgegangen sind. Dies gilt vor allem für die Ereignisse des 24.12.1944, denen ich verständlicherweise besondere Aufmerksamkeit gewidmet habe. Ich kann Ihnen aufrichtig zu der objektiven Berichterstattung der Ereignisse dieses Tages gratulieren, weil sie sehr nachhaltig in meinem Gedächtnis wach sind.
Ich wünsche Ihnen und hoffe mit Ihnen, dass das Buch eine weite Verbreitung findet, um nicht nur Ihre Arbeit zu würdigen, sondern insbesondere Ihrer Zielsetzung zu dienen, dass sich ein Krieg – gleich welcher Art und gleich welchen Ausmaßes – nie mehr wiederholen möge. Ob die Menschen an verantwortlicher Stelle dies indessen bedenken werden, muss nach aller Erfahrung leider bezweifelt werden.
Mit allen guten Wünschen für Sie und Ihre Familie und freundlichen Grüßen
bin ich Ihr Victor Heimann
Oberfähnrich Victor Heimann, 8. Staffel des JG 300, in Löbnitz im Oktober 1944
„Achtung, Indianer hinter Dir ...!“
Der Tod ist immer mit an Bord.
Berlin: Die Sowjetmacht paradiert um den zertrümmerten Reichstag. Es ist vorbei.
Dieses Buch ist meinem Vater gewidmet, Gottfried Wolf.
Mein Vater wurde im Zweiten Weltkrieg zum Jagdflieger ausgebildet und flog die Messerschmitt Bf 109 G-6. Als er die Flugzeugführerschule verließ, wollte er wie alle jungen Piloten der damaligen Zeit fliegen und kämpfen. Er wollte sich „ehrenhaft, aufrecht und tapfer“ für sein Vaterland bewähren ...
Mein Vater beendete seine Ausbildung zum Jagdflieger am 31. Januar 1945 in einer Zeit, als der Ausgang des Krieges bereits unabwendbar war. Ein Tieffliegerangriff amerikanischer P-51 „Mustang“- Jagdflugzeuge auf den Ausbildungsflugplatz des Schulungs-Jagdgeschwaders 104 – eine Graspiste bei Buchschwabach in der Nähe von Fürth – hatte es den Flugschülern im Januar 1945 bereits anschaulich vor Augen geführt. Es gab keinen Ort in Deutschland mehr, an dem man oberhalb des Erdbodens noch sicher war.
Zu dieser Zeit wurden in den Jagdschulen Aufrufe verlesen, mit denen die jungen, immer noch begeisterten Piloten zu letzten Verzweiflungseinsätzen gegen die alliierte Übermacht bewegt werden sollten. Dazu gehörten Rammeinsätze gegen feindliche Bomber oder „Selbstopfer“-(Selbstmord-) Einsätze gegen die Oderbrücken. Die jungen Männer wollten fliegen – buchstäblich um jeden Preis! Kaum einer, der sich nicht bereit erklärt hätte.
Doch viele der hochmotivierten Piloten wurden schlichtweg verschaukelt. Nur ein Teil von ihnen wurde tatsächlich mit Flugzeugen ausgerüstet und in den chancenlosen Luftkampf geschickt. Der Rest wurde im Erdkampfeinsatz bei Nürnberg und gegen die Rote Armee ganz einfach „verheizt“. Sinnloses „Draufgehen“ war das eine wie das andere, doch als Landser (Infanteriesoldat) waren die Männer nicht ausgebildet. Im Erdkampf hatten sie keine Erfahrung, noch weniger eine Chance – und dazu hatten sie sich nicht gemeldet.
So drohte auch meinem Vater zusammen mit zwei anderen Flugzeugführern der Erdeinsatz gegen sowjetische Panzer. Mein Vater wusste, dass ein solcher Einsatz mit Sicherheit den Tod bedeutet hätte. Doch nun waren sie in der Nähe von Berlin angekommen, wohin man sie zum „Einsatz“ gebracht hatte. Die russische Front war nicht weit. Was jetzt?
Buchschwabach bei Nürnberg.
Also führte er seine zwei Kameraden auf abenteuerlichen Umwegen zu einem Flugplatz, von dessen Platzkommandanten er sich Hilfe versprach. Ohne gültigen Marschbefehl konnte dies in jenen Tagen sofortige Aburteilung bedeuten. Prompt liefen sie in einem Ort an einem vergitterten Kellerfenster vorbei, aus welchem traurig ein junger Soldat blickte und auf entsprechende Fragen hin den drei Luftwaffenpiloten erklärte, dass er ohne Papiere aufgegriffen worden sei und auf seine Hinrichtung warte. Das war klar und deutlich!
Mit knapper Not entgingen sie einer Militärkontrolle – als sie um eine Biegung kamen, lag ein Dorf vor ihnen, voll mit Waffen-SS-Soldaten. Am Ortseingang standen Feldjäger – Militärpolizei! Es wäre aufgefallen, wenn sie nun umgedreht hätten. Im letzten Moment hörten die drei das charakteristische Pfeifen hochgezüchteter Flugzeugmotoren in der Luft. Das Dorf wurde von Tieffliegern angegriffen, sodass jedermann in Deckung sprang. Dies ermöglichte den drei Piloten ein Entkommen in den angrenzenden Wald.
Nach einiger Zeit liefen die drei an der Biegung eines Waldweges zwei Offizieren in die Arme. Sie identifizierten sich als Jagdflieger auf dem Weg zu einem Flugplatz – wahrheitsgemäß. Die Frage nach dem Marschbefehl musste mein Vater verneinen. Doch einer der beiden Offiziere hatte ein Einsehen. Mit wissendem Blick stellte er die Papiere aus!
Auf dem Flugplatz angekommen, wurden die drei Piloten stürmisch empfangen. „Sie schickt der Himmel, ich habe hier einige Maschinen mit kriegswichtigem Material, das darf den Russen nicht in die Hände fallen! Aber keine Piloten!“ So startete mein Vater mit einer zweimotorigen Maschine nach Hof in Bayern. Eine Zwischenlandung zum Auftanken musste unterbleiben – der Flugplatz war soeben von Jagdbombern angegriffen worden, das Rollfeld unbrauchbar. Wäre der Angriff nur fünf Minuten später erfolgt – die unbewaffneten, schwerfälligen und voll beladenen Transportflugzeuge wären ein einfaches Opfer feindlicher Jäger geworden. Als mein Vater schließlich in Hof landete, wurde er aufgeregt angewiesen, sofort in Deckung zu rollen. Es seien Tiefflieger gemeldet. Doch es war nicht möglich, die Maschine vom Rollfeld zu bringen. Die Landung war mit dem letzten Tropfen Sprit erfolgt, im Ausrollen setzten die Motoren aus. Wenig später erfolgte der Tiefangriff, und die Maschine ging in Flammen auf. Doch mein Vater, der nie wirklich zum Jagdeinsatz gekommen war, lebte.
Erklärung des Verfassers
Es gibt in keinem Krieg der Welt einen Sieger. Es gibt nur Verlierer.
Der erste, größte und unwiderruflich endgültige Verlust ist der Verlust der Unschuld.
Ich war nicht dabei – Gott oder wem auch immer sei Dank. Doch meine Vorstellungskraft genügt, um wenigstens den Teil des Horrors nachempfinden zu können, der „vom grünen Tisch“ aus nachempfindbar ist.
Nichts liegt mir ferner, als irgendetwas an den geschilderten Schicksalen, Ereignissen und Sachverhalten zu beschönigen, zu heroisieren oder zu pathetisieren. Dies bezieht die dargestellten Symbole auf den Seitenleitwerken der Flugzeuge ausdrücklich mit ein. Der Verfasser hat leider keinen Einfluss darauf, dass diese Symbole damals nun einmal an den entsprechenden Stellen der Rümpfe aufgemalt waren.
Wer auch immer sich berufen fühlen möchte, von „Schuld“ zu reden – Schuld welcher Seite auch immer – der möge sich vor Augen halten, welche seelischen Schutz– und Verdrängungsmechanismen in einem Menschen ablaufen müssen, der tagtäglich mit dem größtenteils grausamen Tod seiner Nächsten, Kameraden wie Gegner, konfrontiert wird. Der dies irgendwie in sich verarbeiten – oder abspalten muss.
Und der selbst demselben gewaltsamen Tod Tag für Tag ins Auge sieht.
Der zweite Verlust ist der Verlust der Achtung vor dem Leben und dem Recht auf Unversehrtheit des Anderen.
Wenn in den Texten Gefühle des Lesers angesprochen werden, so dient dies der Dramaturgie und dem Bemühen, eine Zeit lebendig werden zu lassen,
die sich – Gott gebe es – nie wiederholen werde!
Verluste an Piloten und Besatzungen im Zweiten Weltkrieg:
(Unter dem Begriff „Verlust“ ist zu verstehen: gefallen, vermisst oder in Gefangenschaft geraten)
Deutsche Luftwaffe: |
|
80.588 |
Mann |
Britische Royal Air Force (RAF): |
|
79.281 |
Mann |
US Army Air Force (USAAF): |
|
79.625 |
Mann |
Sowjetische Luftstreitkräfte (VVS): |
|
~39.000 |
Mann |
Oberst Lützow inspiziert Flugschüler.
Zum Zeitpunkt des Aufrufes zum „Sonderkommando Elbe“ hat Lützow nicht mehr den Einfluss, derartige Opfer verhindern zu können.
Die in Relation zu den hohen Flugzeugverlusten geringe Zahl an sowjetischen Toten erklärt sich unter anderem durch den hohen Anteil an einsitzigen, maximal zweisitzigen Flugzeugen, während ein einziger viermotoriger B-17-Bomber der Amerikaner bis zu 10 (durchschnittlich 9) Besatzungsmitglieder in den Tod reißen kann.
Verluste alleine der deutschen Jagdflieger hierbei:
Deutsche Luftwaffe: |
|
~11.200 |
Mann |
Abschüsse deutscher Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg:
Alliierte Flugzeuge (RAF/USAAF): |
|
~25.000 |
Abschüsse |
Sowjetische Flugzeuge (VVS): |
|
~45.000 |
Abschüsse |
erzielt durch die Jägerpiloten der deutschen Luftwaffe. Davon geben die Nachtjägerbesatzungen 5.729 Abschüsse an, von denen ~5.000 der Realität entsprechen dürften, welchen überwiegend britische Bomber zum Opfer fielen. Die übrigen Abschüsse wurden von Tagjagdpiloten erzielt. Die nachstehenden Gesamtverluste an Flugzeugen enthalten unter anderem auch die Abschüsse durch Flugabwehrkanonen (Flak). Alleine die deutschen Kanoniere melden während des Krieges ~20.000 Abschüsse.
Verluste an Flugzeugen der Luftwaffe, RAF, USAAF, VVS:
Deutsche Luftwaffe: |
|
~16.400 |
Flugzeuge |
Britische Royal Air Force (RAF): |
|
~22.000 |
Flugzeuge |
US Army Air Force (USAAF): |
|
~18.000 |
Flugzeuge |
Sowjetische Flugzeuge (VVS): |
|
~46.100 |
Flugzeuge |
Quellen:
Fliegerblatt, Gemeinschaft der Flieger deutscher Streitkräfte e.V. / Ausgabe Nr. 4/2006
mittelbar (hier zitiert): „Zeitgeschichte: Der Zweite Weltkrieg“
mittelbar (hier zitiert): „ Clash of Wings“ / Walter Boyne
„Deutsche Jagdflugzeuge 1939-1945 in Farbprofilen“ / Bernard & Graefe Verlag 1999 / Claes Sundin und Christer Bergström.
mittelbar (hier zitiert): „Die Ritterkreuzträger der Luftwaffe Band 1 – Jagdflieger 1939 – 1945“ / Ernst Obermeier
Im Gedenken an Walter Oesau
11. Mai 1944. Oberst Walter Oesau ist ein geachteter Mann. Ein Jagdfliegerpilot mit immerhin 127 Abschüssen. Er ist Kommodore des Jagdgeschwaders 1. Walter Oesau ist bekannt für seinen Mut und Kampfgeist. Adolf Galland nennt ihn anerkennend einen „zähen und glänzenden Kämpfer in der Luft“.
Walter Oesau gilt in jenen Zeiten als ein „Held“.
Im Mai 1944 ist Walter Oesau nach jahrelangem Kampf seelisch und körperlich angeschlagen. Doch er kämpft weiter. Traurig und desillusioniert. Als er eines Tages aus einer Besprechung zurückkommt, vertraut er einem Kameraden an, dass er den Krieg nicht überleben wolle. Er habe von einigen „Sachen“ erfahren, die er nicht weitergeben dürfe und wolle, sonst würde sein gesamtes Geschwader den Kampfeswillen verlieren! Wir wissen heute, was er meinte, was damals allerdings die meisten noch nicht wussten.
Oesau kämpft. An jenem 11. Mai 1944 aber hat er hohes Fieber. Eine Grippe fesselt ihn ans Bett.
Sein Geschwader startet, als – wieder einmal – etwa 1.000 schwere amerikanische Bomber und ebenso viele US-Begleitjäger Eisenbahnanlagen in Frankreich angreifen, um die geplante alliierte Invasion vorzubereiten. Die deutschen Jagdmaschinen sind im Anflug auf den weit übermächtigen feindlichen Verband, als auf dem Fliegerhorst das Telefon läutet. Reichsmarschall Hermann Göring, Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe, ist am Apparat und fragt, wie der Stand der Dinge sei.
„Ist der Kommodore in der Luft?“
„Nein, er liegt mit Fieber im Bett!“, erhält Göring zur Antwort.
„Ja, das kenne ich schon!“, kommt es verächtlich zurück, „er ist also auch müde und feige ...!“
Als Oesau dies erfährt, hält ihn nichts mehr im Bett. Trotz hohen Fiebers steigt der junge Oberstleutnant in sein Messerschmitt Bf 109 G-6/AS-Jagdflugzeug (, Werknummer 20601) und fliegt seinem Geschwader hinterher. Er, müde und feige? Das kann Oesau nicht auf sich sitzen lassen!
In der Nähe des belgischen Städtchens St. Vith trifft der Kommodore auf den feindlichen Verband. Er versucht, die amerikanischen Begleitjäger des Bomberverbandes anzugreifen. Zwei P-51 „Mustangs“ und mindestens vier P-38 „Lightnings“ nehmen das deutsche Jagdflieger-Ass in die Zange.
Oesau greift zu allen Tricks, wehrt sich gekonnt und verbissen mit der Erfahrung aus über 300 Kampfeinsätzen. Das Duell gegen eine vielfache Übermacht dauert immerhin 20 Minuten, in denen sich der Kommodore noch behaupten kann. Der Kampf, der in etwa 8.500 Meter Höhe begonnen hatte, endet knapp über den Gipfeln der Bäume in den bewaldeten idyllischen Hügeln der Ardennen.
Dann ist es vorbei. Offenbar versucht Oesau noch eine Notlandung, als ein letzter Feuerstoß das Cockpit seiner Messerschmitt trifft. Man findet seinen Körper in einigem Abstand zum zerschmetterten Wrack des Jagdflugzeuges. Walter Oesau ist tot.
Er hat bewiesen, dass er weder müde noch feige war.
Zum Dank dafür wird sein Geschwader später
seinen Namen tragen.
Walter Oesau ist ein Held.
Ein tragischer Held.
Wozu?
Danksagung
Mein besonderer Dank gilt:
Wilhelm Göbel
Eddie Creek
Matti Salonen
meiner Frau Annette
(für ihre Geduld)
ferner danke ich ebenso herzlich:
Andrew Arthy
Christer Bergström
Peter Cohausz
Ferdinando d’Amico
Klaus Deumling, KG 100
Axel Dortenmann,
Sohn von Hans Dortenmann,
JG 54/JG 26
Karl-Heinz Eichhorn
Wolfgang Fleischer
Karl-Georg Genth, JG 26
Manfred Griehl
Victor Heimann, JG 300
Jean-Yves Lorant
Frank Olynyk
Karl-Heinz Ossenkopp, JG 26
Dr. Jochen Prien
Peter Rodeike
Willi Reschke, JG 301
Ernst Scheufele, JG 4
Dr. Helmut Schnatz
Ernst Schröder, JG 300
Claes Sundin
Dr. Christian Zentner
Erläuterungen
Schreibweisen:
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges werden die deutschen Messerschmitt-Jäger nicht nach ihrem Konstrukteur benannt (Willi Messerschmitt), sondern nach der Produktionsfirma – den Bayerischen Flugzeugwerken. Somit „Bf 109“ oder „Bf 110“ etc.! Dies ändert sich erst mit den „Me 210“, „Me 410“, „Me 262“ und „Me 163“, nachdem die Bayerischen Flugzeugwerke zur „Messerschmitt AG“ geworden waren. Doch selbst dann wurde in offiziellen deutschen Unterlagen die Bezeichnung „Bf“ weitergeführt. Da der Begriff „Me“, also „Me 109“, unter den Piloten damals schon und im verbreiteten Sprachgebrauch heute viel gebräuchlicher ist als „Bf“, wird vom Verfasser folgende Definition angewandt:
Ferner werden die britischen und amerikanischen Flugzeugtypen mit Typennamen bezeichnet, beispielsweise „Spitfire“, „Hurricane“, „Mustang“ oder „Thunderbolt“. Auch hier wird folgende Schreibweise im Text verwendet:
In Bezug auf die Bezeichnung amerikanischer und britischer Einheiten (Ausnahme: RAF-Squadrons: siehe unten!) wird die englische Zahlenschreibweise verwendet, also „3rd“ statt 3. und „5th“ statt 5. Diese Systematik wird bei ähnlich begrifflich typisch englischen Inhalten beibehalten, so z.B. Dienstgrade, die in dieser Form im deutschen Sprachbegriff nicht vorkommen, also beispielsweise „1st Lieutenant“.
Generell wird bei der Nennung von Dienstgraden die landestypische Definition vorgezogen, z.B. „Kapitan“ (sowjetisch) oder „Captain“ (amerikanisch) statt „Hauptmann“ (deutsches Äquivalent).
Deutsche Luftwaffe
Die Deutsche Luftwaffe war in Staffeln gegliedert, Jede Staffel hatte üblicherweise als Sollstärke zwölf Flugzeuge. Zu Beginn des Krieges bestand eine Gruppe aus drei Staffeln, später (etwa ab 1943 beginnend) oft auf vier Staffeln erweitert. Eine Gruppe bestand somit aus 36–48Flugzeugen (bei optimalen Bedingungen, also Friedensstärke!). Wiederum 3–4 Gruppen bildeten ein Geschwader, welches somit über 108 (drei Gruppen zu je drei Staffeln) bis 192 (vier Gruppen zu je vier Staffeln) Flugzeuge verfügte – zuzüglich der Stabsstaffel (meist vier Maschinen) einer Gruppe und des Geschwaders selbst. Diese Zahlenangaben wurden freilich in der Praxis nur selten auch nur annähernd erreicht, Ende 1944 brachte so manches Jagdgeschwader (abgekürzt = JG) gerade mal noch 60 Flugzeuge in die Luft.
Die Flugzeuge jeder Staffel waren bei Jägereinheiten mit Zahlen, bei Bombereinheiten mit Buchstaben codiert. Diese Zahlen oder Buchstaben hatten unterschiedliche Farben – welche die Staffel innerhalb einer Gruppe kennzeichneten. Die Staffeln wurden durchnummeriert: 5. /JG = 2. der II./ JG (bis Mitte 1944 siehe unten). Bei den Bombereinheiten – dies sei nur kurz erwähnt – gilt:
und
: „B3“ codiert das Kampfgeschwader (KG) 54, „L“ die 3. Staffel der I. Gruppe, „H“ bzw. „K“ definieren das individuelle Flugzeug. Die individuelle Kennung ist bei einer 1. (4., 7., usw.) Staffel weiß, 2. (5., 8. usw.) Staffel rot und 3. (6., 9. usw.) Staffel gelb.
ist entsprechend ein Bomber der 7. *1/ KG 54, wobei „R“ für 7. Staffel steht, die individuelle Kennung in einer 7. Staffel hat die Farbe weiß.
Jagdeinheiten (Tagjagd – Nachtjäger führten eine den Bombern ähnliche Systematik):
Die Farbe der Zahlen bezeichnete die erste, zweite, dritte, vierte oder Stabsstaffel innerhalb einer Gruppe. Diese Farben wiederholten sich dann in der nächsten Gruppe desselben Geschwaders. Um die Gruppen auseinander halten zu können, wurden hinter dem Hoheitsabzeichen Zeichen aufgemalt, welche die entsprechende Gruppe kennzeichneten. Das Fehlen dieses Zeichens definierte die erste Gruppe, ein horizontaler Balken die zweite, ein vertikaler Balken (anfangs alternativ eine Wellenlinie, was später aufgegeben wurde, als vierte Gruppen eingeführt wurden) die dritteund eine Welle die vierte Gruppe. Eine Staffel wurde mit einer arabischen Ziffer benannt, eine Gruppe mit einer römischen Zahl.
Also: |
3./JG 27 |
= |
3. Staffel des Jagdgeschwaders 27 |
Aber: |
III./JG 27 |
= |
III. (= 3.) Gruppe des Jagdgeschwaders 27 |
Stabsstaffeln trugen meist besondere Zeichen, wie Winkel oder Doppelwinkel. Hierbei war es üblich, einen Gruppenkommandeur mit einem Doppelwinkel zu definieren, den Gruppenadjutanten mit einem einfachen Winkel, während ein einfacher Winkel gefolgt von einem senkrechten bzw. horizontalen Balken die Führung des Geschwaderstabes codierten. Die Beispiele erfolgen willkürlich mit der Nr. 5:
Bis Mitte/Ende 1944 bestanden die meisten Gruppen der Jagdgeschwader aus drei Staffeln:
Ab Mitte/Ende 1944 bestanden die meisten Gruppen der Jagdgeschwader aus vier Staffeln:
Die Zahlen waren in den Anfangsjahren meist schwarz oder weiß umrandet, ab Mitte 1944 selten.
Diese mit deutscher Gründlichkeit eingeführte Systematik wurde freilich im „Felde“ beileibe nicht immer so konsequent eingehalten. Mit zunehmendem Verlauf des immer chaotischere Verhältnisse produzierenden Krieges wurde mehr und mehr improvisiert. So zeigt nachstehendes Foto vom 23. Dezember 1944, dass Unteroffizier Erich Kellers der 5./ JG 4, also der II. Gruppe keinen horizontalen Balken über dem Rumpfband trug, wie es der Systematik für ein zweite Gruppe entsprochen hätte (
, beziehungsweise auf der hier sichtbaren Steuerbordseite des Rumpfes
).
Die Form des Balkenkreuzes änderte sich im Laufe des Zweiten Weltkrieges beträchtlich, Zum Vergleich sind folgende Profile geeignet:
Zu Beginn des Krieges bis ins Jahr 1944 wurden die Geschwader untereinander durch teilweise fantasievolle Geschwaderwappen gekennzeichnet, welche seitlich am Rumpf entweder unter dem Cockpit oder auf der Motorhaube angebracht waren. Zwei der berühmtesten sind das grüne Herz des JG 54 und das Afrika-Emblem des JG 27 (was übrigens zunächst nichts mit dem Afrikaeinsatz des Geschwaders zu tun hatte, sondern seit Oktober 1939 – also vorher bereits – existierte).
Beispielhaft sind hier für die Jagdgeschwader das „Eismeerwappen“ des lange in Norwegen kämpfenden JG 5 (links) oder das „Blitz-emblem“ der II./ KG 3 (rechts) für die Bomber-Kampfgeschwader:
Ab Ende 1943 wurden diese Wappen in den Geschwadern der Reichsverteidigung und dann im Laufe des Jahres 1944 in allen Jagdgeschwadern der Luftwaffe durch Rumpfbänder verschiedener Farben ersetzt.
Die Bänder entstanden zunächst in Eigeninitiative der Geschwader, um nach einem Angriff das Erkennen und Sammeln zu erleichtern – sie wurden erst am 24.12.1944 offiziell.
Dagegen wurde das Führen der Wappen untersagt, was den Sinn haben sollte, die Identifikation einer notgelandeten Maschine dem Gegner zu erschweren. Viele Geschwader wollten aber auf ihre Traditionswappen nicht verzichten, sodass die Anweisung nicht immer konsequent befolgt wurde und teilweise beide Kennzeichen nebeneinander geführt wurden. Erst Ende 1944 verschwanden die Wappen weitgehend.
Flugrichtung des Jägers, d.h. das Rumpfband ist definiert aus der Sicht auf die linke (Backbord-) Seite.
Royal Air Force (RAF)
Fighter Squadron = „FS“, Fighter Group = „FG“.
Die britische Royal Air Force war gegliedert in Squadrons. Eine Squadron war die kleinste eigene Organisationseinheit. Eine voll ausgerüstete Squadron des Fighter Command (der Jagdwaffe) verfügte über durchschnittlich je 20 (12–24) Flugzeuge mit Mannschaft und Wartung. Zu Beginn des Krieges bestand eine Squadron überwiegend aus 20 Maschinen, im Laufe der Auseinandersetzungen reduzierte sich deren Zahl Mitte 1940 auf 12. Ab August 1940 wurde als Sollstärke wieder die Anzahl von 20 Jagdflugzeugen etabliert, aber erst später erreicht. Dies bedeutete allerdings in der Royal Air Force nicht zwangsläufig, dass auch 20 Piloten zur Verfügung standen, der Sollstand bezog sich auf die vorhandenen Maschinen inklusive Reserve. Mehrere Squadrons formierten einen Wing, mehrere Wings eine Group. Die Markierungen bestanden aus zwei Buchstaben oder einem Buchstaben und einer Zahl vor der britischen Kokarde. Diese Kombination kennzeichnete die Squadron. Ein weiterer Buchstabe hinter der Kokarde definierte das individuelle Flugzeug innerhalb der Squadron.
Anders als in der USAAF ist die Bezeichnung in RAF-Squadrons nicht 331st, sondern 331 Squadron.
US Army Air Force (USAAF)
Fighter Squadron = „FS“, Fighter Group = „FG“.
Das System ähnelt dem der Royal Air Force. Eine Squadron bestand jedoch aus etwa 18 Jagdflugzeugen (18–24). Drei Squadrons formierten eine Group, die somit bis zu 72 Jagdmaschinen enthalten konnte, was unter Einsatzbedingungen allerdings selten erreicht wurde. So umfasst beispielsweise am 19. März 1945 ein Einsatzflug der 78th Fighter Group die Anzahl von 47 beteiligten P-51 „Mustangs“ (vgl. Kapitel 25).
Die drei Squadrons innerhalb einer Group unterschieden sich oft durch die Farbe des Seitenruders. Blau und HO codiert hier innerhalb der 352nd Fighter Group die 487th Fighter Squadron.
Rot und PE codiert hier innerhalb der 352nd Fighter Group die 328th Fighter Squadron.
(Die Motorhaube trägt hier ein rot-gelbes Schachbrettmuster im Gegensatz zu den „Blaunasen“ oben).
Wogegen eine andere Fighter Group immer ein deutlich anderes Farbmuster trug – hier 357th Group. Eine Group war die kleinste eigene Organisationseinheit. Mehrere Groups ergaben einen Wing, sodass das System „Group – Wing“ nicht mit der Royal Air Force identisch war.
VVS (Voenno-Vozdushnye Sily – sowjetische Luftkräfte)
Die sowjetische Kennzeichnung beschränkte sich meistens auf eine Nummer, manchmal ergänzt durch individuelle Widmungen, wie sie auf den Maschinen aller Nationen zu finden waren.
Erklärung der nationalen Hoheitszeichen (Kartensymbole)
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Deutschland |
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Vichy-Frankreich |
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Italien |
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Ungarn |
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Finnland |
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Rumänien |
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Großbritannien |
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Frankreich |
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Vereinigte Staaten von Amerika – USA |
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Sowjetunion |
|
Polen |
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Norwegen |
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Griechenland |
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Holland |
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Belgien |
Ausdrücklicher Hinweis:
Das blaue finnische Hakenkreuz hat absolut nichts mit dem Nationalsozialismus in Deutschland zu tun, sondern es war das persönliche Wappen des Schweden Eric von Rosen, welcher der finnischen Luftwaffe zum Entstehen verhalf. Von Rosen schenkte den Finnen ihr erstes Militärflugzeug, eine Thulin D – daher kennzeichneten die Finnen mit diesem Hoheitszeichen seit dem Jahr 1918 bis zum Jahr 1945 die Flugzeuge ihrer Luftstreitkräfte.
*1Unabhängig davon wird ein Verlust mit dem Code am 6.6.1944 nicht regelkonform unter 8./ KG 54 gelistet.