„Scheiße! Verdammte Scheiße!“ Ob das nun feine Worte sind oder nicht, das ist dem deutschen Soldaten egal, scheißegal, so egal wie sonst noch was im Angesicht des sicheren Todes. Verflucht! Was hatten sie alles durchgemacht von Russland bis hierher! Immer hatte sich noch ein Türchen geöffnet, ein Ausweg gezeigt, manchmal in letzter Sekunde. Dusel muss der Mensch haben, so viele seiner Kameraden hatten ihn nicht. Jetzt bist Du dran! Hier kommst Du nicht mehr raus, das war`s jetzt! Jetzt ist er also selber fällig. Nein! Verdammt! Verdammter Mist!
Das Keuchen der Soldaten wird übertönt vom bösartigen Rasseln der Ketten. Jede Geländeunebenheit, die sich bietet, nutzen die deutschen Landser. Jeder krallt sich am Boden fest, deutschem Boden, schneebedecktem Boden, als würde der einen Rest von Sicherheit bieten. Er hebt den Kopf – vorsichtig. Neben sich die entsetzten Augen eines Kameraden. Da vorne das Stahlmonster namens T-34. Das Rohr des Panzers zeigt in Richtung der kleinen Gruppe deutscher Soldaten, die sich hilflos umsehen. Es ist nicht nur eines! Die russischen Panzer haben sie eingekreist. Da, irgendwo hinter dem Wäldchen fließt die Oder. Dahinter liegt Frankfurt. So nah – so unerreichbar nah. Oh nein.
Was nun? Handgranaten bündeln – geballte Ladung nennt man das. Gegen diese Armada ist das chancenlos. Aber wenn es schon sein muss, dann würde man sich wenigstens so teuer wie möglich verkaufen. Angst steigt hoch, schnürt den Hals zu. Das „ob“ ist nicht mehr die Frage, höchstens „wie“. Werden sie feuern? Wird der Iwan sie zerfetzen, durchsieben oder einfach mit den Panzerketten zerquetschen? Lieber Gott, so hilf uns doch!
Die Luft ist erfüllt vom Brummen und Fauchen der Panzermotoren, dem Klirren und Rasseln der Ketten, unwirklich gedämpft vom Schnee auf dem hartgefrorenen Winterboden an jenem Tag Anfang Februar 1945. Ein weiteres Geräusch mischt sich, allmählich lauter anschwellend, in die Symphonie der Vernichtung. Flugzeugmotoren! Auch das noch! Yaks, LaGGs oder Iljuschins – auch egal. Wahrscheinlich „Stormoviks“, diese sowjetischen Schlachtflugzeuge hatten ihnen schon oft genug zugesetzt. Aber ob diese oder jene, sie können es sich jetzt aussuchen, auf welche Art sie uns fertigmachen, vom Boden oder aus der Luft. Mein Gott, lass es bald vorbei sein!
Die ersten Schüsse aus der Luft mischen sich in den Mix an todbringenden Geräuschen. Ein harter, kurzer Abschussknall, gefolgt von den nächsten. Das – das ist nicht wahr! So klingt keine Stormovik! Das Prasseln des Feuers lenkt den Blick des deutschen Soldaten weg vom Boden auf den russischen T-34 Panzer vor sich. Sein Heck steht in Flammen, das Benzin frisst sich brennend in den Innenraum. Mit einem ohrenbetäubenden Knall explodiert die Munition. Der Panzer fliegt in die Luft, kurz darauf gefolgt von einem zweiten. Ein ungläubiges Staunen steht in den Gesichtern der deutschen Landser, als sie nach oben sehen. Stukas! Deutsche Stukas! Mein Gott, oh mein Gott! Ein Anflug der charakteristischen, raubvogelartig aussehenden deutschen Erdkampfflugzeuge nach dem anderen dezimiert die russischen Panzer. Diejenigen, die noch nicht brennen, ergreifen über das offene verschneite Feld die Flucht. Es nützt ihnen nichts. Innerhalb von Minuten hat sich das Blatt gewendet, die Jäger sind nun die Gejagten.
Die Stukas mit ihren je zwei 3,7-cm-Panzerabwehrkanonen kennen kein Erbarmen. Anflug auf Anflug folgt, bis alle Panzer restlos vernichtet sind. Das schneebedeckte Feld östlich von Frankfurt an der Oder ist übersät von brennenden, rauchenden russischen Panzerwracks. Auch deren Besatzung besteht aus Menschen, die nun einen grausamen Tod sterben müssen.
Daran denken die deutschen Landser nicht, als sie aufspringen vor Freude. Die oder wir, so lautet die entsetzliche Regel dieses Irrsinns. Ohne jede Deckung rennen sie aufs freie Feld, werfen begeistert ihre Gewehre und Helme in die Luft und winken ihren Rettern zu. Der Herrgott hatte Ihnen im letzten Moment eine geflügelte Schar Engel geschickt – Engel, wie sie sie schon lange nicht mehr über ihren Köpfen hatten fliegen sehen.
Der Erzengel über ihnen beschließt, den Jungs da unten eine letzte Freude zu machen. Er schreibt einen Gruß von ihm und seinem Geschwader auf ein Blatt Papier und wirft es zusammen mit etwas Schokolade mit Hilfe einer Abwurfmeldebüchse den deutschen Infanteriesoldaten vor die Füße. Die wissen fortan, wem sie ihr Leben verdanken. Der Erzengel heißt nicht „Gabriel“, sondern Hans-Ulrich Rudel. Für sie ist er ein Engel, für die Russen eher ein Teufel. Doch für beide ist er bereits jetzt eine lebende Legende.
Ebenso Legende sind inzwischen die Schwingen des Erzengels. Auch sie haben einen Namen. Die offizielle Bezeichnung ist „Junkers Ju 87-Sturzkampfbomber“. Doch die Abkürzung des Verwendungszwecks ist bekannter und seit den überwältigenden Erfolgen dieses Flugzeuges in den Anfangsjahren des Krieges weltweit ein Begriff: „Stuka“. Dieses Flugzeug steht symbolhaft für eine bestimmte, von der deutschen Wehrmacht eingeführte revolutionäre Art der mobilen Kriegsführung: den „Blitzkrieg“. Kein anderes Flugzeug ist so untrennbar mit dem stürmischen Vormarsch der deutschen Truppen während des Polenfeldzuges, dem Einmarsch in Frankreich, dem Russlandfeldzug und den Schlachten im Mittelmeerraum und Nordafrika verbunden wie dieses. Und der Einsatz keines anderen löst bei den gegnerischen Bodentruppen solches Entsetzen aus wie der Sturzangriff der Stukas.
Dabei ist dieses Flugzeug mit seinem starren Fahrwerk und der eher bescheidenen Höchstgeschwindigkeit von 383 km/h bereits bei Kriegsbeginn technisch fast veraltet. Allerdings können die Gegner der deutschen Luftwaffe auch keine schnelleren Erdkampfunterstützungsflugzeuge aufbieten, so beträgt die Höchstgeschwindigkeit der britischen Fairey „Battle“ trotz Einziehfahrwerks und ohne Sturzflugfähigkeiten auch nur 406 km/h. Doch das Junkers Sturzkampfflugzeug ist robust – und äußerst wirkungsvoll. Seine Schwächen einem entschlossenen gegnerischen Angriff durch Abfangjäger gegenüber kommen in den ersten Feldzügen des Zweiten Weltkrieges kaum zum Tragen.
Die deutschen Jäger beherrschen den Luftraum, und die Heckschützen der deutschen Stukas kommen selten in die Verlegenheit, mit ihrem einzelnen Heck-Maschinengewehr von hinten oben angreifende Feindjäger abwehren zu müssen. Das ändert sich erst im Jahr 1940 während der „Luftschlacht um England“. Zum ersten Mal offenbart sich die Verwundbarkeit der Ju 87 den britischen Hurricane- und Spitfire-Jägern gegenüber, als die Stukas ohne ausreichenden deutschen Jagdschutz die britischen Radarstationen auszuschalten versuchen.
Die Idee des Sturzflugangriffes ist an sich keine deutsche Erfindung! Ernst Udet, deutsches Jäger-Ass des Ersten Weltkrieges und begeisterter Flieger, war von entsprechenden Flugvorführungen der US-Marineflieger in den Vereinigten Staaten von Amerika beeindruckt. Als die Nationalsozialisten im Jahr 1933 in Deutschland die Macht übernehmen, greifen sie die Vorschläge des berühmten deutschen Fliegers auf und finanzieren ihm insgeheim den „privaten“ Kauf zweier Curtiss „Hawk“, um diese zu testen. Udet wird am 1. Juni 1935 Oberst der Luftwaffe, dann Chef des technischen Amtes im RLM (Reichsluftfahrtministerium) und am 1. Februar 1939 Generalluftzeugmeister.
Udet gilt als maßgeblich dafür verantwortlich, dass alle Bombertypen ohne Sturzflugeigenschaften, also klassische viermotorige Fernbomber, so sträflich vernachlässigt werden. Er erschießt sich am 17. November 1941. Der erste deutsche Sturzkampfbomber ist die Henschel Hs 123 – ein Doppeldecker, gefolgt von der Junkers Ju 87. Zu Beginn des Krieges sind neun Stuka-Gruppen mit etwa 460 Ju 87 B-1/B-2 ausgerüstet.
Das Wirk-Prinzip des Sturzflugangriffes ist bestechend. Bei einem herkömmlichen Bombenangriff werden die Bomben aus einem horizontal über das Ziel fliegenden Flugzeug abgeworfen. Das hohe Gewicht einer Bombe verleiht ihr eine beträchtliche träge Masse – mit der Folge, dass die Bombe nach dem Abwurf eine kurze Zeit in Flugrichtung des Flugzeuges weiterfliegt, bevor die Schwerkraft sie in einem immer steiler werdenden Bogen zur Erde fallen lässt. Der Bombenschütze des Horizontalbombers muss seine tödliche Last also vor dem Überflug des Zieles ausklinken, um es zu treffen – unter Berücksichtigung von Flughöhe, Fluggeschwindigkeit und Windrichtung. Ein Punktziel so zu treffen ist schwierig und eher mit der statistischen Trefferwahrscheinlichkeit eines Bombenteppiches möglich als mit einer einzelnen Bombe.
Das Sturzflugprinzip vermeidet dieses Problem und nützt die träge Masse der Bombe zum Vorteil des zielenden Bomberpiloten. Ein Sturzkampfbomber stürzt in steilem Sturzflug mit Sturzflugbremsen direkt auf das Ziel zu – einen Panzer, eine Brücke, einen Bunker oder ein Schiff. Die körperliche und auch mentale Belastung der Besatzung des Bombers während eines solchen Sturzfluges ist beträchtlich. Doch die Effektivität ebenso. Wenn die Bombe ausgeklinkt wird, stürzt sie in Flugrichtung weiter – bei steilem Sturzflug und Ausklinken wenige 100 Meter über dem Ziel mit nur noch geringer Abweichung von der Flugbahn des Stukas. Während das Flugzeug in einem extremen, die Besatzung mit 6 g belastenden Abfangmanöver wieder in den Himmel schießt, rast die Bombe mit dem vom Luftwiderstand erzeugten charakteristischen Sirr-Ton dem Ziel entgegen. Die Trefferpräzision ist enorm – und bald gefürchtet bei den Bodentruppen des Gegners. Die demoralisierende Wirkung dieser Präzision ist derart, dass panische Reaktionen bei den Angegriffenen auftreten – noch unterstützt durch einen gezielt nervenzerreißenden Heulton, der automatisch beim Sturzflug der Sturzkampfbomber ausgelöst wird. Dieser fürchterliche Ton der „Jericho-Posaunen“ genannten Sirenen mit dem folgenden Pfeifen der Bomben ist oft das Letzte, was die Soldaten hören, die die Stukas auf sich herabstürzen sehen.
Junkers Ju 87 B „Stuka“.
Eine einschaltbare Automatik verhindert, dass ein kurzzeitiger Bewusstseinsverlust des Piloten zum Absturz des stürzenden Flugzeuges führen kann. Die Automatik wird aktiviert beim Ausfahren der Sturzflugbremsen. Nach dem Auslösen der Bomben bzw. spätestens in 450 Meter Höhe leitet der Autopilot selbsttätig das Abfangmanöver ein. Der Pilot kann die Automatik allerdings mit einem kräftigen Zug am Steuerknüppel deaktivieren.
Ein unter dem Rumpf angebrachter Schwenkbügel verhindert im Fall der Junkers Ju 87 Beschädigungen der Luftschraube, da die unter dem Rumpf getragene schwere Bombe von diesem Bügel durch den Umlenkmechanismus beim Ausklinken vom Rumpf weg unter den Propellerdrehkreis geführt wird.
Erste Februarwoche 1945, östlich von Frankfurt an der Oder
Flugzeugtyp: |
Junkers Ju 87 G-2 „Stuka“ („Kanonenvogel“) |
Nationalität: |
Luftwaffe |
Einheit: |
Stab/SG 2 „Immelmann“ |
Pilot: |
Geschwaderkommodore Oberst Hans-Ulrich Rudel |
Stationierung: |
Fürstenwalde, Deutschland, Februar 1945 |
Hinweis: die Karte zeigt den Nachkriegsgrenzverlauf, da hier die Lokalisation des Ortes aus heutiger Sicht im Vordergrund steht.
Originalfoto.
Modell 1:48.
Junkers Ju 87 G-2, Stab/SG 2, Oberst Hans-Ulrich Rudel, Geschwaderkommodore SG 2, Februar 1945.
Wohl der tollkühnste Pilot dieses Flugzeuges ist ein Mann, dessen Einsatzwillen bereits im zarten Alter von acht Jahren erkennbar wird. Man schreibt das Jahr 1924, und der kleine Bub Hans-Ulrich ist sauer. Seine Eltern fahren an diesem Tag von ihrer Heimat Seiferdau in Schlesien zu einem Flugtag in die nahe gelegene Stadt Schweidnitz – ohne ihren Sohn. Der wird nicht müde, seine beiden Schwestern und die Eltern nach ihrer Rückkehr auszufragen. Da sei ein Mann vom Himmel gesprungen und an einem Schirm herabgeschwebt. Sicher und unverletzt sei er gelandet. Der Junge staunt. Die Mutter näht einen Mini-Schirm, und Hans-Ulrich befestigt daran einen Stein. Es funktioniert! Es klappt tatsächlich!
Was ein Stein kann, kann ich erst recht! Sein Entschluss steht fest. Gesagt, getan. Furchtlos springt Hans-Ulrich aus dem Fenster im ersten Stock – mit aufgespanntem Regenschirm. Das Ergebnis ist ein Beinbruch. Allerdings nur, weil der doofe Schirm nach oben umgeklappt war, vermutet der Bub. Entmutigen lässt er sich nicht so leicht!
Ende 1936 hat der nun erwachsene junge Mann Abitur und den Aufnahmeschein zur deutschen Luftwaffe in der Hand. Er will – wie alle – Jagdflieger werden. Nun – alle können nicht Jägerpiloten sein! Daher wird gemunkelt, dass der komplette Jahrgang zu Kampffliegern – also Bomberpiloten – ausgebildet werden soll. Als Freiwillige für die neu aufgestellten Sturzkampfgeschwader gesucht werden, meldet sich Rudel. Wenn er schon nicht Jäger werden kann, dann wenigstens Stukaflieger, denn die fliegen zumindest auch ein kleines und agiles Flugzeug und keinen schwerfälligen zweimotorigen Bomber. Kurze Zeit später wird der Rest seiner Einheit versetzt – ausgerechnet zu den Jagdfliegern ...
Doch Rudel lernt nun, einen Junkers-Sturzkampfbomber zu fliegen. Freiwillig gemeldet ist freiwillig gemeldet – es gibt kein Zurück! Er hadert mit seinem Schicksal – ein Schicksal, welches wohl – wie so oft – besser wusste, was es tut, als sein Schützling. Bei Ausbruch des Krieges ist Hans-Ulrich Rudel Stukapilot und nimmt am Polenfeldzug teil. Allerdings nicht in einer Ju 87, denn seit Januar 1939 hatte man den jungen Leutnant zur Aufklärungsfliegerschule und später der Fernaufklärungsgruppe 2.(F)/121 versetzt. Als Beobachter! Rudel ist endgültig todunglücklich. Er ist kein allzu schnell lernender Flugschüler auf dem Stuka, der junge Herr Rudel. Die Fortschritte gehen dem Staffelkapitän zu langsam. Und im Offizierskasino, das er eher meidet, trinkt der Herr Leutnant – äh: Milch! Die Anfrage der Aufklärungsfliegerschule um Überstellung eines Offiziers kommt dem Kommandeur Rudels wie gerufen, um den Milchbubi elegant loszuwerden. Rudel wird abgeschoben zu den Aufklärern. Statt zu kämpfen, schießt er notgedrungen über Polen – Luftbilder.
Immerhin erhält er am 10. November 1939 das Eiserne Kreuz zweiter Klasse.
Rudel tut alles, um zu den Stukafliegern zurückzukehren. Gesuch um Gesuch scheitert. Seine Aufklärungseinheit liegt nun in Fritzlar bei Kassel. Später wird Rudel in ein Fliegerausbildungsregiment nach Wien versetzt. Seine Höhentauglichkeit sei für die neuen Aufklärungs-Aufgaben in großen Höhen über Frankreich und England nicht ausreichend – eine Diagnose, die wenig später bei einer Nachuntersuchung ins Gegenteil verkehrt wird. Nun ist Rudel angeblich plötzlich extrem höhenfest! Was an seiner Versetzung nach Wien jedoch nichts ändert. Als der Frankreichfeldzug beginnt, bildet Rudel junge Rekruten aus – in Crailsheim, wohin die Einheit inzwischen verlegt wurde. Und er ist wieder nicht dabei.
Endlich – nach ungezählten Briefen und Telefonaten – erbarmen sich die militärischen Behörden. Rudel wird zu seiner alten Stuka-Einheit zurückversetzt. Die liegt in Caën im inzwischen von den deutschen Truppen überrannten Frankreich – und hat ihre Einsätze über dem Kanal nun fast hinter sich. Die Junkers Sturzkampfbomber hatten gegen die britischen Hurricane- und Spitfire-Jäger Federn lassen müssen. Man hatte sie nun aus dem Einsatz über England zurückgezogen! Rudels Einsatzwillen wird erneut ausgebremst. Vielleicht rettet ihm dies das Leben. Denn Rudels Flugfähigkeiten auf dem Stuka sind noch nicht soweit.
Ein ehemaliger Staffelkamerad erbarmt sich des Milchbubis – und übt mit ihm. Der Milchbubi gibt sich alle Mühe – doch so schnell ist die Einsatzerfahrung der übrigen Piloten nicht nachzuholen. Sein Lehrer ist unzufrieden. Auch seine Kameraden sind nicht gerade überschwänglich – einem Milchtrinker gegenüber! Milch in Frankreich! Hier trinkt man gefälligst Calvados! Als die Einheit in den Balkan versetzt wird, um den deutschen Einmarsch in Jugoslawien und Griechenland zu unterstützen, nimmt sie Rudel nicht mit. Der soll erst mal noch weiterlernen – in der Ergänzungsstaffel in Graz. Es ist zum Mäusemelken ...
Und doch - dort in der Etappe in Graz fällt der Groschen. Gründlich sogar. Endlich. Rudels Lehrer sind zutiefst erstaunt. Aus dem seit 1. September 1940 zum Oberleutnant beförderten Spätzünder ist unerwartet ein wahrer Künstler geworden! Rudel beherrscht sein Flugzeug, lässt sich in keiner Flugfigur beim Hinterherfliegen mehr abhängen, trifft mit den Übungsbomben kaum je außerhalb des Zehnmeterzielkreises und holt beim Übungsschießen in der Luft von 100 möglichen Treffern 90. Er hat es geschafft.
Von nun an gehört Hans-Ulrich Rudel dazu. Davon ist er überzeugt.
Im April 1941 kommt der lang ersehnte Versetzungsbefehl an die Front. Rudel fliegt eine Ersatzmaschine nach Griechenland zur I. Gruppe des Stukageschwaders 2 „Immelmann“ auf dem Peloponnes. Dort angekommen steht er unverhofft dem Gruppenadjutanten gegenüber. Der Begrüßungssatz des Adjutanten trifft Rudel wie ein Keulenschlag.
„Was wollen Sie denn hier ...?!“ Der Adjutant ist sein ehemaliger Lehrer aus Caën!
„Zum Einsatz kommen!“
„Um zum Einsatz zu kommen, müssen Sie aber erst das Stukafliegen ganz beherrschen!“ kommt es trocken zur Antwort. „Haben Sie schon so viel dazugelernt?“
Rudel verschlägt es die Sprache. Ein eisiges Schweigen erfüllt den Raum. Bis Rudel schließlich antwortet. „Ich beherrsche meine Maschine ganz und gar!“
Die Antwort kommt von oben herab, ätzend: „Ich werde Ihren Fall dem Kommandeur vorlegen!“
Rudel glaubt an das Gute im Menschen. Besonders an das Gute in einem Menschen: seinem Kommandeur! Dieser wird sich doch nicht einfach so beeinflussen lassen ...?
Er wird! Rudel erhält Flugverbot – ohne eine einzige Chance, zeigen zu dürfen, was er gelernt hat.
Die deutsche Wehrmacht greift das von griechischen und englischen Truppen besetzte Kreta an. Die See gehört den Briten. Die Luft den Deutschen. Auch den Stukas. Zum ersten Male wird eine Insel alleine durch den entschlossenen Einsatz von Fallschirmjägern eingenommen, unter blutigen Verlusten beider Seiten. Und zum ersten Mal wird eine Seeherrschaft alleine aus der Luft gebrochen. Durch deutsche Sturzkampfbomber. Sie fliegen, kämpfen, versenken und siegen – ohne Hans-Ulrich Rudel.
Der sitzt in seinem Zelt und schwört sich und seinem Schicksal, dass er es denen noch zeigen wird. Er wird es ihnen beweisen, dass sie Unrecht haben. So schwer es fällt, jetzt zu gehorchen: denen wird er`s schon noch vormachen, so wahr ihm Gott helfe! Er wird es noch beweisen! Er wird!
1. Juni 1941, Kreta ist erobert. Und Hans-Ulrich Rudel fliegt wenig später eine reparaturbedürftige Maschine nach Cottbus in Deutschland. Dort soll er neue Befehle abwarten.
Doch als am 22. Juni 1941 um 04.00 Uhr morgens im Radio zu hören ist, dass die deutsche Wehrmacht in Russland einmarschiert, ist für Rudel das Maß des Wartens voll. Er sucht sich eine reparierte Maschine, die zu seinem „Immelmann“-Geschwader überstellt werden soll. Und dann überstellt er – ohne zu warten. Nach einigen Irrflügen erfährt er, wo sich die I. Gruppe des Geschwaders befindet. Er landet in Razci und meldet sich zum Dienst. Man hat wenig Zeit für ihn – mitten im Einsatz. So, Rudel, aha. Das schwarze Schaf ist wieder da. Gut, da gibt es noch eines, ein Oberleutnant, Kapitän der 1. Staffel. „Melden Sie sich dort!“
Der Oberleutnant sieht den neuen Mann mit Sympathie. Aha, ein Ausgestoßener. So, wie er selber. Das kann ja wohl nur ein Pfundskerl sein, wenn die beim Stab ihn nicht leiden können!
Und Rudel kommt zum Einsatz – endlich! Er hängt wie eine Klette an der Führungsmaschine des Oberleutnants. Und das gekonnt. Die Staffel startet unermüdlich. Von 03.00 Uhr morgens bis 22.00 Uhr nachts. Und Rudel kämpft. Enorme Massen an russischen Panzern und Nachschubkolonnen werden unter den gezielten Schlägen der deutschen Sturzkampfbomber zerschlagen. Rudel kommt ins Nachdenken. Sie überfliegen halbfertige Flugplätze und Befestigungsanlagen – immer wieder neue. Gegen wen rüstet der Russe wohl derartig intensiv und offensiv auf? Es scheint Rudel, als wäre man dem Iwan gerade noch rechtzeitig zuvorgekommen!
Abschuss eines Ju 52-Transportflugzeuges über dem hart umkämpften Kreta. Die Männer an Bord versuchen verzweifelt, noch rechtzeitig herauszukommen. Britische Maschinengewehre am Boden warten auf sie. Viele werden noch am Fallschirm getötet.
Auch der neue Staffelkapitän, ein Hauptmann Steen, versteht sich gut mit Rudel. Rudel folgt ihm wie ein Schatten, auch im Sturzflug. Eine zunächst bedrohliche Nähe, bis Steen erkennt, wie souverän Rudel immer denselben Abstand einhält. Sie werden ein Team – wenn Steen das Ziel nicht trifft, dann Rudel hinter ihm ganz sicher. Steen ist anerkennend überrascht – hatte man ihn doch vor der Flasche Rudel beim Stab gewarnt. Mitleidig kommt von dort die Frage, ob es denn „mit Rudel noch ginge?“.
„Er ist mein bester Mann in der Staffel“ – gibt Steen mit Inbrunst zurück!
Der Gruppenstab fragt kein weiteres Mal mehr!
Rudel ist rehabilitiert. Und lernt Tag für Tag dazu. Hauptmann Steen ist ein gutes Vorbild, und Rudels Kampfeswillen holt aus seinem Flugzeug das Letzte heraus. Rudel stürzt bis an die Untergrenze der für das Abfangmanöver gerade noch vertretbaren Höhe – und trifft aus nächster Nähe mit tödlicher Präzision. Allmählich macht Steen sich Sorgen um den „verrückten Kerl“. Ob das auf die Dauer gut gehen kann?
Bei einem der pausenlosen Angriffe wird die Ju 87 eines Staffelkameraden erwischt. Abwehrfeuer vom Boden aus zwingt die Besatzung zur Notlandung auf einer offenen Fläche, die von drei Seiten von Büschen umgeben ist – und von Russen. Die deutsche Zwei-Mann-Besatzung nimmt Deckung hinter ihrem Flugzeugwrack – eingedeckt von sowjetischen Maschinengewehrsalven. Rudel überlegt nicht lange und setzt zur Landung an. Irgendeiner muss die Kameraden heraushauen! Doch ein böse klingender Knall im Motor von Rudels Stuka lässt die Rettungsaktion scheitern. Ein Treffer im Motor – da kommen sie beide nicht mehr weg, einen Start macht die Maschine nicht mehr mit. Schweren Herzens bricht Rudel die Landung ab. Der Motor stottert und knallt, doch er kommt wieder. Öl spritzt auf die Kabinenscheiben. Jeden Moment werden sich die Kolben festfressen. Da – Gott sei Dank – beginnen die deutschen Linien. Rudel bringt seinen Vogel heil auf die Erde runter und wird mit einem Heeresfahrzeug zum Flugplatz gebracht. Doch die winkenden Hände seiner beiden Kameraden gehen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Die Stukas sind bei den Russen verhasst, inbrünstig aus voller Seele. Rudel kann sich vorstellen, was die Russen mit seinen Kameraden inzwischen gemacht haben.
Der Vormarsch geht weiter – unterstützt von der deutschen Luftwaffe, die in pausenlosen Einsätzen unglaubliche Massen von Panzern und anderen sowjetischen Militärfahrzeugen zerstört. Die Autobahn von Smolensk nach Moskau ist von rauchenden Trümmern geradezu übersät, teilweise in mehreren Reihen nebeneinander. Gleichzeitig schießen die deutschen Jäger Tausende von russischen Flugzeugen vom Himmel. Bis zum September 1941 sind es 7.500 vernichtete sowjetische Maschinen – und dies nach eigenen, sowjetischen Quellen! Die diesbezüglich sicher nicht zur Übertreibung neigen! Doch auch die deutsche Luftwaffe kommt nicht ungeschoren davon. Der Aderlass ist nicht zu übersehen – außer von der deutschen Luftwaffen-Führung selbst, an deren Spitze Reichsmarschall Göring steht. Er ist berauscht und geblendet von den gigantischen Siegen „seiner“ Luftwaffe. Dass diese ihren Preis haben, sieht er nicht. Ende 1941 ist die Länge der Front im Osten auf 3.200 Kilometer angewachsen. Von den 2.598 Flugzeugen Gesamtstärke bei Angriffsbeginn (davon 1.280 an der Front gegen die Sowjetunion) hat die Luftwaffe nur noch etwa 1.770 Flugzeuge zur Verfügung, also runde 800 weniger. Bis zum 6. Dezember hatte die Luftwaffe 2.093 Maschinen an der Ostfront verloren (568 Jäger, 758 Bomber, 170 Stukas, 330 Aufklärer, 267 andere). Statistisch kommt nur noch ein deutsches Flugzeug auf 800 Meter Ostfrontlänge. In Polen und Frankreich waren es fünf bis sieben Maschinen pro 800 Meter gewesen. Die Zeit der „Feuerwehreinsätze“ zeichnet sich düster am Horizont ab.
Junkers Ju 52-Transporter. Ohne diese robuste, selbst mit einem Motor noch flugfähige Maschine wären die logistischen Probleme oft unlösbar. Allerdings ist die behäbige, mit nur einem Abwehr-MG auf dem Rumpfrücken bewaffnete Ju 52 gegen Jäger extrem verwundbar.
Rudels Einheit liegt nun in Rehilbitzy etwa 150 Kilometer westlich des Ilmensees. Es ist inzwischen die III. Gruppe, zu welcher Rudel als Technischer Offizier versetzt wurde. Wenig später erhält die Gruppe einen neuen Gruppenkommandeur. Es ist – Hauptmann Steen. Sie fliegen ununterbrochen. Doch nun schlägt der Gegner zurück. Noch unbeholfen, wie ein Angriff russischer Tiefflieger auf den deutschen Flugplatz zeigt, der wirkungsvoll von den deutschen Flak-Kanonieren abgewehrt werden kann. Die Gegner fliegen jetzt ein Flugzeug, welches einmal als einziges Erdkampfflugzeug mit der deutschen Junkers Ju 87 um den Titel „erfolgreichstes Schlachtflugzeug des Zweiten Weltkrieges“ konkurrieren wird – die Iljuschin Il-2 “Stormovik“. Die – noch einsitzigen – sowjetischen Kampfflugzeuge sind zu schlecht geflogen und geführt, um eine große Gefahr zu sein. Doch dies sollte sich ändern.
Seit dem 18. Juli 1941 trägt Rudel das Eiserne Kreuz I. Klasse. Es ist September 1941 geworden und die deutschen Truppen nähern sich Leningrad, dessen Nordflanke von den verbündeten Finnen bedroht wird. Die russischen Truppen geraten in eine immer verzweifeltere Lage. Doch sie haben einen Trumpf – die Geschütze der sowjetischen Kriegsflotte. Die Schlachtschiffe „Oktoberrevolution“ und „Marat“ liegen in Kronstadt, dem Kriegshafen von Leningrad, zusammen mit vier bis fünf Kreuzern und mehreren Zerstörern. Die Schiffe laufen immer wieder aus und feuern aus Ufernähe auf die vorrückenden deutschen Truppen. Die Wirkung der schweren und präzise auf ihre Ziele gerichteten Schiffsgeschütze ist verheerend. Der deutsche Vormarsch wird beträchtlich behindert. Die gefährlichen Schiffe müssen ausgeschaltet werden, koste es, was es wolle.
Herkömmliche 500-kg-Aufschlagszünder-Bomben werden das nicht vermögen – sie detonieren auf dem Schiffsdeck, zerstören die Aufbauten, können die schwere Panzerung eines Schlachtschiffes aber in der Regel nicht durchdringen. Die deutschen Sturzkampfbomber werden daher mit Spezialbomben ausgerüstet. 1.000 kg schwer durchschlagen sie jedes Deck – und detonieren mit Verzögerungszünder erst im Schiffsinneren. Gegen solche Bomben ist auch ein Schlachtschiff machtlos – vorausgesetzt, seine vielen Fugabwehrgeschütze verhindern nicht, dass gegnerische Flugzeuge überhaupt nahe genug an es herankommen, um zu treffen ...
Am 16. September 1941 kommt der Befehl zum Angriff. Das Ziel ist das Schlachtschiff „Marat“, welches wieder einmal deutsche Truppen unter Feuer nimmt. Das Wetter ist denkbar schlecht, die Wolkengrenze liegt 2.000 m tief. Zudem sind die 1.000-kg-Bomben noch nicht eingetroffen. So fliegt die Gruppe mit den üblichen 500-kg-Aufschlagszünder-Bomben – und sucht bei miserabler Sicht die Stecknadel im Heuhaufen. Durch ein Wolkenloch erkennt Rudel endlich das gesuchte Schiff – und meldet es sofort per Funk an Hauptmann Steen. Der überlegt nicht lange. Als er den Angriffsbefehl gibt, rast er bereits in steilem Sturzflug auf das Schiff zu, unmittelbar gefolgt von Rudel. Der Rest kommt hinterher. Die „Marat“ wird immer größer. Steen wirft – knapp daneben. Dann löst Rudel aus – und trifft das Schlachtschiff voll am Heck. Sofort zieht Rudel hoch und entzieht sich dem wütenden Geschosshagel in die Wolken. Denn die Flak-Besatzungen des Schiffes sind nun aufgewacht. Die folgenden Stukas bekommen es zu spüren!
Die „Marat“ ist beschädigt – versenkt ist sie nicht. Dafür ein Kreuzer, den Rudel in einem weiteren Einsatzflug von der Wasseroberfläche bombt. Die „Marat“ finden Aufklärer im Hafen von Kronstadt. Ausgerechnet dort! Die Flugabwehr dort ist mörderisch – auf zehn Quadratkilometer stehen 1.000 Flak-Geschütze. Das Stahlgewitter dieser Abwehrfront bildet eine geschlossene Sprengwolkendecke, so dicht liegen die Explosionen nebeneinander. In Kronstadt liegt die gesamte russische Ostseeflotte versammelt. Die Stukas fliegen Angriff auf Angriff – bei inzwischen schönstem Wetter und somit für die Geschützbedienungen als perfekt erkennbares Luft-Ziel. Diese Einsätze gehören zu den schwersten des Krieges.
Am 21. September 1941 werden die 1.000-kg-Bomben geliefert. Am 23. September 1941 starten die Stukas von Tyrkowo aus, erneut bei strahlend blauem Himmel. Über der Küste werden sie von feindlichen Jägern angegriffen, danach empfängt sie die Flak-Barriere. Und doch – Rudel ist entschlossen wie nie. Die Kilometer bis zur Marat dauern eine Ewigkeit. Dann liegt das Schiff unter den markant geformten deutschen Bombern. Hauptmann Steen kippt seinen Stuka ab. Rudel folgt. Mit heulenden Sirenen jagen die Maschinen in die Tiefe – mitten hinein in die Leuchtspurgeschosse und Explosionen der Selbstzünder-Sprenggranaten der Flak-Geschütze. Rudel sieht, dass sich Steens Maschine von ihm entfernt. Sie ist schneller als er! Hat der Hauptmann die Sturzflugbremsen eingezogen, um schneller durch das Abwehrfeuer hindurchzustürzen? Rudel macht dasselbe – und rammt um ein Haar Steens Stuka, den er nun unverhofft überholt. Rudel stürzt fast vertikal auf das Schlachtschiff, fliegt direkt ins Mündungsfeuer. Er kann die Matrosen sehen, die über das Deck rennen. In nicht einmal 300 Meter Höhe löst er endlich aus. Dann fängt er den Sturzkampfbomber ab – mit aller Kraft am Steuerknüppel zerrend. Es wird ihm schwarz vor den Augen. Als er wieder zu sich kommt, fliegt sein Flugzeug wenige Meter über der Wasseroberfläche – und die Stimme seines Heckschützen Scharnovski schnarrt aus der Bordsprechanlage: „Herr Oberleutnant – das Schiff explodiert!“
Fast wäre die siegreiche Ju 87 auf dem Rückflug noch von einer sowjetischen I-16 „Rata“ abgefangen worden, doch eine deutsche Me 109 schießt Rudel den russischen Jäger vom Heck. Die Glückwünsche überschlagen sich – bereits per Funk in der Luft.
Doch am meisten freut Rudel das Lob eines Mannes: „Ausspreche Anerkennung!“. Es ist die Stimme des Geschwaderkommodore!
Auch der Gruppenkommandeur, Hauptmann Steen, gratuliert. Wenig später startet Steen erneut mit der Gruppe – zum Angriff auf den Kreuzer „Kirov“. Da seine Maschine bei der Landung beschädigt wurde, borgt sich Steen Rudels Ju 87 – und der Einfachheit halber gleich auch seinen Heckschützen, Feldwebel Scharnovski. In etwa 1.500 Meter über der „Kirov“ trifft ein Flak-Volltreffer den Sturzkampfbomber des Hauptmanns. Steen und Scharnovski stürzen mitsamt ihrem Flugzeug neben der Bordwand der „Kirov“ mit voller Wucht in die See und verschwinden inmitten der Explosion ihrer Bombe, die die „Kirov“ schwer beschädigt.
Hauptmann Steen und Rudels treuer Heckschütze Scharnovski sind tot.
Der Krieg geht weiter, und Rudels Einheit wird an den Mittelabschnitt der Front verlegt. Die demoralisierten, enorm dezimierten und vielfach geschlagenen Truppen des sowjetischen Gegners erhalten plötzlich einen mächtigen Verbündeten: den russischen Schlamm. Selbst Kettenfahrzeuge versinken im Morast, es geht kaum noch etwas.
Die breiten Ketten der neuen russischen T-34-Panzer meistern den wie Schmierseife klebenden braunen Matsch erheblich besser als die schmalen Ketten der deutschen Panzer III und IV.
Als der Schlamm erstarrt, weil der Winter einkehrt, verlieren die Russen diesen Verbündeten – und ersetzen ihn durch einen noch mächtigeren: die extreme Kälte. Bei 40 Grad unter 0 °C erfrieren nicht nur viele der völlig unzureichend gekleideten deutschen Soldaten in ihren Sommeruniformen, es friert auch das normale Waffenöl. Kaum ein Maschinengewehr funktioniert ohne Ladehemmung, und kaum ein Motor springt ohne viel gutes (und warmes) Zureden noch an. Es sei denn, es ist eine russische Waffe oder Maschine. Denn die Russen haben spezielle Hilfsmittel – die funktionieren auch bei diesen Extremtemperaturen. Und spezielle Truppen aus Sibirien, bestens gerüstet für einen Winterkrieg. Die werden nun per Bahn herangeführt, nachdem der sowjetische Spion Dr. Richard Sorge herausgefunden hat, dass Deutschlands Verbündete – die Japaner – keinen Unterstützungs-Angriff auf Russland planen. Die deutschen Truppen stehen bereits wenige Kilometer vor Moskau – weiter kommen sie nicht. Nur noch acht Kilometer – doch Genosse Winter ist zu mächtig. Und die Sowjets treten mit den sibirischen Verbänden zur Gegenoffensive an.
„Genosse Schlamm“.
Der Kampf ums Überleben geht um jedes einigermaßen feste Quartier. Die Möglichkeit, sich irgendwo aufzuwärmen, ist eine Frage der schieren Existenz. Man findet Männer, die an ihre Pferde gelehnt Rast machen. Es ist eine Rast für die Ewigkeit.
Pferde und Soldaten sind stehend zu Eisstatuen erstarrt. Die Rast hatte zu lange gedauert.
Zum ersten Mal hören die Deutschen den Befehl „Halten um jeden Preis“. Und noch ist dieser Befehl vernünftig – er wird weitgehend erfolgreich ausgeführt. Ein Rückzug jetzt wäre fatal! Die Front hält – in Form eines Netzes einzelner Stützpunkte, die dem roten Ansturm erbittert trotzen. Doch der Preis ist hoch – für beide Seiten.
Am 6. Januar 1942 wird Rudel im Namen des Führers das Ritterkreuz verliehen. Wenig später müssen die Mechaniker der Gruppe mit dem Karabiner und Handgranaten den Flugplatz verteidigen, der mehrere Tage und Nächte lang von durchgebrochenen sowjetischen Kavallerieeinheiten und Skibataillonen bedroht wird. Die Stukas starten, sie schießen und bomben aus der Luft die russischen Einheiten zusammen. Schließlich wird die prekäre Lage von deutschen Panzern geklärt.
Sibirische Eliteeinheiten greifen mit Unterstützung der modernen T-34/76-Panzer bestens gerüstet in Winterkleidung deutsche Truppen an, die erschöpft in Sommeruniformen der extremen Kälte fast ausgeliefert sind.
Frontverlauf am 5. Dezember 1941:
Hinweis (!): das Symbol mit dem blauen Hakenkreuz entspricht dem damaligen finnischen Hoheitskennzeichen!
– = Frontlinie 5.12.1941
Abgeschossener sowjetischer T-34-Panzer.
Grabenkrieg im russischen Winter.
Junkers Ju 87 D „Stuka“ im russischen Winter. Gut zu sehen ist der Umlenkbügel, der die schwere Rumpfbombe beim Sturz unter den Drehkreisradius der drei Propellerblätter hindurchführt.
Rudel ist nicht gerade glücklich, als er seinen Versetzungsbefehl erhält. Seine Erfahrung ist wertvoll geworden, der Ritterkreuzträger soll junge Nachwuchsbesatzungen ausbilden – in Graz. Wer hätte das gedacht, unter welch` veränderten Vorzeichen er diesen Ort nun wieder sehen sollte?
Rudel bildet aus. Er legt viel Wert auf Sport, jeden Morgen werden erst einmal zehn Kilometer gelaufen. Inzwischen ist die Ju 87 B durch die Ju 87 D ersetzt worden. Die Maschine ist nun stromlinienförmiger, besser gepanzert, 20 km/h schneller (410 km/h) und in der Lage, fast die doppelte Bombenlast zu schleppen (1.800 statt 1.000 kg). Ferner ist das einzelne Abwehr-MG durch ein 7,62-mm-Zwillings-MG 81 ersetzt worden, was die Feuerkraft des Heckschützen verdoppelt.
Rudels Männer lernen viel. Doch Rudel will an die Front. Der ist er deutlich näher, als die Ausbildungseinheit in die Nähe von Simferopol auf die inzwischen eroberte Halbinsel Krim verlegt wird. Von dort geht es über Kertsch nach Beloretschenskaja bei Majkop. Und zum Einsatz. Es ist längst wieder Sommer, der Boden trocken, die deutschen Verbände sind wieder auf dem Vormarsch. Die Panzerspitzen der Wehrmacht kämpfen sich in Richtung auf den Kaukasus vor – und die heiß begehrten Ölquellen am Kaspischen Meer. Die sowjetischen Armeen leisten verbissenen Widerstand – doch sie klammern sich nicht wie noch im Jahr 1941 an jeden Meter Boden. In gigantischen Kesselschlachten hatten die sowjetischen Truppen Hunderttausende an Soldaten verloren, alleine in der Schlacht um Kiew 665.212 Gefangene. Weitere über 650.000 Rotarmisten waren in der Doppelschlacht bei Wjasma und Brijansk gefangen genommen worden. Die unzähligen Toten der mit vorgehaltener Waffe wie Schlachtvieh gegen die deutschen Linien ins MG-Feuer getriebenen sowjetischen Soldaten nicht mitgezählt. Der Defätismus der Rotarmisten geht soweit, dass sie die Namenszettel in Holzhülsen, welche in der Roten Armee statt der in der Wehrmacht üblichen Erkennungsmarken getragen werden, als Zigarettenpapier verwenden.
Während die Gesamtverluste der deutschen Truppen am zweiten Jahrestag des Krieges gegen alle bisherigen Gegner insgesamt laut einer Aufstellung General Jodls 418.805 Mann betrugen, waren die russischen Verluste bis Ende 1941 in die Millionen gegangen. Doch nun reagieren die russischen Kommandeure flexibler, während sich die deutsche Front bedenklich überdehnt. Gefährlich dünn besetzte Frontabschnitte sind die Folge. Statt erprobte deutsche Truppen sicherheitshalber zwischen die Armeen der Verbündeten zu postieren, müssen nun ganze Räume den Soldaten anderer Achsenmächte zugeteilt und überlassen werden. Deren Kampfwert wird sich nun bewähren müssen!
Deutscher Panzer III in der südrussischen Steppe.
Und Rudel fliegt. Obwohl er eigentlich nicht sollte. Am 10. Oktober 1942 startet er zu seinem 650. Feindflug, im November 1942 liegt er im Krankenhaus in Rostow. Mit Gelbsucht. Es ist der Zeitpunkt, in welchem die 6. deutsche Armee in gnadenlos erbitterten Straßenkämpfen Mann gegen Mann von Haus zu Haus die Ruinen einer Stadt erobert, die den Namen des sowjetischen Diktators Stalin trägt.
Nach acht Tagen Lazarett soll Rudel in die Heimat entlassen werden – zur Weiterbehandlung. Doch das kommt für ihn nicht infrage. Er will zu seiner Einheit zurück. Der behandelnde Arzt protestiert. Er lehne die Verantwortung ab und schreibe das in seine Krankenpapiere! Rudel ist es recht. Die Papiere kommen ihm gerade passend, als er auf dem Flugplatz in Rostow ein menschliches Bedürfnis hat. So landet er mit einer reparierten Maschine in Karpowka bei seinem Geschwader ohne Papiere. Die würden per Kurier nachgebracht, lügt er, als man sie sehen will. Und somit fliegt Hans-Ulrich Rudel wieder Einsätze. Sein Flughafen liegt 15 Kilometer westlich einer hart umkämpften Stadt an der Wolga.
Zwei Drittel von Stalingrad sind nach hartem Kampf von deutschen Truppen besetzt. Das restliche Drittel wird mit einem Fanatismus von den Sowjets verteidigt, der zum Fanal dieses Krieges werden wird. Wo dies nicht freiwillig der Fall ist, helfen die russischen Kommissare nach – mit gezielten Schüssen auf Zögernde. Viele Gegenangriffe der Russen überleben gerade mal 10 % der zum Einsatz befohlenen Rotarmisten – und sie werden immer wieder erneut nach vorne gejagt, bis sie tot sind. Scharfschützen nehmen sich gezielt die deutschen Offiziere vor – wenn möglich. Die Deutschen ihrerseits setzen ebenfalls Scharfschützen ein. Der 6. deutschen Armee, 4. deutschen Panzerarmee sowie diversen rumänischen, italienischen und kroatischen Divisionen stehen an der Gesamtfront drei russische Armeen (62./63./64. Armee) gegenüber, später ergänzt durch eine vierte (die 21. Armee). Nach Sollstärke sind dies etwa 1.000.500 sowjetische Soldaten, denen 13.541 Geschütze, 894 Panzer und 1.115 Flugzeuge zur Verfügung stehen. Zahlenmäßig herrscht an Soldaten und Flugzeugen anfangs fast Gleichstand, während die Zahl der Panzer (675) und Geschütze (ca. 10.000 incl. Granatwerfer) auf Seiten der Achsenmächte geringer ist. Doch das ist nicht das entscheidende Problem. Ein beträchtlicher Teil der Achsentruppen sind Verbündete – Rumänen, Ungarn, Italiener – oft sehr schlecht ausgerüstet. Viele Italiener leiden unter der Kälte und fragen sich, was sie hier sollen. Die Deutschen dagegen erobern unter hohen Verlusten, doch verbissen, zäh und hartnäckig schließlich 90 % des Stadtgebietes. Das Ufer zur Wolga hin fällt steil ab, es ist von der deutschen Artillerie nicht erreichbar. Aber von den Bomben der Stukas. Diese tun ihr Möglichstes, um den russischen Nachschub über die Wolga zu unterbinden. Nachts können sie es nicht verhindern.
Kampf in den Ruinen um jede Fabrikhalle.
Deutsche 7,5-cm-Panzerabwehrkanone (PaK) im Straßenkampf Stalingrads. Das niedrige Schutzschild bietet wenig Zielfläche für gegnerische Granaten, doch gleichermaßen wenig Schutz.
Sowjetische Soldaten im Häuserkampf. Dem deutschen Stahlhelm nach zu urteilen, der am linken Grabenrand zu erkennen ist, hat die Stellung erst kurz zuvor gewaltsam den „Besitzer“ gewechselt.
Die sowjetischen Luftstreitkräfte kämpfen inzwischen mit wesentlich moderneren Jägern als noch zu Beginn des Feldzuges. Zum Glück für die schwerfälligen und kaum mit Abwehrständen ausgerüsteten deutschen Ju 52-Transportflugzeuge verhindert das schlechte Wetter oftmals den zudem anfangs häufig auf Verteidigungsaufgaben beschränkten Einsatz der sowjetischen Jäger. Dennoch fügt die russische Luftabwehr den deutschen Verbänden mit Hilfe von Flugabwehrgeschützen und von Jägern schwere Verluste zu, vor allem in der Endphase des Ringens. Die I-16 „Rata“ ist nun weitgehend den MiG-3-und LaGG-3-Jagdflugzeugen gewichen, welche immer noch den deutschen Me 109 G-2 und Focke-Wulf 190 A-3/A-4 unterlegen sind. Doch die neuen La-5 und Yak-1/Yak-7b muss man ernst nehmen.
Auch ihre Piloten. Beziehungsweise Pilotinnen. Eine Einheit, das 586. IAP, besteht nur aus Frauen. Auch in anderen Jägereinheiten fliegen Frauen mit. Die wohl bekannteste fliegt Ende Januar 1943 eine Yak-1 des 296. IAP – noch mit der gelben Nummer 44 . Es ist Lidiya Vladimirovna Litvyak.
Zu diesem Zeitpunkt neigt sich die Tragödie der 6. deutschen Armee bereits dem fürchterlichen Ende entgegen. Stalingrad ist eingeschlossen. Man hatte es sorgenvoll kommen sehen im deutschen Oberkommando, doch einfach keine Mittel zur Verfügung gehabt, es zu verhindern.
Die Russen hatten die Schwachstellen der Front genutzt und konzentriert nördlich und südlich von Stalingrad angegriffen – dort, wo die deutsche Frontlinie von rumänischen Truppen gehalten wurde. Der Kampfeswille dieser deutschen Verbündeten aus Südosteuropa ist uneinheitlich, überwiegend jedoch durchaus anerkennenswert und ernsthaft, doch die Ausrüstung der Rumänen ist denkbar schlecht. Mit den veralteten 3,7-cm-Panzerabwehrgeschützen kann man einen russischen T-34-Panzer nur aus nächster Nähe knacken – mit eisernen Nerven und dem Glück, lange genug zu überleben.
Am 19. November 1942 um 04.00 Uhr morgens hatten die Russen im Norden Stalingrads losgeschlagen und das II. sowie IV. rumänische Korps der 3. rumänischen Armee in die Flucht getrieben. 3.500 Geschütze – 70 Rohre pro Angriffskilometer – hatten die Rumänen sturmreif geschossen. Nur ein Truppenteil unter General Lascar hielt sich mit dem Rücken zum Don tapfer und erbittert. Am 20. November 1942 war der Angriff im Süden erfolgt. Das IV. deutsche Armeekorps hatte dem Stoß standgehalten, doch die 4. rumänische Armee war unter den sowjetischen Artillerie- und Raketenwerfer-Schlägen und dem folgenden Sturmangriff der Panzer zusammengebrochen. Die deutschen Bomber konnten nicht helfen, das Wetter war für die Behelfspisten einfach zu schlecht gewesen.
Cockpit einer Focke-Wulf 190 A-4.
Dagegen hatten die sowjetischen Flugzeuge von ihren gut ausgebauten festen Flugplätzen starten und massiv in die Kämpfe eingreifen können. Bei Kalatsch hatten sich beide Stoßarmeen am 23. November vereinigt und die 6. deutsche Armee eingeschlossen, 250.000 Mann.
Focke-Wulf 190 A-4 des JG 51 mit ausgebauten äußeren Tragflächenkanonen, was im Feld oft vorkommt und bei Jagdbomberstaffeln generell die Regel ist.
Mikoyan-Gurevich MiG-3-Jagdflugzeug der sowjetischen Luftstreitkräfte.
Bis zum letzten Mann ...
Ein deutscher Offizier in den Ruinen der Stadt Stalins, in seinen Händen eine russische Beutewaffe. Die PPSh-41 ist eine robuste und ausgesprochen zuverlässige Maschinenpistole. Passende Munition findet sich in erstürmten sowjetischen Stellungen genügend ...!
Das deutsche Gegenstück, die Maschinenpistole MP-38 und ab dem Jahr 1940 ihr Nachfolger, die MP-40, ist ebenso eine hervorragende Waffe. Ihre Konstruktion ist wegweisend für viele spätere Konkurrenzprodukte. Im Gegensatz zur sowjetischen PPSh-41, die ein 71-Patronen-Trommelmagazin besitzt, fasst das Stabmagazin der deutschen MP-40 aber nur 30 Schuss.
Ein deutscher Entsatzangriff unter Generalfeldmarschall von Manstein bzw. Generaloberst Hoth am 12. Dezember 1942 von Kotelnikowo aus war zwar immerhin bis auf 48 Kilometer an die 6. Armee herangekommen. Doch Hitler hatte deren Ausbruch – militärisch das Einzige, was sie jetzt noch hätte retten können – strikt verboten. „Er behandelt uns wie Unteroffiziere!“ beklagte sich Manstein, Befehlshaber der als Organisationseinheit neuen „Heeresgruppe Don“, telefonisch beim Kommandeur der 6. Armee, General Paulus, über Hitler. Zäh hatten sich die deutschen Soldaten weiter durch den Einschließungsring gekämpft, um ihre Kameraden zu befreien, unermüdlich unterstützt von den Stuka-Einheiten. Doch weiter im Nordwesten hatte die italienische 8. Armee die Aufgabe gehabt, die Front zu halten. Sie war ihr in keiner Weise gewachsen. Ein erneuter Angriff der Sowjets genau dort an der schwächsten Stelle der Front hatte die italienischen Verbündeten unter General Gariboldi nach kurzer Zeit in ungeordneter Flucht vor sich hergetrieben – bisweilen ohne Waffen ...
Flammenwerfer – eine der grausamsten Waffen beider Seiten. Hier versucht ein Soldat der Roten Armee die deutschen Widersacher „auszuräuchern“. Doch wehe ihm, er wird selbst in den auf dem Rücken getragenen Behälter getroffen! In Sekunden ist er in Flammen gehüllt.
Dies besiegelt das Schicksal der in Stalingrad umzingelten Männer. Manstein hatte den Entsatzangriff abbrechen und den russischen Einbruch im Bereich der Italiener abriegeln müssen – sonst wäre den Russen bis Rostow am Asowschen/Schwarzen Meer nichts mehr im Wege gestanden. Eine mögliche Katastrophe gigantischen Ausmaßes, denn dann wären die gesamten am Kaukasus kämpfenden deutschen Einheiten abgeschnitten gewesen, 15 Divisionen, eine Million Mann ...
Ein erneuter sowjetischer Stoß gegen die 4. rumänische Armee im Süden verschärft die Lage weiter.
Die 6. Armee muss warten. Jetzt gibt es hierzu keine Alternative mehr. Doch das kann sie nicht.
Stalingrad wird aus der Luft beliefert – mehr schlecht, als recht, trotz prahlerisch inkompetenter Zusagen Reichsmarschall Hermann Görings von Anfang an absolut unzureichend, und dann, als die Flugplätze verloren gehen, schließlich gar nicht mehr. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, wären täglich 762 Tonnen zu transportieren – ein Minimum läge bei 305 Tonnen. Und dies, obwohl nur auf Pitomnik im Kessel Nachtlandungen denkbar sind. Im Winter sind die Tageslichtphasen kurz! Die Luftwaffe schafft an ihrem besten Tag (19. Dezember 1942) 254 Tonnen, im Durchschnitt erreicht sie 91 Tonnen, selbst das ist beachtlich! Die letzten Hilfsgüter wirft man noch mit dem Fallschirm ab.
Frontverlauf vom 19. November 1942 bis 2. Februar 1943.
Die Luftwaffe verliert bei dem verzweifelten Versorgungsversuch 488 Transportflugzeuge, darunter 266 Junkers Ju 52, 165 zweckentfremdete Heinkel He 111-Bomber, 42 Junkers Ju 86, neun viermotorige Focke-Wulf 200, fünf als Transporter verwendete Heinkel He 177-Bomber und eine Junkers Ju 90. Es ist der 31. Januar 1943. Das blutige Gemetzel in den Trümmern der Stadt ist vorbei. 150.000 deutsche Soldaten waren in Stalingrad verhungert oder gefallen, etwa 91.000 werden verwundet oder halbverhungert gefangen genommen. Nur 5.000 werden viele Jahre später aus der Gefangenschaft zurückkehren.
Die russischen Verluste in Stalingrad werden auf etwa eine Million Soldaten und Zivilisten geschätzt – fast die Anfangsstärke der russischen Verbände, deren Gefallene laufend „ersetzt“ worden waren.
Rudels Einheit war unmittelbar nach der Umklammerung der 6. Armee außerhalb des Kessels nach Oblivskaja ausgeflogen, etwa 170 Kilometer westlich von Stalingrad. Von dort aus hatte man getan, was man konnte. Es hatte nicht gereicht. Selbst hier war man nicht sicher gewesen, hatte russische Durchbrüche am Flugplatzrand selber abwehren müssen. Ein Platz in der Nähe war nicht erfolgreich gewesen. Dort lag eine Transportgruppe. Man fand die Leichen der am Weihnachtsabend überrollten Einheit später – grausam verstümmelt.
Nach dem Fall von Stalingrad werden die sowjetischen Befehlshaber übermütig. Man hatte es den Deutschen und sich selber bewiesen – die siegreiche Rote Armee will die Gunst der Stunde nutzen. Sie prescht vor – mit mobilen Panzereinheiten, nach dem Vorbild der verhassten Deutschen. Die Deutsche Wehrmacht wiederum zieht ihre Truppen aus dem Kaukasus zurück – 800 Kilometer von der „Heeresgruppe A“ mühsam erobertes Gebiet müssen aufgegeben werden. Nach wie vor ist der einzige Flaschenhals, welcher zu Lande eine Verbindung zwischen dem Gros der deutschen Wehrmacht und diesen Truppen ermöglicht, bedroht. Das Tor ist die Stadt Rostow, mit dem Rücken zum Asowschen Meer, vor sich die Sowjettruppen. Es gelingt, die Front zu stabilisieren, obwohl Truppen aus anderen Bereichen kaum abgezogen werden können, da die Sowjets auch im Mittelabschnitt der Front und bei Leningrad angreifen. Und im Süden preschen sie vor. Dieses Mal erwischt es die Ungarn. Die 2. ungarische Armee unter Generaloberst Jány behauptet sich bei Korotschak und Kalitwa immerhin vier Tage. Dann sind die Russen durch. Die umgangenen italienischen Alpini-Gebirgsjäger ziehen sich kämpfend zurück. Diese Elite-Einheit flieht nicht, sondern schlägt sich ausgesprochen tapfer.
Das tun auch die Deutschen. Verbissen und entschlossen. Trotzdem ist die Lage kritisch. Die sowjetischen Stoßarmeen sind nur noch 200 Kilometer vom Dnjepr entfernt. Die weite südrussisch-ukrainische Steppe erleichtert einen raschen Vorstoß. Hitler besucht die Front, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Am 17. Februar 1943 landet er in Saporoschje (Saporishshja) – normalerweise ein sicherer Ort. Doch die Russen stoßen vor. Plötzlich stehen sie nur noch 50 Kilometer entfernt. Generalfeldmarschall von Manstein und Hitler sind alleine durch die Wachkompanie des Hauptquartiers von den Sowjetpanzern getrennt. Angst steigt auf. Auch in Hitler, der sich sonst in jede Operation einmischt! Und dies zunehmend auf der Basis von Fehlinformationen, da nur noch wenige Offiziere wagen, ihm die Wahrheit zu sagen. Das ist heilsam. Danach hat von Manstein vorübergehend freiere Hand.
Er nutzt dies und organisiert vor Ort einen wohlgeplanten Gegenangriff. Mehr und mehr treffen kampferprobte Einheiten der Heeresgruppe A aus dem Kaukasus ein und geben Manstein nun Operationsmöglichkeiten zurück. Ohne, dass Hitlers Oberkommando in der so genannten Wolfsschanze zu viele Details kennt. Dass dort ein sowjetischer Spion diese Details weiterleiten würde, weiß Manstein allerdings nicht. So erfährt der sowjetische Geheimdienst nur, dass im Oberkommando der Wehrmacht Chaos herrscht – und Besorgnis. Also stoßen die Panzer vor. Und rollen in ihr Verderben.
Der deutsche Gegenangriff ist hart und präzise. Generaloberst Hoth führt ihn aus. Zehntausende Sowjets fallen, fast 900 Panzer und über 1.000 Geschütze werden vernichtet. Doch nur 9.000 Russen ergeben sich. Die anderen kämpfen – und sterben eher, als aufzugeben. Das ist neu nach Stalingrad.
Am 1. März 1943 ist die Gefahr abgewendet, und der deutsche Gegenangriff erreicht fast wieder die Ausgangsstellungen. Das bereits verloren gegangene Charkov (Charkiw) wird am 18. März 1943 von einem SS-Panzerkorps zurückerobert. Man stößt wieder vor bis zum Fluss Donez bei Woroschilowgrad (Luhansk). Im Süden verläuft die Front nach dem deutschen Vormarsch wieder am Fluss Mius östlich von Taganrog. Eines jedoch hatten die Kämpfe in der Steppe gezeigt: Oft war die Luftwaffe die einzige Rettung gegen die durchgebrochenen Panzer gewesen. Diese unglaublichen Panzermassen waren nun aber nicht mehr mit einzelnen Bomben zu bekämpfen. Ein Ju 87-Sturzkampfbomber trägt eine 500-kg-Bombe unter dem Rumpf und vier eher gegen ungepanzerte Ziele geeignete 50-kg-Bomben an den Tragflächen. Für allzu viele Panzer reicht das nicht, zumal die nur dann außer Gefecht gesetzt werden, wenn ein Nahtreffer oder Volltreffer den Panzer zerstört oder zumindest in Brand setzt.
Die immer zahlreicher und seit August 1942 als Zweisitzer mit Heckschütze auftauchenden sowjetischen Schlachtflugzeuge des Typs Il-2 „Stormovik“ zeigen, wie wirksam der Einsatz von Bordkanonen (noch mit 2,3-cm-Kaliber, ab Sommer 1943 auf 3,7 cm verstärkt) und den RS-82-Luft-Boden-Raketen auf gegnerische Fahrzeuge ist. Die Luftwaffe benötigt etwas Vergleichbares. Denn das Heer benötigt diese Unterstützung gegen die massenhaft angreifenden T-34-Panzer dringend.
Sowjetische Iljuschin Il-2M-3 “Stormovik“-Schlachtflugzeuge beim Start. Das schwer gepanzerte und sehr wirkungsvoll bewaffnete Tiefangriffkampfflugzeug wird zur Geisel der deutschen Landser.
Dieses Foto vermittelt einen Eindruck von der sowjetischen Produktionskapazität. Iljuschin Il-2M-3 auf einem Werksflugplatz hinter dem Ural vor der Übergabe an die Schlachtflieger-Regimenter der VVS.
Es gibt ein deutsches Flugzeug, das als direktes Gegenstück zur russischen Il-2 angesehen werden könnte: die ebenso schwer gegen Beschuss gepanzerte einsitzige Henschel Hs 129. Bisher befriedigen ihre Erfolge jedoch nicht. Die Version B-1 und die ab 1943 eingesetzte Variante B-2 werden zur Verstärkung ihrer ursprünglich nur aus zwei 7,9-mm-MG 17 und zwei 20-mm-MG 151 im Rumpfbug bestehenden Bewaffnung zunächst mit einer mit einer 30-mm-Mk-101-Kanone unter dem Rumpf bestückt, die später von der schneller feuernden Mk 103 gleichen Kalibers ersetzt wird. Teilweise werden die Maschinen mit einer 3,7-cm-Kanone (Bk 3,7) oder in der Baureihe B-3/Wa gar mit der 7,5-cm-PaK 40L ausgerüstet. Diese Waffenergänzungen bewähren sich recht erfolgreich, allerdings wird die Hs 129 mit der 7,5-cm-Pak sehr schwer und dadurch langsam sowie nur mühsam steuerbar. Das Fehlen einer Defensivbewaffnung setzt zudem eine eigene Luftüberlegenheit voraus. Ohne einen Heckschützen ist die Hs 129 durch Jäger gefährlich verwundbar – anders als die sowjetische Il-2M-3!
Doch noch besser sollte sich die Bk-3,7-Kanone beim Arbeitspferd der deutschen Schlachtflieger bewähren. Der seit 1. April 1943 frischgebackene Hauptmann Rudel steht vor einer merkwürdig aussehenden Junkers Ju 87 des neuen Typs G-1. Der aus der Variante D-3 umgebaute Sturzkampfbomber hat keine Sturzflugbremsen mehr. Dafür trägt das robuste Flugzeug, das nun offenbar nicht mehr stürzen soll, statt Bomben zwei tödliche Waffen knapp außerhalb des Knicks der Flügel unter den Tragflächen. Es sind zwei Bk-3,7- (Flak 18-) Bordkanonen des Kalibers 3,7 cm. Sie schießen präzise, aus geeignetem Abstand auf 20 bis 30 Zentimeter genau. Und sie verwenden eine Spezialmunition mit einem Wolframkern, der jede gegnerische Panzerung durchschlägt. Zumindest dort, wo ein Panzer normalerweise nicht so dick gepanzert ist wie in der Front: am Motor im Panzer-Heck. Eine Pak- (Panzerabwehrkanonen-) Bedienung am Boden kann sich nicht heraussuchen, welche Stelle ihr ein feindlicher Panzer darbietet – er wird üblicherweise auf das Geschütz zurollen. Das ist vom Flugzeug aus anders – der Pilot hat durchaus die Wahl der Angriffsrichtung. Ist erst das Benzin im Motor einmal in Brand geraten, so wird es über kurz oder lang in den Innenraum fließen. Dort lagert die Munition des Panzers! Kein anderes Flugzeug wird für alle Zeit so mit dem Namen eines Piloten verbunden sein wie dieser so genannte „Kanonenvogel“ mit dem Namen Hans-Ulrich Rudel. Doch der weiß das noch nicht.
Hs 129 B-2 im Flug.
Hs 129 B-3/Wa mit 7,5-cm-Pak 40L.
Hs 129 B-1/R2 mit 30-mm-Mk-101-Kanone
Die ersten Einsätze mit diesem neuen Typ fliegt Rudel von einem Erprobungsflugplatz bei Brijansk aus. Dann geht es an die Front, nach Kertsch auf der Halbinsel Krim. Östlich der gleichnamigen Wasserstraße wird heftig gekämpft. Hitler hatte seinen Traum, von dort aus erneut zu den kaukasischen Ölquellen vorzustoßen, noch nicht aufgegeben. Die 17. Armee – ein Teil der ehemaligen Heeresgruppe A – hatte sich befehlsgemäß auf dem Kuban-Brückenkopf verschanzt, während die sowjetischen Truppen südlich und nördlich davon längst das Schwarze Meer wieder erreicht und somit die Land-Verbindung zu der restlichen Heeresgruppe Süd unterbrochen hatten. Rostow war bereits Mitte Februar 1943 in russische Hand gefallen. Von Manstein hätte diese Armee bei seinem Gegenstoß besser einsetzen können, als sie hier in Abwehrschlachten aufreiben zu lassen. Aber Hitler will es so! Die deutschen Einheiten werden über die Meerenge von der Krim aus mit Nachschub versorgt. Die Russen versuchen, mit kleinen Holzbooten in den Rücken der Deutschen zu gelangen und auf der Krim Fuß zu fassen. Sieben bis 20 Mann fasst so ein Boot, plus Granatwerfer und Maschinengewehre. 70 dieser Boote fallen alleine Rudels Kanonen zum Opfer. Danach geben die Russen ihr Vorhaben auf.
Es wird Sommer in Russland. Noch ist der Feldzug nicht entschieden. Am 10. Mai 1943 wird Hans-Ulrich Rudel in Berlin das Eichenlaub zum Ritterkreuz verliehen. Rudel hätte gerne das Gesicht seines alten Gruppenadjutanten aus Caën gesehen. Und bittet, zu seiner alten Einheit zurückkehren zu dürfen. Der Wunsch wird ihm von Hitler gewährt. Rudel übernimmt seine alte Staffel. Aus den „Kanonenvögeln“ der Erprobungsgruppe aus Brijansk wird eine zusätzliche Probe-Panzerstaffel unter Rudels Kommando gebildet.
Es ist der 4. Juli 1943. Das Klima ist heiß. Dann regnet es. Mittags donnert ein sommerliches Gewitter über die Höhen von Butowo und Gerzowka. Zwischen Bjelgorod und Rakitnoje räumen deutsche Pioniere im Schutze des sehr gelegen kommenden Gewitters Schneisen in die Minenfelder. Heimlich, wie sie glauben. Doch die sowjetischen Truppen sind vorbereitet. Ein Verräter in Hitlers unmittelbarer Nähe mit Decknamen „Werther“ hatte den Kreml gewarnt. Es werden auch Hinweise der britischen Funkspionagespezialisten der Organisation „Ultra“ an den sowjetischen Diktator diskutiert. Sicher ist: Stalin kennt die deutschen Pläne seit geraumer Zeit detailliert. Und die russischen Soldaten warten mit dem Finger am Abzug. Sowohl bei Orel nördlich des Frontbogens von Kursk, der sich wie eine Beule in das von den Deutschen gehaltene Gebiet vorstülpt und geradezu zu einer Kesselschlacht einlädt, als auch hier, nordwestlich von Bjelgorod.
Ju 87 G-1-„Kanonenvogel“ mit zwei 3,7-cm-Kanonen unter den Tragflächen statt der in der Version D-3 vorgesehenen Bombenlast.
– = Frontlinie 5.7.1943
03.00 Uhr nachmittags. Aus dem Regengewitter wird eines aus Metall. 2.500 deutsche Bomben schlagen auf einen Raum von 3 Kilometer x 0,5 Kilometer. Stukas stürzen mit heulenden Sirenen auf ihre Ziele, Tausende deutscher Geschütze pflügen die Stellungen der vorderen russischen Linien um. Danach greifen deutsche Stoßverbände an. Es ist noch nicht der Hauptangriff, aber er bereitet ihn vor und schafft günstigere Ausgangspositionen. Am Abend schlagen die Russen zurück. Schweres Artilleriefeuer im Nordabschnitt wie im Südabschnitt bricht über die deutschen Bereitstellungsräume herein.
5. Juli 1943. Es ist 01.10 Uhr deutscher Zeit mitten in der Nacht. Ein mörderischer sowjetischer Artillerieüberfall trommelt völlig unerwartet im Südabschnitt der Front auf die deutschen Linien ein. Helle Aufregung entsteht. Wenig später antworten die deutschen Geschütze mit ihrem vorbereiteten massiven Angriffsschlag.
Die deutschen Flugzeuge sollen eigentlich erst vor dem Morgengrauen starten. Doch das sowjetische Artilleriefeuer ändert alles. Oberstleutnant Walter Lehwess-Litzmann, der Kommandeur des KG 3 „Blitz“, sammelt seine Ju 88-Bomber-Besatzungen gerade, um die letzten Anweisungen zu geben, als er einen aufgeregten Telefonanruf erhält. Vorgezogener Start - sofort, auch wenn es noch dunkel ist! „Greifen Sie unverzüglich diese sowjetischen Geschützstellungen an!“
Inzwischen sind 18 sowjetische Il-2 des 241. ShaP, 30 Il-2 „Stormoviks“ des 820. ShaP, 18 Il-2 des 66. ShaP und weitere 18 des 237. ShaP zu einem Überraschungscoup gestartet. Diese 84 sowjetischen Schlachtflugzeuge werden gedeckt von 96 sowjetischen Jagdflugzeugen (18 Yak 7b des 737. IAP, 40 Yak-1 des 247. IAP, zehn La-5 des 31. IAP, 16 La-5 des 164. IAP und zwölf La-5 des 40. GvIAP). Einige der sowjetischen Jägerformationen sollen den Angriffsverbänden vorausfliegen und über den deutschen Jägerflugplätzen kreisen, um den deutschen Alarmrotten einen Start unmöglich zu machen. Danach sollen die Stormoviks die deutschen Flugplätze samt den ungeschützt bereitstehenden Feindflugzeugen in ein Trümmerfeld verwandeln. Der Einsatz erfolgt im Tiefflug, um die deutsche Funkmess-Radaraufklärung zu unterfliegen.
Das Freya-Radargerät in Charkov erkennt dennoch eine starke Formation sowjetischer Flugzeuge im Anflug auf Charkov (Charkiw) im Südabschnitt. Dort würden nach Plan auf fünf völlig überfüllten Flugplätzen die deutschen Bomber auf den Startbefehl warten – mitten auf der Rollbahn. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die sowjetischen Verbände genau zum Zeitpunkt dieses Starts über den eigenen Plätzen erscheinen. Man kommt nicht dazu, darüber nachzudenken, ob es Zufall ist, dass die Russen gerade jetzt einfliegen. Die deutschen Jäger des Jagdgeschwaders 52 starten sofort im Alarmstart. Andere, wie die der II./JG 3, sind dank der kurzfristigen Umplanung ohnehin bereits in der Luft. Auch die meisten Bomberstaffeln sind schon gestartet. Die Flexibilität der deutschen Führungsstruktur, die zielorientiert nach Auftrags-taktischen Erfordernissen entscheidet und nicht hierarchieorientiert nach Befehl, bewährt sich erneut – Entscheidungen der kurzen Wege. Es wird hell ...
Die Me 109 G-4/G-6 durchbrechen den russischen Jagdschutz und stürzen sich entschlossen auf die Il-2 „Stormoviks“. Der russische Angriff wird zur Katastrophe. Die Sowjetpiloten fliegen stur weiter, auf ihr Ziel fixiert, wie befohlen. Die deutschen Jäger kämpfen wie besessen und schießen ihre Gegner reihenweise vom Himmel. Fast ohne eigene Verluste holen sie angeblich 120 Sowjets herunter. Diese oft gehörte Zahl wird allerdings in neueren Quellen bestritten. *1 Fest steht: es ist ein Massaker und ein sowjetisches Fiasko. Kaum eines der sowjetischen Schlachtflugzeuge erreicht einen deutschen Fliegerhorst. Es ist ein Masseneinsatz, wie ihn selbst die russische Front nur selten erlebt.
Zum gleichen Zeitpunkt im Norden überfallen die deutschen Bomber ihrerseits wirkungsvoll die russischen Flugplätze – gut gedeckt durch eigene Jäger. Die deutschen Verluste bei diesem Angriff bleiben gering.
Etwa 02.00 Uhr morgens:
Deutsche Artillerie feuert.
„Nebelwerfer“. Deutsche Raketengeschosse, das Gegenstück zu den russischen „Stalinorgeln“.
Es war etwa 02.00 Uhr morgens gewesen, als der deutsche Feuerschlag im Süden begonnen hatte. Um 02.30 Uhr hätte nach Plan der Sturmangriff folgen sollen. Wegen des sowjetischen Artillerieüberfalls beginnt er aber erst gegen 05.00 Uhr. Die sowjetischen Granaten hatten dank der gut ausgebauten deutschen Unterstände wenig Verluste unter den Landsern bewirkt – aber den Angriff verzögert. Stukas nehmen sich im Morgengrauen die russischen Befestigungen vor, Tausende von Granateinschlägen erschüttern die Gräben. Als es allmählich still wird, heben die Überlebenden die Köpfe. Rauch überall, man sieht nicht viel. Zerstörte Panzerabwehrgeschütze, Gefallene und Verwundete.
Schreie, Stöhnen, das Grauen des Krieges setzt ein. Grässliche Bilder dort, wo Volltreffer einschlugen. Dann lichtet sich der Dunst. Schemenhaft sind Bewegungen erkennbar. Langsam, drohend, klirrend, rasselnd.
Den sowjetischen Soldaten gefriert das Blut in den Adern. Ein deutscher Panzer neben dem anderen rollt auf sie zu, eine Phalanx aus Stahl. Ein Todesurteil auf Ketten. Blankes Entsetzen steht in den aschfahlen Gesichtern. Dann ertönen Befehle. Sie reißen die Männer aus ihrer Angst.
Es sind insgesamt etwa 2.700 deutsche Panzer und Sturmgeschütze, die zum größten Schlagabtausch der Kriegsgeschichte auf die russischen Stellungen zuwalzen. Sie werden unterstützt von etwa 10.000 Geschützen, Granatwerfern und Raketenwerfern, ferner ungefähr 900.000Infanteriesoldaten sowie 2.000 Maschinen der deutschen Luftwaffe.
Die Angreifer werden von Tausenden gut getarnter und tief gestaffelt aufgestellter 7,62-cm-Panzerabwehrgeschütze erwartet, acht hintereinander aufgereihten und mit Pionierhilfe sorgfältig ausgebauten Verteidigungslinien mit alleine im Hauptverteidigungsgebiet 434.667 verlegten Panzerminen und 7.000 Kilometern Stacheldrahtverhau. Die sowjetischen Befehlshaber der Woronesh- und Zentral-Front, Watutin und Rokossowski, verfügen zusammen über 1.337.000 Soldaten und etwa 19.300 Geschütze, ferner 3.300 Panzer – überwiegen T-34/76. Zudem hat Stalin eine strategische Reserve bereitgestellt, die Steppenfront unter Konew. Konew befehligt noch einmal 573.000 Soldaten, 7.401 Geschütze und 1.551 Panzer und Selbstfahrlafetten, sodass sich die Stärke der Roten Armee im Kursker Bogen auf etwa 1.910.000 Mann, 26.700 Geschütze, Granatwerfer und Raketenwerfer, 4.850 Panzer und Sturmgeschütze sowie 2.650 Flugzeuge summiert.
Die früher den russischen T-34/76 unterlegenen deutschen Panzer IV haben schon seit einiger Zeit eine neue 7,5-cm-Langrohr-Kanone erhalten und können nun gut mithalten. Die neuen deutschen Panzer des Typs V „Panther“ und VI „Tiger“ sind den sowjetischen Kampfwagen deutlich überlegen, haben eine schnellere Feuerfolge und können aus erheblich größerer Entfernung vernichtend treffen als umgekehrt die T-34 einen Panther oder gar Tiger. Zumal die russischen Panzer im Gegensatz zu den deutschen meist keine Funkausrüstung besitzen. Doch nur 192 der deutschen Panzer sind Panther, sie sind der Division „Großdeutschland“ zugeteilt. Zudem fallen schon zu Beginn der Offensive viele der neuen deutschen Stahlkolosse durch Motorschaden aus, vor allem die Panther – am Abend des 5. Juli 1943 sind gerade noch 40 fahrbereit! Noch sind die neuen Fahrzeuge, die vereinzelt seit Ende 1942 bereits zum Einsatz kommen, nicht zuverlässig kampferprobt. Auch nur 146 Tiger stehen zur Verfügung, sie werden allerdings sehr wirkungsvoll gegen die russischen T-34 eingesetzt. Indes - die Russen haben einfach erschreckend viele dieser Kampffahrzeuge.
Einer der neuen deutschen Panzer des Typs „Panther“ in der Ausführung D, wie sie im Kursker Bogen zum Einsatz kommt. Der mit einer 7,5-cm-Kanone bewaffnete Kampfwagen deklassiert einen T-34/76. Spätere Varianten besitzen statt der Klappe für das MG an der rechten Frontseite in der Wanne eine MG-Kugelblende. Ein zweites MG ist im Turm koaxial neben der Kanone installiert.
Ein deutsches „Sturmgeschütz III“ rollt in die Ausgangsstellungen. Diese als selbst fahrende Artillerie zur direkten Infanterieunterstützung entwickelten Kampfwagen erweisen sich als hochpotente Panzerjäger. Ihren 7,5-cm-Granaten fallen unzählige T-34 zum Opfer.
Ein Schützenpanzer mit Maschinengewehren, dahinter ein Panzer IV. Dieser Kampfpanzer ist mit seiner 7,5-cm-Langrohrkanone den russischen T-34/76 eher überlegen, im Gegensatz zum ebenfalls noch häufigen Panzer III, der selbst in der Version L mit 5-cm-Kanone dem T-34/76 nicht gewachsen ist und ihn nur auf eher kurze Entfernung vernichten kann. Andernfalls prallen die Granaten an den schrägen Flächen des T-34 ab.
Der „Tiger I“. Mit seiner schweren Panzerung und der bereits auf große Entfernungen tödlichen 8,8-cm-Kanone ist er einer der gefürchtetsten und besten Kampfpanzer des Zweiten Weltkrieges – ein Symbol deutscher Waffentechnologie.
230.000 deutsche Soldaten im Südabschnitt der Offensive treten zum Angriff an. 200 Kilometer weiter im Norden kommt auch der sowjetische General Rokossowski den Deutschen zuvor. Gegen 01.00 Uhr nachts feuert die sowjetische Artillerie aus allen Rohren. Trommelfeuer, eine Stunde lang. Danach ist Stille. Nichts rührt sich. Die Deutschen warten erstaunt nach dem völlig überraschenden Präventivschlag auf die russische Infanterie. Sie kommt nicht. Dafür feuert nun ab 03.30 Uhr die deutsche Artillerie. Um etwa 05.30 Uhr springen 200.000 deutsche Landser aus ihren Gräben und stürmen auf die russischen Stellungen zu. Die Zangenbewegung mit dem Codewort „Zitadelle“ hat begonnen.
Die ersten Gräben werden genommen. Der Kampf ist blutig und hart, Die Russen weichen nicht – wo sie es doch versuchen, werden sie von den eigenen Kommissaren erschossen. Nahkämpfe, Handgranaten, Flammenwerfer. Grauenhafte Szenen spielen sich ab. Am Abend sind acht Kilometer geschafft. Doch hinter jeder Stellung taucht eine neue Abwehrlinie auf, tief gestaffelt, 30 Kilometer tief. Panzer sind eingegraben, nur der Geschützturm ist über der Erde. Ein schwer zu treffendes Ziel. Doch ist man heran, so hat die Besatzung des T-34 ausgespielt. Weg kann der so nicht, der Koloss. Geballte Ladungen, Bündel von Handgranaten und Minen tun ihre Wirkung. Eine dumpfe Explosion. Der ist erledigt. Und die da drinnen auch! Doch allmählich keimt die Erkenntnis: die müssen uns erwartet haben!
Es geht voran, langsam, zäh, unendlich mühsam und verlustreich ist dieser Angriff. Am 6. Juli 1943 starten die sowjetischen Truppen unter Marshall Rokossowski im Norden einen Gegenangriff. Generaloberst Model schlägt zurück, zwischen Ponyri und Soborovka rücken 1.000 deutsche Panzer vor, auch Tiger. Sie fügen den sowjetischen Panzertruppen schwere Verluste zu. Am 7. Juli 1943 geht im Nordabschnitt nach 25 eroberten Kilometern nichts mehr. In Ponyri wird wie in Stalingrad um jedes Haus, jede Etage, jede Mauer und jede Straße gekämpft. Der Angriff hat sich festgebissen. Ponyri wird genommen – und von den Sowjets zurückerobert. Am 8. Juli 1943 hat jede Seite eine Hälfte der Stadt unter Kontrolle, während Teploe von deutschen Panzerverbänden ganz eingenommen werden kann. Am 10. Juli 1943 ist der deutsche Angriff im Norden endgültig zum Stehen gekommen, und die deutschen Truppen werden nun ihrerseits bedrängt. Nicht zuletzt aus der Luft! Die sowjetischen „Stormoviks“ setzen den deutschen Panzerverbänden auf eine böse Art zu! Die solcherart erlittenen Verluste sind schmerzhaft – und fallen ins Gewicht! Die russischen Piloten fliegen eine Art „Todeskreis“ über den deutschen Panzern. In jeder Runde nimmt sich jeder von der Seite ein „Opfer“ vor ...
Deutsche Infanterie greift mit Panzerunterstützung sowjetische Stellungen an.
Im Süden läuft es besser. Das III. Panzerkorps und das Korps Raus bleiben zwar im konzentrierten Panzerabwehr– und Artilleriefeuer an der rechten Flanke stecken, doch die 4. Panzerarmee unter Generaloberst Hoth bricht durch. Nach zwei Tagen härtester Kämpfe sind die aufwändig verschachtelten, großflächig verminten und tief gestaffelten Verteidigungsanlagen des Gegners durchstoßen. Massive Luftangriffe der sowjetischen Luftwaffe können dies trotz schmerzhafter Schläge vor allem der Il-2 „Stormovik“-Schlachtflugzeuge gegen die deutschen Panzer nicht verhindern, während die deutsche Luftwaffe bemerkenswert erfolgreich den vorrückenden Bodentruppen den Weg ebnet. Die Koordination von Panzern, Infanterie, Artillerie und Luftwaffe klappt routiniert und hervorragend – besser als im Norden. Hier im Süden kämpfen erfahrene Eliteverbände. Allerdings auch bei der Roten Armee. Doch die 6. sowjetische Garde-Armee hält dem Angriff trotz aufopfernder Gegenwehr nicht stand.
Und über all dem Gemetzel toben heftige Luftkämpfe. Neue russische Jagdflugzeugtypen kommen zum Einsatz, die seit März 1943 ausgelieferte Lavochkin La-5 F erweist sich als gefährlicher Widersacher. Yakovlev hatte die Yak-1 und 1b zur Yak-7b (ab Juni 1942) und Yak-9 (ab Dezember 1942) weiterentwickelt. Auch diese Jäger sind sehr ernste Gegner – wenn auch nur in erfahrenen und gut geführt eingesetzten Händen! Am Nachmittag des ersten Angriffstages hatten sich heftige Duelle Jäger gegen Jäger zugetragen. Insgesamt verliert die sowjetische Luftwaffe (2 VA, 16 VA und 17 VA), am 5. Juli 1943 im Kampfgebiet der Operation „Zitadelle“ etwa 250 Flugzeuge, die deutschen Luftflotten 4 und 6 büßen im Gegenzug 74 Flugzeuge durch Feindeinwirkung oder aus unbekanntem Grund ein, in letzterem Fall wird Beschuss unterstellt. Nur 45Maschinen davon sind Totalverluste. *2
Die Bedienung eines sowjetischen Panzerabwehrgeschützes verfehlt knapp ein heranrollendes deutsches Sturmgeschütz.
Jetzt wird es eng – welche Seite trifft als erste?
Sowjetische Il-2M3 „Stormovik“-Schlachtflugzeuge fliegen aus allen Rohren feuernd auf die deutschen Angreifer zu. Das Waffenpotential der von den deutschen Landsern „Eiserner Gustav“ genannten Flugzeuge umfasst neben den Bordwaffen auch Raketen leichterer Sprengkraft und Bomben.
Am Potential der Jagdflugzeuge, soweit es sich um La-5 F oder Yak-7b/Yak-9 handelt, liegt es inzwischen nicht mehr. Eher an einer bornierten Führungstaktik der sowjetischen Kommandeurskader. Die allerdings an einem Wendepunkt steht. Die sowjetischen Flieger lernen immer schneller dazu!
Im Sektor der 4. Panzerarmee hat der Vorstoß die rechte Flanke des II. SS-Panzerkorps kritisch exponiert. Dagegen richten die Sowjets am 8. Juli 1943 einen ihrer pausenlosen gefährlichen Gegenangriffe. Lange Kolonnen von T-34-Panzern mit aufgesessener Infanterie nützen den Morgennebel, um die Deutschen zu überraschen. Eine Kette von Henschel Hs 129-Schlachtflugzeugen unter Hauptmann Meyer entdeckt die Gefahr, bevor das II. SS-Panzerkorps bemerkt, was sich da zusammenbraut. Meyer stehen vier Staffeln mit je 16 der gepanzerten zweimotorigen Panzerjagdflugzeuge als Panzerjagdkommando Weiß zur Verfügung (4.(Pz) und 8.(Pz)/SG 1 sowie 4.(Pz) und 8.(Pz)/SG 2). Sie starten im rollierenden System. Der russische Kampfverband kommt keine Sekunde zur Ruhe. Die 3-cm-Kanonen wüten fürchterlich unter den sowjetischen Panzern. Nach einer Stunde sind 50 davon rauchende Wracks, der Rest ist in die Flucht geschlagen – alleine aus der Luft!
Auch Hans-Ulrich Rudel sieht nicht tatenlos zu. Unter seinen bombenbeladenen Stukas toben heftige Panzergefechte. Die Gegner stehen sich auf 1.200 Meter bis 1.800 Meter Entfernung gegenüber. Für die Geschosse der deutschen Panzer IV, Panther und Tiger eine tödlich wirkende Schussdistanz, für die sowjetischen Kanonen ebenfalls – es sei denn, sie haben es mit Tigern zu tun. Dann müssen sie näher und seitlich heran, um deren starke Panzerung zu durchschlagen. Rudel erkennt aus der Luft die größere Routine der deutschen Eliteverbände, die nach seiner Beobachtung schneller und genauer schießen als die sowjetischen Panzerbesatzungen. Dies entlarvt einen Schwachpunkt des T-34/76: im Gegensatz zu den deutschen Panzern, in denen der Kommandant einem eigenen Richtschützen Anweisungen gibt und sich ununterbrochen auf die Umsicht und Führung konzentrieren kann, muss der sowjetische Panzerkommandant selber feuern. Beim Zielen sieht er nur eines – dieses eine Ziel. Und wird möglicherweise unbemerkt selbst zur Zielscheibe. Das Nachfolgemodell T-34/85 ab dem Jahr 1944 behebt diesen Mangel durch einen fünften Mann und eine den neuen deutschen Panzern wesentlich gefährlichere 8,5-cm-Kanone. Doch soweit ist es noch nicht.
Tiger-Kampfwagen (Panzer) der deutschen Wehrmacht stoßen vor. Das flache Gelände begünstigt rasche Manöver, es bietet dabei allerdings bereits gegen die Abwehr am Boden wenig Deckung, gegen Angriffe aus der Luft aber praktisch gar keine. Das Foto zeigt einen erzielten Volltreffer.
Im Angesicht der unglaublichen russischen Panzermassen fällt Rudel seine Kanonenmaschine ein. Gut – ein hiermit notwendigerweise horizontal im Tiefflug geflogener Angriff dürfte in Anbetracht der massiven russischen Flak-Abwehr riskant sein. Doch hat Rudel je ein Risiko gescheut? Er muss es versuchen – und startet. Im ersten Einsatz explodieren vier Panzer unter den Geschossen der 3,7-cm Geschütze. Bis zum Abend sind es zwölf. Und Rudel hat binnen Tagen alle umgerüsteten Ju 87 G-1-Maschinen des Panzerabwehrversuchskommandos samt Besatzungen hierher beordert.
An diesem Tage wird über der gewittrigen Sommerhitze der größten Panzerschlacht der Geschichte eine Legende geboren.
Die drei Divisionen „Leibstandarte“, „Totenkopf“ und „Das Reich“ des II. Panzerkorps der Waffen-SS haben auf den mühsam eroberten Hügelzügen vor der Kleinstadt Prochorovka eine Pause eingelegt und sind in Stellung gegangen. Das sonnige Wetter hatte sich gelegt, dunkle, drohende Regenwolken hängen tief über dem Schlachtfeld. Ein unwirkliches Szenario liegt im Blickfeld der Richtschützen. Die weit reichenden, durchschlagssicheren und präzise feuernden 8,8-cm-Kanonen der Tiger-Panzer sind auf den Ort gerichtet. Auch die 7,5-cm-Kanonen der Panzer IV sind eine gefährliche Waffe. Am Ortsrand sind große Teile der sowjetischen 5. Garde-Armee in Stellung gegangen. Ihre 80.000 Mann haben einen Gewaltmarsch durch die Steppe hinter sich. Der Stoß durch das russische Verteidigungssystem ist praktisch geschafft – noch 90 Kilometer bis Kursk. Die Sowjets führen nun ihre Eingreiftruppen heran. Von den ursprünglich fast 500 deutschen Kampfwagen des II. Panzerkorps stehen den Kommandeuren noch etwa 300 zur Verfügung – eine immer noch äußerst schlagkräftige Anzahl.
Zerstörter sowjetischer T-34/76-Panzer bei Kursk. Er ist vermutlich aus der Luft abgeschossen worden. Der Panzer brennt lichterloh im Heck, was auf einen typischen Treffer von Ju 87 G-1 oder Hs 129 B-2 schließen lässt, welche ja üblicherweise diese Stelle anvisieren.
Das wissen auch die Russen – und setzen nun ihre enormen Reserven ein. Die schon dezimierte 1. sowjetische Panzerarmee soll von Westen, die frisch herbei georderte 5. sowjetische Garde-Panzerarmee von Osten angreifen, um den möglicherweise entscheidenden Durchbruch zu verhindern.
Es hatte sich im Zuge der Kämpfe ein Frontvorsprung ergeben, in welchem Teile der 69. sowjetischen Armee hartnäckig Widerstand geleistet und sich behauptet hatten. Dieser Frontvorsprung droht nun zwischen zwei deutschen Panzerkorps zerschlagen zu werden. Die Russen müssen sich zurückziehen. Inzwischen sind vor den deutschen Panzerspitzen Bewegungen erkennbar. In der Nacht gegen 01.30 Uhr hatten die sowjetischen Streitkräfte die erwähnte massive Verstärkung erhalten.
Es ist die 5. sowjetische Garde-Panzerarmee unter Generalleutnant Rotmistrow, die nun in Nachtfahrten von Osten eingetroffen ist. Sie verfügt über 793 Panzer und 57 Sturmgeschütze, 850 gepanzerte Fahrzeuge. Am Morgen des 12. Juli 1943 rollen sie los. Mit Vollgas versuchen die Besatzungen der T-34, schnellstmöglich die tödliche Distanz zu den deutschen Panzern zu verringern und soweit heranzukommen, dass sie ihre 7,62-cm-Kanone zur Geltung bringen können. Es ist nicht sicher, wie viele es geschafft haben. Manche Berichte beschreiben Nahkämpfe auf Rohrlänge Entfernung, eine grausame gigantische Schlacht ineinander hineinfahrender Panzerverbände, deren Besatzungen sich selbst nach dem Aussteigen aus getroffenen Panzern noch im Kampf Mann gegen Mann umbringen.
Etwa 1.200 Panzer bekämpfen sich auf diversen Schlachtfeldern, unterstützt von ebenso vielen Flugzeugen beider Seiten. Die erwähnten Kämpfe aus nächster Nähe dürften dabei die Ausnahme sein.
Die Deutschen setzen etwa 100 ihrer schweren Tiger ein. Diverse Angriffe und wütende Gegenangriffe finden überall um Prochorovka statt, doch wohl das größte Zusammentreffen erfolgt vor den Rohren der eher stationär in Stellung stehenden Panzer der II. Abteilung der SS-Panzergrenadierdivision „Leibstandarte“.
Unübersehbare Massen an T-34 greifen an. Doch die meisten Sowjetpanzer kommen nicht heran. Es ist ein Gemetzel, wie es kaum vorstellbar ist. Die Schlacht hat apokalyptische Züge.
An anderen Abschnitten sind die Deutschen im Vorstoß – und ihre Gegner ebenso ...
Die zunehmenden Verluste der deutschen Luftwaffe zwingen nun zu einer Prioritätensetzung. Da die Verbindungsoffiziere der Luftwaffe in der vordersten Front mitfahren, können sie die Flugzeuge mit tödlicher Präzision per Funk direkt vor ihren Augen an den Feind dirigieren. Wo diese unmittelbare Zusammenarbeit nicht gegeben ist, kommt es durchaus mehrfach zu Fehlwürfen auf die eigenen Truppen – so bombardieren zwölf Heinkel He 111 am frühen Morgen irrtümlich sehr „erfolgreich“ eine deutsche Panzerspitze, dessen Luftwaffen(funk-)Verbindungsoffizier unglücklicherweise zuvor in einem defekten Halbkettenfahrzeug liegengeblieben war. Es ist beileibe nicht das einzige Mal!
Doch über der Panzerschlacht vor Prochorovka wachsen die deutschen Funkmannschaften über sich hinaus. Welle um Welle der kanonenbestückten Henschel Hs 129-Panzerjäger (beispielsweise der Panzerjägerstaffel des JG 51 oder der 4.(Pz)/und 8.(Pz)/SG 1) dezimieren aus der Luft die russischen Panzerkeile, ein Treffer in die am Heck mitgeführten Benzinfässer genügt, um den Panzer in Flammen aufgehen zu lassen. Stukas der StG 2 und StG 77 beteiligen sich an dem Gemetzel, Rudel beginnt seinen Siegeszug mit dem Kanonenvogel. Auch Jagdbomber des Typs Focke-Wulf 190 der I./SG 1 greifen ein. Nach vorne oben blicken die sowjetischen Panzerkommandeure in die schwarzen Rauchwolken aus den brennenden Wracks ihrer Kameraden, erhaschen vielleicht eine Flugzeugsilhouette, nach vorne sehen sie ins Mündungsfeuer der deutschen Panzerkanonen. Es ist die Hölle.
Die deutsche Luftwaffe konzentriert ihre Kräfte auf diesen Frontabschnitt. Da die sowjetischen Truppen keine Nachrichtenoffiziere ihrer Luftwaffe mit sich führen – es sollte sich nur wenige Tage später schon ändern (beispielsweise koordinieren sowjetische Funkoffiziere bereits am 19. Juli 1943 sowjetische Luftangriffe) – müssen sich ihre Flieger alleine auf Ihre Augen verlassen. Über dem Schlachtfeld von Prochorovka ist es ohne Hilfe vom Boden aus kaum möglich, in den Rauchwolken Freund und Feind zu unterscheiden. Außerdem operieren die sowjetischen Luftstreitkräfte unflexibel nach Plänen und Befehlen, die mehrere Stunden vorher erarbeitet worden waren. Inzwischen hat sich vor Prochorovka die Lage aber längst verändert und unerwartet zugespitzt. Worauf die deutsche Luftwaffe flexibel und gezielt reagiert – im Gegensatz zur sowjetischen VVS.
Die meisten der deutschen Flugzeugverluste in diesem Gebiet gehen auf das Konto der durchaus effektiven und gefährlichen sowjetischen Flugabwehrkanoniere. Erst gegen Nachmittag tauchen vermehrt sowjetische Jäger auf. Im Panzer-Kampfgebiet um Prochorovka sind sowjetische Luftstreitkräfte also eher wenig präsent – an den Flanken dafür allerdings umso mehr. Die deutschen Vorstöße östlich im Bereich der 69. sowjetischen Armee und westlich im Gebiet der 1. sowjetischen Panzerarmee werden sehr erfolgreich aus der Luft durch Il-2-Schlachtflieger und Pe-2-Bomber gebremst und behindert. Denn hier ist nun wieder die deutsche Luftwaffe kaum vertreten – nur sporadisch tauchen die Messerschmitts des JG 3 und JG 52 in diesen Sektoren auf. Insgesamt können die Me 109-Piloten gerade zwölf Abschüsse einreichen.
Die Erfolge der sowjetischen Kampfflieger an den Flanken der Panzerschlacht sind für die deutschen Truppen dort bitter – den Männern der 5. Gardepanzerarmee vor Prochorovka nützen sie wenig. Nach pausenlosem Ansturm gibt Rotmistrow auf. Inzwischen ist die sowjetische Panzerstärke um Kursk halb so groß wie noch acht Tage zuvor.
Rotmistrow hat den deutschen Durchbruch letztlich verhindert. Das ist die eine Seite! Immerhin 850 seiner Gegner sind tot, 60 Kampffahrzeuge der deutschen Waffen-SS-Panzerdivisionen sind vernichtet oder so schwer beschädigt worden, dass sie vorerst ausfallen.
Die Totalausfälle halten sich dabei in erstaunlichen Grenzen. Das im Zentrum der Schlacht stehende, allerdings volle Luftunterstützung genießende II. SS-Panzerkorps dokumentiert am 12. Juli 1943 nur fünf völlig zerstörte eigene Kampfwagen, aber 43 schwer beschädigte Panzer und zwölf kampfunfähig geschossene Sturmgeschütze. *3
Der Preis, den Rotmistrows Soldaten für ihre furiose, aber radikal rücksichtslose Attacke bezahlen, ist allerdings geradezu horrend. 300 sowjetische Panzer rauchen abgeschossen oder zerbombt auf dem Schlachtfeld, viele weitere sind defekt, und ungefähr 5.500 russische Männer haben diesen Kampf nicht überstanden.
Messerschmitt Bf 109 G-6 des JG 51 (das Jagdgeschwader 51 operiert im Nordabschnitt der „Kursker Schlacht“ im Raum um Orel).
Nahe bei Orel-Sloboda abgeschossene moderne sowjetische Lavochkin La-5 FN – ein hervorragendes Jagdflugzeug und gemeinsam mit der Yak-1b/Yak-9 ein ernster Gegner für die Luftwaffe.
Doch auch Hitler gibt nun auf. Auch wenn der letztliche Sieg der Roten Armee in der Kursker Schlacht oder danach auf Grund der Zahlenverhältnisse langfristig unvermeidbar erscheint, in diesem Moment steht er geradezu auf des Messers Schneide – und er wird 2.300 Kilometer weit entfernt erfochten. In Sizilien. Dort sind seit zwei Tagen angloamerikanische Landungen im Gange. Viele italienische Einheiten fliehen geschlossen ohne Gegenwehr, so die 206. und 207. italienische Division. Wie vor Stalingrad führt der Zusammenbruch der italienischen Front zum Abzug wichtiger deutscher Verbände.
Das flammende Ende Vieler ...
T-34/76 mit Infanterie im Sturmangriff.
So schwer es fällt – Hitler benötigt dringend Truppen in Italien. Die drohende Gefahr im Süden ist noch größer als jene in Russland.
Die Operation Zitadelle – kurz vor dem Erfolg, auch wenn dieser kaum von endgültiger Dauer gewesen wäre – wird abgebrochen. 60.000 deutsche Soldaten waren bei der Offensive gefallen, 500 deutsche Panzer waren getroffen worden, 350 davon waren irreparabel zerstört und verloren gegangen. Die Sowjets hatten noch erheblich schlimmer gelitten, 80.000 Rotarmisten sind tot. Die sowjetischen Panzerverbände hatten zwischen 1.600 und 2.000 ihrer Kampfwagen eingebüßt. Eine enorme Anzahl!
Von nun an aber kennt die deutsche Wehrmacht nur noch einen Weg: zurück.
Das gilt auch für Rudel, der seit 19. Juli 1943 die III. Gruppe des Stukageschwaders 2 „Immelmann“ befehligt. Ein Glück, dass er noch lebt, hatte man seine Einheit doch in den Raum Orel verlegt, wo sein Stuka einen Volltreffer in den Motor erhalten hatte. Er hatte es gerade noch zu den eigenen Linien zurückgeschafft – wieder einmal. Andere hatten weniger Glück gehabt.
Dort, im Norden des Kursker Bogens, gehen die Sowjets nun bereits zur Gegenoffensive über. Dies führt zur hastigen Verlegung der Panzerjägerstaffel des JG 51 sowie der drei übrig gebliebenen Hs 129-Staffeln von Bruno Meyers Panzerjagdkommandos Weiß in den nördlichen Sektor, ferner der I. und III./StG 2, der I./SG 1 und der III./JG 52. Die Luftkämpfe über den ausgedehnten Wäldern sind hart und verbissen. Während die Panzerjäger im Süden auf der offenen Steppe leicht ihre Ziele ausmachen konnten, sind die sowjetischen Panzer nun unter Bäumen fast unsichtbar – umso sichtbarer sind die russischen Jäger am Himmel. Hauptmann Bruno Meyer attestiert einer der gegnerischen Formationen, es seien regelrechte Teufelskerle, gut ausgebildet und exzellente Piloten. Sie flögen Yaks und gehörten offensichtlich zu einer Eliteeinheit. In der Regel nähmen sie sich zuerst die Führungsmaschine des deutschen Verbandes vor. Acht Flugzeuge habe man innerhalb einer Woche auf die Art verloren!
Es kommen mehrere sowjetische Einheiten für dieses Lob in Betracht. Das 4. IAP ist jüngst von der Kuban-Front am Schwarzen Meer in die Gegend um Orel zur „Brijansk Front“ verlegt worden. Das Regiment ist mit Yak-9 ausgerüstet, also mit dem von Bruno Meyer angegebenen Yakovlev-Jagdflugzeug. Einer der bekanntesten Piloten des Regimentes ist der damalige Leitenant Ivan Nikiforovich Stepanenko. Seine schwarz-grüne Yak-9 gehört zu den auffälligsten Jagdflugzeugen der sowjetischen VVS (Luftwaffe). Es ist kunstvoll bemalt. Entlang eines roten Pfeiles jagt ein Tiger den deutschen Propagandaminister Goebbels samt Mikrofon zum Teufel. Die Yak trägt die weiße Nummer 17.
Auch eine französische Einheit fliegt in sowjetischen Diensten. Die GC 3 „Normandie“ (Groupe de Chasse oder Jagdgruppe 3, später verstärkt und von Stalin im Jahr 1944 für ihre Verdienste bei den Kämpfen am Njemen zum „Normandie-Njemen“ Regiment umgetauft) wird offiziell im September 1942 von Charles de Gaulle der Sowjetunion zur Verfügung gestellt und besteht aus fähigen, gut trainierten Piloten. Capitaine Albert Littolff beispielsweise hatte schon in der Armée de l’Air in Frankreich gegen die Deutschen gekämpft, diente in der Royal Air Force in Nordafrika und fliegt nun in der sowjetischen VVS. Als er in der Sowjetunion ankommt, hat er bereits 10 Luftsiege (z.T. anteilig) erzielt.
Die GC 3 ist dem 18. GvIAP unterstellt. Als die acht Yak-7bs des 18. GvIAP zusammen mit weiteren acht der GC 3 am 16. Juli 1943 auf die um 12.45 Uhr deutscher Zeit gestarteten Stukas der III./StG 3 treffen, reagieren sie sofort und entschlossen. Der sowjetische Kapitan Semyon Sibirin und Serzhant Ivan Stolyarov geben ebenso wie der Franzose Lieutenant-Colonel Pierre Pouyade einen Abschuss an – tatsächlich verliert die 7./StG 3 nur eine Ju 87 D-3 durch Bordwaffenbeschuss (die Besatzung kann sich retten). Eine weitere der 8./StG 3 muss notlanden, allerdings gemäß WASt nach Flaktreffern, nicht auf Grund von Feindjägern. Der sowjetische Angriff erfolgt so flink, dass die deutschen Begleitjäger nicht rechtzeitig reagieren können. Doch das ändert sich schnell. Sowohl Focke-Wulf 190 als auch Me 109 fallen über die Yak-7bs her. Vier davon werden abgeschossen. Serzhant Ivan Stolyarov, ein russisches Ass mit elf Abschüssen, fällt ebenso wie die Franzosen Sous Lieutenant Noël Castelain und Sous Lieutenant Adrien Bernavon – sowie Capitaine Albert Littolff.
Dieser deutsche Stuka-Flieger überlebt vermutlich den Überschlag bei einer Notlandung nicht. Da die Stuka-Besatzungen verhasst waren, kam jedoch durchaus auch Lynchmord vor und daher hier in Betracht.
Nun ist es Herbst 1943, und Rudels Kampfverband schlägt sich wieder im Süden, in der Ukraine. Die Sowjets nützen ihre materielle Überlegenheit und greifen auf breiter Front an. Kämpfend zieht sich die deutsche Wehrmacht zurück. Die Kanonen-Stukas werden zur Feuerwehr an allen Brennpunkten, immer mehr Staffeln werden mit diesen Spezialmaschinen ausgerüstet (insgesamt im Laufe des Krieges die 10.(Pz)/SG 1, 10.(Pz)/SG 2, 10.(Pz)/SG 3 und 10.(Pz)/SG 77). Oftmals sind die „Panzerknacker“ die letzte Rettung. Nordwestlich von Stalino (Donezk) liegt Krasnoarmaiskoje (westlich Slowjansk).
Und in Krasnoarmaiskoje liegen Rudels Stukas.
Bis Heereseinheiten am Platz vorbeiziehen, müde und abgekämpft. Dass die Russen direkt hinter ihnen sind, sagen sie nicht. Warum auch, wenn es die Flieger nicht wissen, wer dann? Doch erst auf dem Rückflug vom Kampfeinsatz bemerken Rudels Besatzungen dann tatsächlich aus der Luft die Gefahr. Russische Panzer am östlichen Stadtrand! Wie zum Teufel können die schon so nahe sein? Auf der anderen, westlichen Seite der Stadt liegt der Flugplatz! Und dazwischen liegt – außer Häusern nichts!
Jetzt aber nichts wie weg! Als alles organisiert ist, starten die Stukas. Inzwischen hat Rudel zwei der T-34 im Stadtgebiet aufgespürt und zerstört. Als sich die Stukas über dem Flugplatz sammeln, schlagen die ersten Panzergranaten in die Gebäude des Flugfeldes ein. Doch alle flugfähigen Maschinen sind nun in der Luft, die anderen sind zerstört und werden somit wertlos den Russen überlassen. Der Verband fliegt nach Pawlowka. Plötzlich erkennen die Piloten unter sich T-34-Panzer, zusammen mit Lastwagen amerikanischer Produktion. Russen, offensichtlich. Herrgott noch mal, was machen die so weit westlich hier? Rudel überlegt nicht lange. Der erste Angriff gilt der Flakabwehr. Als die Geschütze größtenteils zum Schweigen gebracht sind, nehmen sich die deutschen Flugzeuge die Kolonnen vor. Sie schießen sie zusammen, Panzer für Panzer, Lastwagen um Lastwagen. Schließlich kommen noch die Vordersten dran. Doch – um Gottes Willen – das sind ja Deutsche! Leuchtkugeln zischen in die Luft. Sie sind weiß! Also das Kennzeichen für deutsche Truppen! Aber das kann doch nicht sein, da hinten – das waren doch braune russische Uniformen! Dort brennt alles lichterloh einschließlich der Panzer. T-34!? Konnte man sich so getäuscht haben?
T-34/76. Es werden immer mehr. Allen schweren Verlusten zum Trotz.
16. Juli 1943
Flugzeugtyp: |
Yakovlev Yak-7b |
Nationalität: |
VVS (Sowjetische Luftwaffe) |
Einheit: |
18. GvIAP (Garde-Jägerregiment)/GC 3 |
Pilot: |
Kapitan (Capitaine) Albert Littolff |
Stationierung: |
keine Angabe |
Flugzeugtyp: |
Junkers Ju 87 D-3 |
Nationalität: |
Luftwaffe |
Einheit: |
7. Staffel (III. Gruppe)/StG 3 |
Besatzung: |
keine Angabe |
Stationierung: |
Orel, Juli 1943 |
Hinweis: die Karte zeigt den Nachkriegsgrenzverlauf, da hier die Lokalisation des Ortes aus heutiger Sicht im Vordergrund steht.
Yak-9, 4. IAP, geflogen von Leitenant Ivan Nikiforovich Stepanenko.
Yak-7b, 18. GvIAP/GC 3, geflogen von Kapitan (Capitaine) Albert Littolff.
Junkers Ju 87 D-3 „Stuka“ der 7. Staffel (III. Gruppe) des StG 3, am 16. Juli 1943 entstand ein (1) Verlust durch russische Jäger.
Es ist still unter den Männern in Pawlowka, als die Maschinen landen. Jeder denkt dasselbe. Was um alles in der Welt haben wir in Grund und Boden geschossen? Doch hoffentlich nicht die eigenen Leute?! Rudel hat Angst.
In der Nacht schläft Rudel sehr unruhig. Er hatte nichts in Erfahrung bringen können seither, trotz unzähliger Telefonate. Bis er geweckt wird – es sei dringend. Ein beklemmendes Gefühl beschleicht Rudel, als er den Hörer ans Ohr legt. Es ist ein Anruf von Kameraden eines Heeresverbandes. Sie bedanken sich für ihr Leben. Sie waren es gewesen, die die Leuchtkugeln geschossen hatten – aus einem Graben, in den sie sich gerade noch hatten flüchten können! Ihnen hatten die deutschen Lastwagen gehört – durchsiebt von russischen Geschossen! Die sowjetische Einheit hatte sie eingeholt, unter Feuer genommen und dadurch dazu gezwungen, aus den Lastwagen zu springen und in dem Graben Deckung zu nehmen.
Minuten später wären sie zermalmt, durchsiebt oder zerfetzt worden, wenn die Stukas nicht erschienen wären.
Es ist ein Wunder, dass der Stein seine Kameraden nicht weckt, der Rudel da vom Herzen fällt.
Am 18. Oktober 1943 wird das Stukageschwader 2 offiziell in Schlachtgeschwader 2 „Immelmann“ umbenannt. Ende Oktober 1943 hat Rudel den 100. russischen Panzer mit dem Kanonenvogel zerstört. Am 25. November 1943 erhält er das Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern verliehen. Er erreicht durch persönliche Fürsprache, dass auch sein Bordschütze Henschel ausgezeichnet wird. Mit dem Ritterkreuz, durch den „Führer“ persönlich! Henschel ist überglücklich!
Das Jahr 1944 hat begonnen. Die III. Gruppe des SG 2 liegt in Kirowograd. Nach wie vor steht die Heeresgruppe Süd – bzw. das, was noch von ihr übrig geblieben ist – unter enormem Druck. Ihr gegenüber stehen alleine in diesem Abschnitt vier Millionen Rotarmisten, 45.000 Geschütze und Granatwerfer, über 4.000 Panzer und 4.000 Flugzeuge. Nein, sie stehen nicht, sie stürmen. Seit Heiligabend 1943 waren diese Armeen erneut zum Angriff übergegangen. Die deutschen Kräfte sind diesem Ansturm einfach nicht mehr gewachsen.
Rudels Panzerstaffel ist unermüdlich im Einsatz. An Zielen mangelt es wahrlich nicht. Auf dem Rückflug von einem Einsatz nahe Alexandrija sieht Rudel erneut eine Kolonne von zwölf T-34-Panzern unter sich. Sie fahren eine Hecke entlang. Doch seine Stukas haben keine Munition mehr, nicht einen einzigen Schuss. Holla, was ist das? Wenige Kilometer weiter fahren weitere Panzer die Hecke entlang – doch auf der anderen Seite und in Gegenrichtung. Es sind deutsche Panzer IV. Sie können die sowjetischen Kampfwagen nicht sehen, zumal diese tiefer in einer Senke fahren. Wenn diese die Gefahr zuerst bemerken, sind die deutschen Panzer verloren!
Rudel winkt – zum Glück haben die deutschen Panzerkommandanten die Luke offen und führen so ihre Fahrzeuge – aus der Luke herausblickend. Sie rechnen offenbar nicht mit einem Gegner hier. Rudel wirft mit einer Meldebüchse eine Nachricht ab, schießt rote Leuchtkugeln und fliegt einen Scheinangriff auf die T-34, um ihre Position zu kennzeichnen. Die deutschen Panzermänner verstehen – und bringen ihre Panzer in Position. Als die T-34 – immer noch nichts ahnend – heran sind, wird ihnen ein warmer Empfang bereitet. Der Erste wird aus nur 20 Metern Entfernung getroffen – vernichtend. Nach einer Minute ist es vorbei – ohne deutsche Verluste. Alle T-34 brennen lichterloh. Wenn es nur immer so laufen würde ...
Es läuft aber nicht immer so! Die 2. Ukrainische Front greift seit 5. Januar 1944 in der Nähe von Kirowograd an. Von Norden stößt die 1. Ukrainische Front vor. Bei Korsun-Schewtschenkowskij treffen sie sich – hinter den Linien der 1. deutschen Panzerarmee und der 8. deutschen Armee. Die Sowjets habe ihre Lektionen von den Deutschen gelernt und schlagen diese nun mit deren eigener Taktik – der Kesselschlacht. Fünf deutsche Divisionen sowie die SS-Panzerdivision „Wiking“ und die SS-Sturmbrigade „Wallonie“ sitzen ab 24. Januar 1944 bei Tscherkassy in der Falle, 50.000 Mann. Der deutsche Gegenangriff zum Entsatz der Eingekesselten lässt nicht lange auf sich warten. Acht deutsche Panzerdivisionen kämpfen sich durch Matsch und Schlamm bis zu den Umzingelten durch – bis auf acht Kilometer. Hitler gibt den Befehl zum Halten um jeden Preis – wieder einmal. Doch dieses Mal gehorcht Manstein nicht. Er gibt General Stemmermann im Kessel den Ausbruchsbefehl. Die Eingeschlossenen haben keine andere Wahl, halb verhungert und mit ihrer Munition am Ende. Sie brechen aus. In der Nacht – da ist der Boden gefroren und hart. Um 23.00 Uhr am 17. Februar 1944 überraschen die verzweifelten Landser die Russen. Die letzten Granaten werden verschossen, die letzten Panzer rollen los. Dahinter die Infanterie – mit Bajonett und Gewehrkolben. Nahkampf. Die erste Welle bricht durch. Doch dann haben die Sowjets ihre Verblüffung überwunden. Sie schlagen zurück. Die nachfolgenden Gruppen geraten unter das Feuer russischer Panzer. Die T-34 kennen kein Erbarmen. Es ist ein Blutbad. Wer nicht schnell genug laufen kann, wird buchstäblich unter den Panzerketten niedergewalzt. Die Verluste sind fürchterlich. Dennoch entkommen 30.000 Mann. General Stemmermann gehört nicht zu den Überlebenden.
Am 22. Februar 1944 wird Rudel offiziell Gruppenkommandeur, am 1. März 1944 Major. Kurze Zeit später wird sein Staffelkamerad Oberleutnant Fickel abgeschossen. Doch er kann notlanden – auf Feindgebiet. Rudel handelt schnell, landet daneben, nimmt die Besatzung auf und startet wieder. Weder eine Besatzung, die noch mal davon gekommen ist.
Anders als die Besatzung der sowjetischen Il-2 „Stormovik“, die Rudel bei den Kämpfen um Korsun/Tscherkassy vor die Rohre bekommt. Die sowjetischen Maschinen – direkte Konkurrenz zu Rudels Panzerknackern – sind normalerweise etwas schneller, da sie ein Einziehfahrwerk haben. Doch dieses Mal kommt Rudel auf 100 Meter heran. Vor einem Jahr hatte Rudel bereits seinem Staffelkameraden Niermann einen Jäger – eine La-5 – vom Heck weggeschossen, die sich diesem im toten Winkel des deutschen Heckschützen genähert hatte. Wie war das – wollte Rudel nicht ursprünglich Jagdflieger werden? Doch die langsame Ju 87 ist wahrlich alles andere als ein Jagdflugzeug! Nicht einmal mehr nach vorne feuernde Maschinengewehre haben die Ju 87 G-1-„Kanonenvögel“ – im Gegensatz zu den „normalen“ Stukas der D-Serie, die Rudel Anfang 1943 beim Abschuss der La-5 noch flog. Dafür haben die G-1 eben die Kanonen – mit panzerbrechender Munition, doch nur für Einzelschüsse. Also keine geeignete Waffe gegen ein Flugzeug, das kaum mit einem einzigen Schuss zu treffen sein dürfte. Es sei denn, es fliegt so stur geradeaus wie die Stormovik da vorne. Der einzelne Schuss sitzt – und das russische Schlachtflugzeug fliegt geradezu in Fetzen.
Sowjetisches Jagdflugzeug aus amerikanischer Produktion: P-39 „Airacobra“, im russischen Sprachgebrauch „Kobra“ tituliert, fotografiert in 1944.
Dieses moderne Flugzeug stammt aus russischen Fabrikhallen: Yakovlev Yak-9, das Foto entstand im März des Jahres 1944.
– = Frontlinie 21.3.1944
Dafür interessiert sich nun der russische Jagdschutz für Rudel. Lavochkin La-5 und Bell P-39 „Airacobras“. Letztere sind Jagdflugzeuge amerikanischer Bauart. Es ist immer wieder erstaunlich, mit welchem fliegerischen Können der frischgebackene Major seine hoffnungslos einem Jäger unterlegene Ju 87 aus der Schusslinie bringt und entkommt. Im Laufe des Krieges wird Hans-Ulrich Rudel mehr als 30-mal abgeschossen – doch nicht ein einziges Mal von einem gegnerischen Jagdflugzeug!
20. März 1944. Sieben Einsätze hat Rudels Stuka-Gruppe heute schon geflogen. Nun folgt der achte – dieses Mal mit Bomben. Der Iwan bringt Verstärkungen nach vorne, hierfür ist die Brücke über den Fluss Dnjestr bei Jampol wichtig – und daher gut verteidigt. Doch die Brücke muss weg! Die Stukas starten und warten über einer Fluss-Schleife des Dnjestr wie vereinbart auf den eigenen Jagdschutz. Doch der kommt nicht. Notgedrungen entscheidet sich Rudel, den Angriff dann eben ohne Jagdschutz auszuführen. Viele neue Besatzungen sind dabei – Anfänger. Hoffentlich geht das gut!
Noch 20 Minuten bis zum Ziel. Rudel sieht sie als Erster. „Achtung! Feindliche Jäger!“ Es sind etwa 20 La-5. Sofort sind Luftkämpfe im Gange.
Rudel manövriert trotz der Bombenlast in Abwehr-Ellipsen und versucht, dabei seine Kameraden zu decken. Mit einer lahmen Ju 87 – gegen schnelle feindliche Jäger! Es gelingt dennoch, das Ziel zu erreichen. Rudel beginnt mit dem Angriff. „Zusammenbleiben!“. Doch die Kameraden tun sich schwer, vor und um sich herum die Sprengwolken der wie irrsinnig schießenden russischen Flugabwehrgeschütze, und hinter sich die immer noch angreifenden Lavochkin-Jäger.
Rudel versucht, die Initiative zu behalten. „Fliegen Sie weiter, schließen Sie auf! Wir haben auch Angst!“ ermahnt er per Funk seine Leute. Dann wirft Rudel. Die Bombe triftet ab und schlägt rechts der Brücke ein. Also herrscht Wind von links! Rudel leitet seine Männer: „Wind von links, linkshalten!“ Die Bombe der dritten Maschine ist ein Volltreffer. Krachend stürzt die Brücke zusammen. Rudel dirigiert die übrigen Maschinen gegen die Flakstellungen der Russen. Und immer noch sind die Jäger da – runde 200 km/h schneller als die Stukas, die nun aber wenigstens ihre Bomben los sind und daher besser kurven können.
Nach einer Viertelstunde drehen die La-5 ab, doch einige der deutschen Sturzkampfbomber hat es erwischt – ob durch die Jäger oder die Flak. Zwei Stukas ziehen eine Rauchfahne hinter sich her, eine der Besatzungen fliegt beherrscht in Richtung Heimat, doch die andere – Neulinge – verliert völlig die Nerven und flüchtet in die falsche Richtung. Trotz Flüchen und Brüllen per Funk kann Rudel es nicht verhindern – der Junge hört nicht zu! Rudel befiehlt dem Staffelkapitän der 7. Staffel, die Gruppe zum Flugplatz zurückzugeleiten – er selbst sieht sich noch etwas um, zusammen mit der zweiten Stabsmaschine des Leutnant Fischer. Und findet prompt eine notgelandete Ju 87, deren Besatzung wild winkend neben ihrem Flugzeugwrack steht.
Rudel überlegt nicht lange – es wäre nicht die erste Besatzung, die er inzwischen herausgeholt hat. Genau genommen wäre es die siebte. Rudel geht runter. Das da unten ist eine neue Besatzung ohne Erfahrung. Doch bereits bei der Landung merkt Rudel, dass er einen Fehler gemacht hat. Der Boden ist weich – viel zu weich. Er winkt der notgelandeten Besatzung – die Jungs rennen auf ihn zu, steigen erleichtert ein. Doch die Räder der Ju 87 kleben im Morast fest. Mit jedem Startversuch wühlen sich die Reifen tiefer in den Matsch.
Verdammter Mist. Leutnant Fischer fragt per Funk, ob er landen soll? Nein, das ist sinnlos – er käme auch nicht mehr weg. Über ihnen sind immer noch die russischen Jäger, sie haben aber bisher nichts bemerkt. Doch da – 400 Meter entfernt – laufen nun Scharen russischer Soldaten auf sie zu! Das kann den Lynchtod bedeuten! Also nichts wie weg! Sie sind auf dem östlichen Dnjestr-Ufer, der Fluss ist nicht weit! Die vier deutschen Flieger laufen um ihr Leben. Plötzlich stehen sie vor dem Strom. Eisschollen treiben im eiskalten Wasser, der Fluss ist hier etwa 600 Meter breit. Und fließt 30–40 Meter tiefer, denn die vier Deutschen stehen vor einer steinigen, dornbuschbewehrten Steilwand. Doch es hilft alles nichts. Auf den Hosenboden – und hinunter.
Inzwischen sind die Russen oben angekommen und gestikulieren verwirrt durcheinander. Sie sehen die zerschundenen, doch gut versteckten Deutschen nicht. Haben die sich in Luft aufgelöst?
Als sie weg sind, schwimmen die Deutschen los – ohne Jacke und Stiefel. Es ist ein entsetzlicher Kampf gegen den inneren Schweinehund. Die Kälte lähmt jede Faser ihrer Muskeln. Rudel ist froh um seine Sportlichkeit. Dann haben sie es geschafft. Bis auf Henschel, Rudels Bordschütze. Der hat noch 80 Meter – und ruft plötzlich: „Ich kann nicht mehr!“ Rudel springt selbst noch mal ins Wasser, obwohl er kaum noch atmen kann. Doch Henschel versinkt. Rudel erreicht mit letzter Kraft erneut das Ufer.
Nach einer traurigen Ruhepause kommt die Bestandsaufnahme. Die Karte ist unbrauchbar, die drei haben einen Kompass, zwei Pistolen und ein Messer. Doch Rudel hat die Gegend aus der Luft gesehen – und einigermaßen im Kopf. Also marschieren sie los – vorsichtig, denn auch dieses Gebiet ist von den Russen besetzt. Doch etwa 60 Kilometer südlich verläuft eine Bahnlinie – die müsste noch in deutscher Hand sein.
Es ist etwa 15.00 Uhr. Die drei Deutschen sind seit einer Weile unterwegs. Plötzlich tauchen drei Gestalten vor ihnen auf, Soldaten in braungrünen Uniformen, also keine Deutschen. Sie sind schlecht zu erkennen, haben die Sonne im Rücken. Russen? Oder Rumänen? Die Uniform ist ähnlich! Die sind auf die Entfernung sehr freundlich - also wohl Rumänen! Daran, dass sie selber keine Uniformen mehr tragen, denkt Rudel nicht. Was bedeutet, dass die Soldaten nicht wissen können, wen sie vor sich haben – daher die Freundlichkeit. Als Rudel seinen Irrtum erkennt und die Rotarmisten ihren, ist es zu spät. Rudel und die beiden Kameraden sind schnell entwaffnet. Doch Rudel läuft los – auf seinen Kopf ist eine hohe Belohnung ausgesetzt, das weiß er. „Stoi!“ „Halt, stehen bleiben!“, heißt das. Die Russen feuern hinterher, Rudel schlägt Haken wie ein Hase. Wo kommt auf einmal diese Kraft her? Da trifft ihn die Garbe einer Maschinenpistole an der Schulter. Rudel rennt weiter. Jetzt ist er auf dem Hügel – doch hier kommen ihm zwanzig Sowjets entgegengelaufen. Hat sich jetzt alles gegen ihn verschworen? Rudel flüchtet die andere Seite des Hügels hinunter. Die 20 Sowjetsoldaten laufen ebenfalls den Hügel hinab, schneiden ihm den Weg ab. Oben auf dem Hügel müssen jeden Moment die beiden Russen erscheinen, die auf ihn geschossen und ihn verfolgt hatten – der dritte dürfte seine beiden Kameraden bewachen, die nicht geflüchtet waren. Vor Rudel taucht ein Acker auf – von tiefen Furchen durchzogen. Rudel wirft sich in eine davon, schmiegt sich an den Grund. Er kratzt mit bloßen Händen im gefrorenen Boden, bedeckt sich vorsichtig mit Erde, so gut es geht. Die Schulter schmerzt höllisch und blutet. Die Russen bleiben stehen. Wo zum Teufel steckt der deutsche Hund? Sie schwärmen aus. Einzeln suchen sie die Gegend ab, einer läuft direkt auf Rudel zu.
Dessen Herz klopft bis zum Hals. 20 Meter vor Rudel bleibt der Sowjetsoldat stehen. Er sieht ihn nicht. Wie ist das möglich? Eigentlich glaubt Rudel nicht an himmlische Mächte!
Über ihnen ertönt plötzlich Motorengeräusch. Deutsche Stukas fliegen über sie hinweg, zusammen mit zwei Fieseler „Storch“-Verbindungsflugzeugen – eine Maschine mit extremen Kurzstarteigenschaften. Und mit starkem deutschen Jagdschutz. Sie fliegen zum Dnjestr. Und suchen natürlich an der falschen Stelle! Offenbar hat Leutnant Fischer eine Rettungsaktion auf den Weg gebracht.
Doch nun kommen weitere Sowjets – mit Hunden! Spätestens jetzt ist es aus! Die Kolonne läuft nur hundert Meter von ihm vorbei – dann schwärmen sie aus. 50 Meter hinter ihm! Es ist nicht zu fassen, dass die Hunde ihn nicht gewittert haben! Die Suchmannschaft verschwindet langsam am Horizont in der Dämmerung.
Als es dunkel ist, steht Rudel auf und schleppt sich weiter. Gott hatte ihn doch nicht verlassen, es grenzt an ein Wunder! Den Kompass hatte er gerettet, Richtung Süden strahlt ein heller Stern. Den nimmt Rudel zur Orientierung. Die nackten Füße tun weh, doch Rudel hat keine Wahl.
Die Flucht will kein Ende nehmen. Vor Entkräftung nimmt Rudel das Risiko auf sich, an einem Gehöft zu klopfen. Zwei alte Leute haben ein Erbarmen – die zerlumpte Gestalt ist offensichtlich keine Gefahr. Rudel darf etwas schlafen und erhält Wasser und Brot. Gegen 22.00 Uhr bricht er wieder auf. Es regnet nun. Rudel quält sich weiter. Als die Sonne dämmert, trifft er auf ein Gespann. Ein Bauer und ein Mädchen. Rudel riskiert es – ohne Hilfe wird er hier nie herausfinden! Er fragt nach Essbarem – auf Deutsch, denn Russisch kann er nicht. Das Mädchen antwortet – auch auf Deutsch! Und gibt ihm etwas Gebäck. Die beiden flüchten auch vor den Russen, das Mädchen hatte wohl Kontakt zu deutschen Soldaten gehabt und dort Deutsch gelernt. Viel Verständnis bei den russischen Soldaten kann sie nicht dafür erwarten! Sie zeigt Rudel den Weg.
Schließlich erreicht Rudel völlig am Ende seiner Kräfte den Ortsrand von Floreşti. Und dort stehen auf einer Böschung zwei Männer in feldgrauen Uniformen. Rudel könnte heulen! Die beiden deutschen Soldaten können es nicht glauben, dass diese zerlumpte Gestalt ein Major sein soll, als er sich zu erkennen gibt. Da zeigt ihnen Rudel sein Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern. Er hatte es vorsichtshalber in die Tasche gesteckt, aber nicht weggeworfen. Die Soldaten bringen ihn zu einem Verbandplatz. Eigentlich nur ein Nachkommando – doch mit einem Arzt. Der versorgt sofort Rudels Durchschusswunde und die Füße. Und gibt ihm zu essen. Die herrlichste Mahlzeit seines Lebens!
Doch nun gibt es ein Problem – Rudels Kleidung ist zerschnitten. Wie transportiert man den Herrn Major zu seiner Einheit? Nackt? Man hüllt ihn in eine Decke!
So kommt Rudel auf dem Flugplatz in Bǎlţi an. Man hatte ihn schon telefonisch angekündigt, den nackten Herrn Major. Ein Drillichanzug liegt bereit! Mit einer Ju 52 geht es von dort zu seiner Einheit – nun angekleidet, versteht sich. Dort steht die gesamte Gruppe angetreten – mit strahlenden Gesichtern. Und Geschwaderkoch Runkel hat eine Torte gebacken. Auch eine Abordnung vom Fliegerkorps ist da – mit einem Arzt, der ihn bewachen soll. Rudel erhält Flugverbot und Zwangsurlaub.
Rudel kann seine Schulter kaum bewegen, sie ist dick verbunden. Laufen kann er auch nicht, geschweige denn ein Steuerpedal bewegen – jedenfalls nicht ohne Schmerzen. Der nächste Tag macht ihm das Ausruhen leicht – das Wetter erlaubt keine Starts. Doch am folgenden Tag verlegt die Gruppe nach Jassy (Iaşi). Man trägt Rudel ins Cockpit seines Stuka.
Tags darauf sind die Russen durchgebrochen. Wieder einmal sind keine eigenen Bodentruppen, die in der Lage sein könnten, den russischen Vorstoß aufzuhalten, zwischen dem Flugplatz der Gruppe und den sowjetischen Panzern. Also – was soll`s? Schmerzen hin oder her – Start! Unzählige härteste Einsätze gegen extrem starke Abwehr durch Jäger und Flak werden geflogen – geleitet von Major Hans-Ulrich Rudel, von dem der Moskauer Rundfunk bereits verbreitet, man habe ihn gefangen genommen. Rudel setzt seine Panzerstaffel ein, doch ein Kanonenvogel nach dem anderen wird unter seinem Hintern durch Flak beschädigt. Also wechselt er das Flugzeug, borgt sich die Ju 87 eines Kameraden. Am Ende des Tages fliegt nur noch Rudel einen Kanonenstuka. Der Rest ist in Reparatur. Rudel fliegt bis in die Nacht hinein, teilweise zwischen den Gruppeneinsätzen alleine oder zu zweit. Nun schließlich muss er auf eine „normale“ Ju 87 zurückgreifen. Eigenen Jagdschutz gibt es nicht, dafür jede Menge russische Jäger. Trotzdem schaffen es die Stukas, ihre Einsätze zu fliegen und durchzukommen. Nicht alle, aber viele – fast unglaublich. Rudel kämpft unermüdlich.
Am Ende des Tages hat Rudel 17 Panzer zur Strecke gebracht, zusammen mit dem Rest seiner Gruppe sind es über 30. Die Gefahr ist gebannt. Für heute.
Der nächste Tag wird nicht viel anders. Außer, dass Rudel bei einem Solo-Einsatz mit einem Kameraden zusammen einer Horde sowjetischer „Airacobra“-Jäger in die Arme fliegt. Eigentlich sollten die beiden Stukas Jagdschutz haben – der Teufel mag wissen, wo der steckt. Doch nun wird es gefährlich – im Gegensatz zu sonst oft sind diese russischen Piloten Spitzenkönner – sie verstehen ihr Handwerk. Und Rudel hat ein Handicap – seine Füße erlauben keine reaktionsschnellen Abwehrkurven. Rudel und sein Kamerad – der andere Stuka wird von Leutnant Fischer geflogen – nützen jede Schlucht. Im Tiefflug versuchen sie, die sowjetischen Jäger amerikanischer Bauart abzuhängen. Rudels Stuka wird durchsiebt – 7,6-mm-, vielleicht auch 12,7-mm-Geschosse erschüttern Rudels Flugzeug. Würde ihn die 3.7-cm-Kanone in der Propellernabe des Gegners erwischen – das wäre es dann! Alle nach Kräften geflogenen Ausweichbewegungen können Treffer nicht verhindern, auch sein Bordschütze Rothmann nicht, der Panik nahe. Dann hat dessen Maschinengewehr auch noch Ladehemmung! Rothmann schließt mit seinem Leben ab – wehrlos sieht er direkt nach hinten ins Mündungsfeuer der schnellen braunen Maschinen mit dem roten Stern auf Rumpf und Tragflächen. Trotzdem erreicht Rudel fliegend in einem zerschossenen Wrack seinen Flugplatz, gerade noch um Haaresbreite. Leutnant Fischer nicht.
Und Rudel startet erneut – mit der nächsten Maschine! Ob sieben Leben reichen? Die hat Rudel längst verbraucht! Am Abend sind es wieder neun Panzer weniger.
Am Tag darauf ist es still. Die Russen haben ihren Vorstoß abgebrochen. Und Rudel erhält am 29. März 1944 die bis dahin höchste deutsche Auszeichnung, das Eichenlaub mit Schwertern und Brillianten. Rudel empfängt den Orden in Salzburg. Er ist der zehnte deutsche Soldat überhaupt, der so geehrt wird. Ganz unterschiedliche Kameraden sind es, die diese Auszeichnung bisher erfahren haben. Sein ehemaliger Gruppenadjutant aus Caën ist nicht dabei!
Wenig später ist Rudel wieder bei seinen Männern. Sein Bordschütze ist nun Stabsarzt Dr. Gadermann. Die III. Gruppe des SG 2 liegt in Husi, nördlich von Focşani in Rumänien. Wieder folgt Einsatz um Einsatz. Allmählich wird es immer gefährlicher. Obwohl zeitweise die Jägerkameraden des Major Barkhorn vom JG 52 auf demselben Platz liegen, mangelt es immer häufiger an Jagdschutz.
Die Jäger wissen auch nicht mehr, wo sie überall gleichzeitig sein sollen. Auf der anderen Seite werden die russischen Jäger immer zahlreicher – und besser. Als Rudel mit zwei weiteren Stukas – ein Oberfeldwebel und Leutnant Fickel sind die Piloten – einen Einsatz fliegt, geraten sie an La-5 FN-Jagdflugzeuge. Schnelle Maschinen – und dieses Mal gut geflogen, was zum Glück nicht oft so ist – aber immer öfter! Die Maschine des Oberfeldwebels fliegt als brennende Fackel nach Westen, auch Fickels Ju 87 wird getroffen, er versucht verzweifelt zu entkommen. Und Rudel sitzt ein echter Könner im Genick!
Rudel kurvt – wieder einmal – um sein Leben und das seines Heckschützen. Gadermann ist gut, er feuert überlegt und gezielt. Aber diese La-5 lässt sich nicht abschütteln. Der große Nachteil des viel langsameren Sturzkampfbombers ist – richtig genützt – auch sein Vorteil: durch die niedrige Geschwindigkeit kurvt die Ju 87 enger als die schnellen Jäger, die meistens bei einer Haarnadelkurve vorbeizischen und erst wieder neu zum Angriff eindrehen müssen. Doch dieser russische Pilot kennt alle Kniffe, fährt sogar die Landeklappen aus, um langsamer zu werden und enger kurven zu können. Rudel kann sein Gesicht sehen, so nah ist der Bursche dran. Und Rudel sieht die Leuchtspuren der Geschosse – genauso nah dran. Die anderen La-5 halten nun Abstand, beobachten den Zweikampf. Nicht einmal im Tiefstflug verliert der Russe die Nerven – und sein Wild aus dem Visier.
Bis er überzieht. Vielleicht hat ihn auch Gadermann getroffen. Jedenfalls stürzt er ab und zerschellt. Sofort ist im Funkverkehr die Hölle los. Die übrigen russischen Piloten müssen so durcheinander sein, dass sie ihn nicht einmal verfolgen! Erst am Boden erfährt Rudel, dass man den russischen Funkverkehr abgehört hatte. Der sowjetische Pilot sei ein Flieger-Ass gewesen, mehrfacher „Held der Sowjetunion“. *4
Die russische „Dampfwalze“ ist nun nicht mehr aufzuhalten. T-34/85 stürmen in unübersehbaren Massen nach Westen, der Ostgrenze Deutschlands entgegen.
Zum Glück hatten es auch die anderen geschafft, der Oberleutnant mit einer Notlandung auf deutscher Seite. Gut, dass sie nicht abspringen mussten. Viele russische Jägerpiloten haben wenig Hemmungen, deutsche Flieger auch nach dem Aussteigen ins Jenseits zu befördern. Auch am Boden gibt es oft kurzen Prozess!
Juli 1944. Inzwischen ist die sowjetische Sommeroffensive im Gange, gegen die Heeresgruppe Mitte. Seit 22. Juni 1944 genau. Die deutsche Heeresgruppe ist bereits fast zerschlagen, die Lage ist mehr als kritisch. Rudels Gruppe wird nach Ostpreußen an die Ostsee versetzt – als Feuerwehr. Wieder einmal holt Rudel zwei abgeschossene und notgelandete Kameraden aus höchster Not heraus – mitten zwischen sowjetischen Truppen, die sich von mehreren Seiten den beiden Kameraden nähern. Es ist Fickel und sein Bordschütze! Rudel landet – trotz schwierigem Gelände. Oberleutnant Fickel und sein Bordschütze springen in die Maschine – und Rudel gelingt der Start, mitten im Geschosshagel. Über sich kurven die drei Staffeln der Gruppe mit Airacobra-Jägern ums nackte Überleben, einige geben im Tiefflug Schützenhilfe. Mit Ausnahme von Fickels Maschine kehren alle zurück.
Eigentlich kaum vorstellbar! Und doch ist es so.
19. August 1944. Kurland. Dieses Mal geht es schief. Treffer im Motor, Flak-Beschuss! Rudel versucht, die eigenen Linien zu erreichen. Er sieht nichts mehr, Öl verklebt die Scheibe. Dann setzt der Motor aus. Als Rudel sich auf der Erde wieder findet, steckt ein Metallteil in seinem Bein. Er ist eingeklemmt. Sein Bordschütze Gadermann befreit ihn. Der hat drei Rippen gebrochen. Wenig später brechen Soldaten durchs Gebüsch. Es sind Deutsche. Die letzten! Hinter ihnen kommt der Iwan...
An demselben Nachmittag startet Rudel mit der Gruppe erneut. Da sind sie wieder, an derselben Stelle, an der sie ihn heruntergeholt hatten. Rudel hat eine Rechnung offen. Ein Flakgeschütz nach dem anderen wird zum Schweigen gebracht, danach sind die Panzer dran. Die sowjetische Einheit wird völlig zerstört. Die Rechnung ist beglichen! Rudel hat sich seine Genugtuung gründlich verschafft.
1. September 1944. Rudel wird zum Oberstleutnant befördert. Ab 1. Oktober 1944 untersteht ihm das gesamte Schlachtgeschwader 2 „Immelmann“. Rudel fliegt wieder im Süden. Nun über Ungarn – soweit sind die Russen schon vorgestoßen. Die Rumänen hatten plötzlich die Fronten gewechselt, unverhofft hatten sich deutsche Einheiten umzingelt gesehen. Und doch erbittert weitergekämpft, bis die Munition ausging. Rudels Stukas hatten ihnen geholfen, solange es ging. Hört das eigentlich nie auf? Inzwischen fliegt Rudel bisweilen auch mit einer Focke-Wulf 190 – und wird einmal fast das Opfer feindlicher Jäger. Silbrigglänzender Jäger. Es sind US-Maschinen, Mustangs, die inzwischen regelmäßig von Italien einfliegen. Rudel kann noch auf dem Flugplatz landen und lässt sich im Rollen aus der Focke-Wulf fallen.
Kurz darauf schlagen die Geschosse in das führerlos weiterrollende deutsche Jagdflugzeug ein. Der Flugplatz ist nach dem amerikanischen Tiefangriff ein Trümmerhaufen. Rudel überlebt knapp mehrere US-Anflüge, die ihm unmittelbar gelten – als auf dem Rollfeld am Boden liegender deutscher Flieger.
17. November 1944. Sie starten von Farmos aus. Die Russen stehen dicht vor Goengjes (Gyŏngyös). Nach fünf abgeschossenen Panzern hat Rudel keine Munition mehr. Auch die übrigen der Panzerstaffel haben gut getroffen. Selbst den russischen Yak-9 entkommen sie – wieder einmal.
Einer der von Rudel getroffenen Stahlmonster ist ein neues Modell – weder ein T-34 noch ein JS-2 „Stalin“, auch kein Sherman amerikanischer Bauart. Das lässt Rudel keine Ruhe. Er ist bereits auf dem Rückflug – dann dreht er um – alleine.
Das hätte er besser nicht tun sollen.
Beim Überflug des rauchenden Wracks knallt es in Rudels Maschine. Ein stechender Schmerz durchglüht seinen linken Oberschenkel. Das Bein blutet stark, Rudel kämpft mit dem Verlust seines Bewusstseins. Doch die brave Ju fliegt noch. Irgendwann vor Budapest taucht der Platz einer Jägereinheit auf. Rudel schafft es herunter. Und wacht auf dem Operationstisch auf. Durch- und Steckschuss, 13 Millimeter! Dann ein Sanatorium am Plattensee. Sechs Wochen Bettruhe mit dem Bein im Gips!
Man sollte Rudel kennen! Die Flucht vom Plattensee ist nicht so abenteuerlich wie die über den eisigen Dnjestr, doch genauso erfolgreich. Acht Tage später fliegt Rudel wieder Einsätze in seinem Kanonen-Stuka. Mit einem Bein im Gips! Und baut wenig später in seiner Focke-Wulf nach Verfolgung sowjetischer „Stormoviks“ samt Gipsfuß dank Motorschaden eine erfolgreiche Notlandung ...
Am 1. Januar des Jahres 1945 wird Rudel erneut ausgezeichnet. Mit einem Orden, den es gar nicht gibt. Es ist die höchste deutsche Auszeichnung – speziell für Rudel geschaffen – Oberst Rudel, seit heute. Das goldene Eichenlaub mit Schwertern und Brillianten wird für Hans-Ulrich Rudel erfunden. Er wird der einzige Träger dieser Auszeichnung bleiben. Und der einzige Nicht-Ungar, der die höchste ungarische Auszeichnung erhält, die goldene Tapferkeitsmedaille. Sie folgt Mitte Januar 1945. Nur sechs Ungarn erhalten diese Ehrung neben Rudel.
– = Frontlinie 28.10.1944
Es ist der Zeitpunkt. in dem sich die Alarmmeldungen überschlagen. Die Sowjets sind aus dem Baranow-Brückenkopf vorgestoßen und fallen nun in Schlesien ein. In Rudels Heimat! Rudel bittet sofort, seine Einheit von Ungarn aus in die Krisenregion verlegen zu dürfen. Da man ihn dort braucht, wird dem stattgegeben. Doch – man bräuchte ihn auch in Ungarn. Eigentlich bräuchte man ihn überall! Was macht eine Feuerwehr, wenn es ringsherum brennt? Wie sagte ein sowjetischer Fliegermajor über Rudel? „Dieser Mann ist alleine so wertvoll wie eine ganze schlagkräftige Division!“
Bis auf die I. Gruppe verlegt das SG 2 am 15. Januar 1945 nach Udetfeld in Oberschlesien. Die Bodenwarte und das Waffenpersonal fliegen in den Stukas mit, da es an Transportmaschinen mangelt. 20 Minuten nach dem Eintreffen in Udetfeld starten die Stukas wieder. Bereits zum ersten Einsatz! Acht Panzer brennen, als der Panzerstaffel die Munition ausgeht.
Rudel darf seit der Beförderung zum Oberst nicht mehr fliegen. Er sei zu wertvoll geworden. Doch was könnte Rudel davon abhalten, das zu tun, was er als seine Pflicht empfindet? Nicht einmal ein ausdrücklicher „Führerbefehl“! Obwohl eine Befehlsverweigerung nicht ungefährlich ist. Aber würde man den höchst dekorierten Soldaten der kompletten Wehrmacht an die Wand stellen? Nur weil er kämpft – für seine Heimat? *5
Jedenfalls werden seine Abschüsse jetzt nicht mehr ihm persönlich zugeordnet, sondern dem Geschwader als Ganzes. So fällt es nicht so auf, dass er befehlswidrig weiterfliegt – und weiterschießt. Und weiter trifft. Vorübergehend gelingt die Verschleierung. Denn auf die Dauer lässt sich das sprunghafte Ansteigen anonymer Abschüsse nicht mehr verbergen. Früher konnten die doch auch einer bestimmten Besatzung zugeordnet werden! Rudel wird energisch ermahnt – von Göring, dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe persönlich! Was ihn nicht daran hindert, weiterzukämpfen. Und zu fliegen. Nichts und niemand kann ihn davon abhalten.
Die Feuerwehr wird nach Märkisch Friedland verlegt. Rudel fliegt nun eine Ju 87 G-2 mit Bk 3,7. Die Maschine ist weiß getarnt, mit Unterbrechungen, durch die man den grüngrauen Sommeranstrich streifenförmig hindurchsieht. Es ist Winter, Schneetreiben. Extreme Kälte. Manchmal versagen sogar die 3,7-cm-Kanonen der Panzerjäger. Es ist zum Heulen! Und die Russen stoßen vor, in Massen, Hunderte, Tausende. Sie rächen sich jetzt an den von ihren schnellen motorisierten Truppen eingeholten deutschen Flüchtlingen, die mit Panjewagen-Trecks verzweifelt zu entkommen versuchen, und den in den ostdeutschen Dörfern Zurückgebliebenen für die Gräueltaten der SS, bisweilen auch der Wehrmachtstruppen in ihrem Land. Deutsche Soldaten, die auf Hitlers Befehl der „Verbrannten Erde“ auf ihrem Rückzug zusätzlich zu den vielen Toten im Zuge der Partisanenkämpfe – auch statuierten Exempeln an der Zivilbevölkerung – alles an Sachwerten zerstört hatten, was der nachrückenden Roten Armee von irgendeinem Wert sein könnte. Jeden Ort, oft jedes Haus. Der Rachedurst mancher Russen ist erklärbar. Viele deutsche Frauen und Mädchen erfahren nun im Gegenzug bitteres Leid durch die Sowjetsoldaten. Berichte über Massenvergewaltigungen machen die Runde, bisweilen bis zum Tod. Ganze Flüchtlingstrecks werden einfach zusammengeschossen. Rudels Entschlossenheit steigt noch weiter, er fliegt oft zigmal am Tag. Auch der Rest seiner Einheit. Die Verluste häufen sich.
Deutscher „Landser“.
Ostwärts Deutsch-Krone (Walcz) und bei Schoppe fügen die fliegenden Panzerabwehrverbände des SG 2 den sowjetischen Panzern schwerste Verluste zu. Was die Gesamtlage so viel beeinflusst wie ein Tropfen auf den heißen Stein.
Anfang Februar 1945 ist Frankfurt an der Oder bedroht. Rudels Schlachtgeschwader 2 wird nach Fürstenwalde verlegt.
Sie kämpfen und fliegen und kämpfen – und sterben. Trotz aller Erfolge ist es deprimierend zu sehen, dass für jeden abgeschossenen Panzer fünf neue erscheinen. Doch manchmal gibt es eben auch noch Erfolgserlebnisse. Diese Erlebnisse sind es, die zum Weiterkämpfen motivieren und Kraft geben, wo keine mehr verfügbar und denkbar erscheint.
So an jenem kalten Februartag, als Rudels Stukas eine kleine Gruppe deutscher Soldaten entdeckt. Östlich der Stadt Frankfurt an der Oder. Sie sind von sowjetischen Panzern umzingelt, die sich soeben anschicken, den armen Schweinen da unten den Garaus zu machen.
Rudel wird das Bild der vor dem sicher geglaubten Tode Geretteten, wie sie ihre Stahlhelme vor Freude in die Luft werfen, nie mehr vergessen.
Es gibt Kraft – und dem grausamen Töten scheinbar einen Sinn.
– = Frontlinie 8.2.1945
9. Februar 1945. Alarmmeldung! Die Russen haben bei Lebus eine Pontonbrücke gebaut und die Oder überschritten. Hier stehen keine deutschen Truppen. Bis Berlin sind es von hier aus 80 Kilometer!
Rudel startet sofort. Die Panzerstaffel fliegt wie immer ihre Kanonenstukas, der Rest ist mit Bomben ausgerüstet. Über Lebus wird ihnen ein warmer Empfang bereitet. Stahlteile „made in Russia“ in allen Arten – und gut gezielt. Die sowjetischen Flak-Kanoniere scheinen versiert zu sein, sie schießen ohne Leuchtspur. So können sie zwar die Flugbahn ihrer Geschosse nicht kontrollieren – doch es ist auch schwer auszumachen, wo die Geschütze stehen. Und somit ist es schwer, sie auszuschalten.
Wo sind die Panzer? Während sich die bombenbeladenen Stukas auf die Pontonbrücke stürzen, sucht die Panzerstaffel ihre Opfer. Viel Sinn macht die Zerstörung der Brücke eh nicht – spätestens einen halben Tag später wird sie wieder stehen! Bei den Panzern ist das schon anders!
Rudel verfolgt die Spuren im Schnee – aha! Da also sind sie! Gut getarnt in kleinen Geländemulden nördlich der Stadt Lebus kann Rudel die gesuchten Kampfwagen ausmachen – T-34 und die neuen „Stalin“ JS-2-Panzer mit 122-mm-Kanone. Das russische Gegenstück zum deutschen „Tiger“ – inzwischen. Mit einer Panzerung, die dick genug ist, um für ein Panzerabwehrgeschütz einen Volltreffer aus nächster Nähe zu benötigen, will man sie durchdringen. Jedenfalls von vorne! Und einer Kanone, die großkalibrig genug ist, um die ebenso mächtige Panzerung des „Tigers“ auf ebenbürtiger Distanz zu durchschlagen. Ein Patt auf Ketten also! Ein Panzer, der für die Bodentruppen eine noch härtere Nuss darstellt, als es der T-34 mit seiner aufgerüsteten 85-mm-Kanone inzwischen eh schon ist.
„Josef Stalin“ JS-2.
Dieser Panzer ist mit seiner 12,2-cm-Kanone die Antwort der Roten Armee auf den Tiger I der Deutschen.
Rudel dirigiert seine Männer. Wenn die Flak auf ihn schießt, sollen die anderen sich den Standort merken – das Mündungsfeuer der Geschütze ist nicht zu verbergen. Und während seine Kameraden die Flugabwehrgeschütze ausschalten sollen, wird er sich die Panzer vornehmen!
Nach vier zerstörten Panzern hat Rudel keine Munition mehr. Rudel fliegt zurück, tankt auf, lässt nachladen. Dann startet die Gruppe erneut. Rudels Stuka erhält Treffer. Also nimmt sich der Kommodore beim nächsten Einsatz eine andere Maschine. Beim vierten Einsatz nun schon die dritte. Doch zwölf Panzer brennen inzwischen! Ein dreizehnter ist getroffen – ein „Josef Stalin 2“!
Brennen will er nicht, der Koloss.
Rudel hat sich in den Kopf gesetzt, dass er es muss! Aus 800 Meter Höhe fliegt er an, mitten hinein ins wütende Flakfeuer. Er fliegt Schlangenlinie, seine Ju 87 unkalkulierbar um die Längsachse rollend. Dann kurz stillhalten – Schuss – und nichts wie weg. Der Schuss trifft. Der Panzer brennt – immer noch nicht.
Also noch mal, mit der letzten verbleibenden Granate. Die Zahl 13 hätte Rudel eigentlich warnen sollen! Ach was – alles Aberglaube! Noch näher ran – noch näher – jetzt! Feuer! Rudel trifft abermals – und der Sowjetpanzer brennt! Endlich!
Unmittelbar danach brennt auch Rudels Stuka. Ein unerträglicher Schmerz durchglüht Rudels rechtes Bein, Rudel verliert das Bewusstsein. Im letzten Moment fängt er sich, ruft seinen Bordschützen, den Arzt Dr. Gadermann. Der ist alarmiert – und dirigiert Rudel nach unten. Er brüllt – nur so ist Rudel bei Bewusstsein zu halten! „Ziehen!“ Rudel wacht wieder auf. Und fängt das Flugzeug. „Ziehen !!!“ Wieder zieht Rudel den Steuerknüppel an seine Brust – und verhindert so das Abschmieren des Stuka. Die Maschine brennt – da kommt der Boden! Hügelig, ungünstig. Verdammt. Es kracht, quietschende Schleifgeräusche erfüllen das Cockpit. Dann wird es dunkel um Oberst Rudel ...
Als er wieder aufwacht, sieht er in das grelle Licht einer Operationslampe. Um ihn herum stehen Ärzte. Rudel fühlt nach seinem rechten Bein. Und findet es nicht.
Ist es weg? Der Arzt nickt wortlos. Dann erklärt er Rudel, dass es nicht anders ging. Das Bein sei bereits nicht mehr da gewesen, als Rudel eingeliefert worden sei. Das russische Geschoss hatte es zerfetzt.
Wieso er denn an dem anderen Bein noch einen Gipsverband habe, fragt der Arzt ...
Rudel wird in Berlin in ein bombensicheres Lazarett eingeliefert. Der Erste, den er neben seiner Frau kommen lässt, ist ein Spezialist für Beinprothesen. Dieser wehrt sich, das sei noch viel zu früh!
Sechs Wochen später. Ein Flugzeugmechaniker springt von der Tragfläche der Ju 87, die Oberst Rudel geflogen hatte. Er hat einen Eimer Wasser in der einen Hand, einen Lappen in der anderen. Der Mechaniker geht einige Meter weiter und leert den Eimer aus. Das Wasser ist blutig.
Er macht das nun mehrfach täglich, der Mechaniker. Jedes Mal, wenn Oberst Rudel mit seinem blutenden Bein wieder gelandet ist, putzt er hinterher das Cockpit. Wie der überhaupt landen kann – mit nur einem Bein? Wie bedient man mit einem Bein zwei Fußpedale? Eine passende Prothese hat er nicht, der Herr Oberst. Das ist wohl noch zu früh! Er hat halt eine provisorische. Die passt nicht, klar!
Wie bedient man mit einem Bein zwei Pedale? Ganz einfach! Drückt man mit dem linken Fuß auf das linke Pedal, so ist es, wie wenn man auf das linke Pedal drückt – klar. Zieht man dagegen mit dem linken Fuß am linken Pedal – indem man unter das Pedal hakt – dann ist es, wie wenn man mit dem rechten Fuß auf das rechte Pedal drückt. Dem rechten Fuß, der nicht mehr da ist! So einfach ist das!
Rudel ist nicht der einzige Pilot, der ohne Beine fliegt. Doch Douglas Bader – jener Brite, der vor dem Krieg mit einem Doppeldecker verunglückte - hatte wenigstens Prothesen. Dafür hatte er zwei Prothesen – denn er hatte beide Beine verloren. Der Brite Bader war wie Adolf Galland auf deutscher Seite seit der Luftschlacht um England als Jäger-Ass bekannt. Im Sommer 1941 hatte er über Frankreich abspringen müssen. Dabei waren seine Prothesen beschädigt worden. Dass Adolf Galland Bader zu sich nach St. Omer holte und per Funk organisierte, dass die Engländer ihm ein Paar Ersatzprothesen per Fallschirm abwerfen konnten, vergisst Bader den Deutschen nie.
8. Mai 1945. Die Schlacht an der Oder – an den Seelower Höhen (am 14. bis 19. April) – ist längst verloren. Sechs schwere Tage lang hatten es die taktisch wohlüberlegt und sehr geschickt geführten, jedoch völlig hoffnungslos unterlegenen deutschen Verbände noch einmal geschafft, dem gigantischen sowjetischen Ansturm standzuhalten. Sie hatten dabei etwa 12.000 Mann verloren. Die Rote Armee (1. Belorussische Front) hatte wieder einmal vielfach stärker gelitten. Etwa 33.000 russische Soldaten fielen, ferner 2.300 unter russischer Führung kämpfende Polen. Circa 100.000Rotarmisten waren verwundet worden, 727 russische Panzer wurden vernichtet, addiert man ab 1. April 1945, sind es etwa 2.800. Eine enorme Anzahl! Doch der Weg nach Berlin war ab 19. April 1945 frei. Berlin – inzwischen nun auch in russischer Hand. Ruine um Ruine und Hinterhof um Hinterhof erkämpft, Mann gegen Mann – ein letztes Stalingrad …
Zum Schluss wird selbst noch in den Abwasserschächten gekämpft …
Der Ansturm beginnt ...
So genannte „Nebelwerfer“, ein Name, der nur den eigentlichen Zweck der deutschen Raketenwerfer „vernebeln“ soll. Die Wirkung ist ähnlich vernichtend wie im Falle der sowjetischen „Stalinorgel“-Raketen.
Sowjetischer T-34/76 im Angriff mit aufgesessener Infanterie.
Obwohl er im Jahre 1945 veraltet ist und längst durch das Nachfolgemodell T-34/85 oder gar die JS-2-Panzer ersetzt wird, wird der altbewährte Kampfwagen bis zum Kriegsende eingesetzt.
Soldaten der Roten Armee mit einem wassergekühlten Maschinengewehr arbeiten sich voran.
Feldartillerie der sowjetischen Streitkräfte nimmt deutsche Widerstandsnester in den Ruinen von Berlin unter Feuer.
das letzte Aufgebot – Jugendliche und abgekämpfte Männer. Doch auch reguläre Einheiten kämpfen geradezu verbissen.
Dieses Foto zeigt die Gnadenlosigkeit der Kämpfe exemplarisch. Gegen deutsche „Gewohnheiten“ ist dieser Panzer V „Panther“ an einer Straßenkreuzung eingegraben. Nur der Turm ragt hervor und bietet ein niedriges Ziel. Doch ist der Panzer einmal seitlich ausmanövriert, hat die festsitzende Besatzung im feindlichen Feuer keine Entkommenschance mehr.
Ein offensichtlich dank seines Gewichtes eingebrochener und anschließend aufgegebener, vielleicht auch zerstörter Panzer VI Tiger II “Königstiger“.
Sowjetische Infanterie im Straßenkampf.
Der Kampf bis zur letzten Patrone wird mit gnadenloser Entschlossenheit geführt – bis zum bitteren Ende, für viele unter bemerkenswert tapferem, doch sinnlosem Opfer ihres oft blutjungen Lebens. Der Kampf Haus um Haus, Straße um Straße bis in die Kanalisation hinein fordert noch einmal etwa 92.000 tote deutsche Soldaten und 200.000 Verwundete – sowie mindestens (offiziell) 81.000 gefallene und 280.000 verwundete Russen und Polen. Über 800 sowjetische Panzer werden alleine in Berlin im Straßenkampf zerstört.
Im Nahkampf zerstörter russischer T-34/85 in Berlin. Für die deutschen Soldaten im Hintergrund ist die Schlacht geschlagen, sie gehen müde in sowjetische Gefangenschaft – es ist vorbei.
Es ist vorbei! Ein geschlagener, deprimierter deutscher Soldat vor den brennenden Ruinen des Reichstages in Berlin.
Hitler ist tot. Rudels Einheit – das, was noch übrig ist – fliegt einen letzten Kampfeinsatz bei Brüx (Most) in der Tschechoslowakei. Als Rudel mit seinen Männern landet, erfährt er von der bedingungslosen Kapitulation. Rudel wird es unendlich schwer ums Herz. Er lässt seine Männer antreten. Die Ansprache fällt ihm nicht leicht: „Nachdem wir so viele Kameraden verloren haben, ... hat ein unverständliches Schicksal uns nicht vergönnt, den Krieg zu gewinnen.“ Die Bodenmannschaften werden zu Fuß in Richtung Westen geschickt. Nordwestlich von Prag laufen sie russischen Truppen in die Arme. Die lassen sie weiterziehen, nachdem sie ihre Waffen abgegeben haben. Nach wenigen Kilometern stehen sie tschechischen Partisanen gegenüber. Die meisten werden sehr grausam ermordet.
Rudel selbst fliegt mit den letzten Maschinen seiner Gruppe nach Süddeutschland. In Kitzingen stehen die Amerikaner zum Siegesappell. Sie sind verblüfft, als plötzlich Deutsche landen. Bis auf eine Maschine (deren Pilot seine Freundin im Flugzeugrumpf mitführt) produzieren alle Flugzeugführer weisungsgemäß eine bewusste Bruchlandung, um den US-Truppen keine flugfähige Maschine zu hinterlassen. Rudel weiß noch nicht, dass die Amerikaner seinen Kameraden und ihm alle noch nicht abgenommenen persönlichen Gegenstände einschließlich seines unersetzlichen Flugbuches, in dem jeder Einsatz dokumentiert ist, während des Schlafes stehlen werden. Auch jede medizinische Hilfe wird ihm verwehrt, trotz blutender Wunde. Das ändert sich erst in England, wohin der Gefangene schließlich überstellt wird, als Rudel einem britischen Piloten namens Douglas Bader begegnet ...
„Josef Stalin“ JS-2-Panzer der Roten Armee im Zentrum Berlins. Auch Rudels aufopfernde Gegenwehr ist nicht in der Lage, dieses zu verhindern.
Hans-Ulrich Rudel fliegt im Zweiten Weltkrieg die von keinem anderen Piloten auch nur annähernd erreichte Zahl von 2.530 Einsätzen. Er zerstört mehr als 519 sowjetische Panzer, versenkt ein Schlachtschiff, einen Kreuzer, einen Zerstörer und über 70 Landungsboote. Zudem fallen neun gegnerische Flugzeuge seinen Bordkanonen zum Opfer, davon sieben Jagdflugzeuge und zwei Il-2 „Stormovik“-Schlachtflugzeuge. Nach US-Maßstäben wird Rudel dadurch auch zum Jäger-Ass. Ferner gehen etwa 800 Fahrzeuge und mehr als 150 Geschütze auf sein Konto, Panzerzüge und Brücken sind dabei noch gar nicht mitgezählt.
Rudel wird über dreißigmal durch Flugabwehrgeschütze abgeschossen. Er wird fünfmal verwundet und rettet sechs notgelandete Besatzungen (eine davon zweimal) vor Gefangenschaft oder – wahrscheinlicher – vor dem Lynchmord durch sowjetische Truppen.
Hans-Ulrich Rudel überlebt entgegen aller Wahrscheinlichkeits-Arithmetik den Krieg!
Hans-Ulrich Rudel.
*1vergleiche hierzu: „Kursk – the air battle: July 1943“/Classic Publications 2007/Christer Bergström.
*2Quelle: „Kursk – the air battle: July 1943“/Classic Publications 2007/Christer Bergström, S. 41.
*3 „Operation Zitadelle – Die größte Panzerschlacht des Zweiten Weltkrieges“/Edition Dörfler im Nebel Verlag/Wolfgang Fleischer und Richard Eiermann.
*4Manche Autoren vermuten Polkovnik Lev Shestakov, offiziell abgeschossen am 13. März im Kampf gegen Ju 88.
*5Es ist nach dem Krieg viel geschrieben worden über die Grundhaltung Hans-Ulrich Rudels. Der Autor will hier ganz bewusst kein weiteres Kapitel irgendeiner Bewertung aufschlagen, denn dieses Buch versteht sich nicht als ein politisches Werk. Fest steht jedoch, dass im Gegensatz zu vielen anderen Offizieren und Soldaten, die primär die Pflichterfüllung ihrer Heimat gegenüber zum Durchhalten bewegte, Rudel zudem auch politisch „linientreu“ war. Dies soll nicht unerwähnt bleiben, ändert aber an den hier allein thematisierten rein soldatischen Erfolgen nichts.