„Ach Gott, wer kümmert sich heute in der Jägerei um Kräftevergleiche? Wenn ich Ihnen sage, dass rund 5.000 alliierten Flugzeugen 350 eigene gegenüberstehen, können Sie sich ja die zahlreichen Abschusschancen ausrechnen ...!“
Adolf Galland, General der Jagdflieger.
Ob das Schicksal weiß, was es tut, wenn es das Flugzeug auswählt, in das man einzusteigen hat? Die deutschen Soldaten, die im April des Jahres 1943 in Sizilien an Bord der dreimotorigen Junkers Ju 52-Transportflugzeuge gehen, werden eingeteilt. Flugzeug um Flugzeug füllt sich mit Männern, Waffen und Munition. Sie werden das berühmte Afrikakorps verstärken. Es gilt fast als eine Ehre, in dieser Truppe zu kämpfen, die unter Generalfeldmarschall Erwin Rommel noch vor wenigen Monaten halb Nordafrika von Libyen bis kurz vor den Nil unter ihre Kontrolle gebracht hatte. Und die Engländer so oft brillant an der Nase herum geführt hatte. Dank ihrem Kommandeur, dem legendären „Wüstenfuchs“. Vor einigen Monaten!
Das war vor den ersten schweren Niederlagen der deutschen Wehrmacht im russischen Stalingrad und ägyptischen El Alamein. Wie schnell sich das Blatt wenden kann! Rommel! Ihm wäre es zuzutrauen, selbst jetzt das Ruder herumzureißen! Die deutschen Landser sitzen mit gemischten Gefühlen in den Rümpfen der robusten, doch langsamen Ju 52-Transportflugzeuge. Hier drin sind sie wehrlos. Hoffentlich sind sie bald drüben in Tunesien!
Die Räder der nicht einziehbaren festen Fahrwerke der ehemals als Passagierflugzeuge konstruierten Transporter rumpeln über die staubige Piste der Startbahn. Dann heben die plumpen Dreimotorigen ab. In majestätischer Formation geht es im Tiefflug über die Wellen des Mittelmeers. Dieses Meeres, welches nun längst den Briten und Amerikanern gehört. Kaum ein deutsches und italienisches Schiff kommt mehr ungefährdet durch bis nach Tunis oder Bizerta. Die alliierten U-Boote, Kampfschiffe, schweren viermotorigen Bomber und Mittelstreckenbomber sind eine allgegenwärtige Gefahr.
Auch die amerikanischen und britischen Jäger! Nur nicht daran denken! Es wird schon gut gehen!
Keiner der Soldaten an Bord der Transportflugzeuge macht sich allzu viele Illusionen über den Kampfwert des einen Abwehr-Maschinengewehres am Rumpfrücken ihrer lahmen Mühlen. Die Junkers Ju 52 sind Transportflugzeuge, keine Kampfflugzeuge! Sie sind dazu gedacht, im sicheren Luftraum des Hinterlandes zu operieren. Na ja, spätestens seit Stalingrad ist das wohl graue Theorie!
Es wird schon gut gehen!
Nur nicht daran denken!
Da draußen kurven ein paar eigene Jäger als Begleitschutz herum. Immerhin beruhigend, dass die da sind. Viele scheinen es nicht zu sein.
Der Flug über die 250 Kilometer breite Meeresenge zwischen Sizilien und dem Kap Bon in Tunesien dauert etwa eine Stunde. Sechzig lange Minuten.
Sie vergehen quälend langsam.
Der Schrei trägt alle Anzeichen blanken Entsetzens:
„Jäger! Wir werden angegriffen!“
Verflucht! Verdammt, um Gottes Willen! Feuerstöße bellen durch den Himmel.
Dann bricht die erste Ju 52 in einem Feuerball auseinander. Offenbar hatte sie Treibstofffässer an Bord. Hektik bricht aus unter den Soldaten. Da, die Nächste! Wieder eine! Um Himmels Willen! Der Rumpfschütze oben feuert. Ein Feindjäger saust vorbei – mit zwei Rümpfen. Eine „Lightning“ – ein amerikanischer „Gabelschwanzteufel“. Mit der Feuerkraft von einer 20-mm-Kanone und vier Maschinengewehren! Wo sind unsere Jäger? Helft uns doch!
Herrgott noch mal, tut doch was! Die Soldaten zerschlagen die Fensterscheiben des Transportflugzeuges, welches hilflos plumpe Abwehrmanöver fliegt. Dann halten sie ihre Maschinengewehre aus den Fenstern und feuern auf jede Doppelrumpfsilhouette in ihrem Schussfeld. Doch das ist klein bemessen. Der tote Winkel vorne und hinten unter dem Transportflugzeug lädt den Gegner genauso ein wie der klassische Anflugwinkel von hinten oben. Den verzweifelt hoffnungslosen Abwehrfeuerstößen des einzelnen oberen Rumpfschützen zum Trotz. Er hat keine reelle Chance.
Als die Geschosse in den voll besetzten Junkers-Transporter einschlagen, richten sie ein grausames Blutbad an. Wenig später ist es vorbei. In einer Gischtwolke zerschellt der Nachschub für Rommels ehemaliges Afrikakorps in den Wogen des Mittelmeeres.
April 1943. Erwin Rommel selbst ist inzwischen nicht mehr bei seiner Truppe. Als die Amerikaner und Engländer am 8. November 1942 in Französisch-Marokko, aber auch bei Oran und Algier an Land gehen, können sie sich nicht vorstellen, mit welcher logistischen Effektivität und Kaltblütigkeit die völlig überraschten Deutschen reagieren würden. Die hatten die feindlichen Schiffe zwar entdeckt, aber für Nachschub-Konvois auf dem Wege nach Malta gehalten, die man bei der Annäherung an Sizilien in Empfang nehmen wollte – wie schon so oft. Dass sie Invasionstruppen transportieren, ist ein Schock!
Nachdem die zunächst – allerdings nur teilweise – durchaus ernsthaft Widerstand leistenden französischen Truppen der Vichy-Regierung Frankreichs nach drei Tagen auf Befehl Admiral Darlans die Waffen strecken, ist der Weg nach Tunis frei. Sie werden sich später auf Anordnung General Juins den Amerikanern und verhassten Briten anschließen. 1.346 Franzosen und 479 Alliierte waren durch die Kämpfe getötet worden. Doch der Vormarsch rollt. Vom französisch kontrollierten Tunesien aus wäre dann schließlich italienisches Heimat-Territorium bedroht. Es ist das nahe liegende Ziel der Alliierten.
Amerikanische Diplomatie hatte im Vorfeld ganze Arbeit geleistet und den Weg zu einer möglichst widerstandslosen Landung im französischen Herrschaftsgebiet geebnet. Dennoch war das Verhalten der mit Deutschland unfreiwillig verbündeten Franzosen in den nordafrikanischen Kolonien Französisch-Marokko, Algerien und Tunesien nicht vorhersehbar gewesen. In Syrien hatten die Vichy-Truppen den einmarschierenden Engländern im Sommer 1941 immerhin heftige Gefechte geliefert. Im Falle eines langfristigen Scheiterns der Operation hätten die Franzosen deutsche Vergeltung zu befürchten, falls sie sich nicht zur Wehr gesetzt hätten. Allerdings – im Falle des Erfolgs will man auch nicht auf der falschen Seite stehen. Schließlich ist (halb) Frankreich von den Deutschen besetzt. Auch wenn diese der französischen Regierung in Vichy eine komfortable Teilselbstständigkeit gewähren, welche den Franzosen in Nordafrika kein unangenehmes Leben beschert – es bleiben Besatzer.
Zumindest in Frankreich selbst – von Tunesien bis Französisch-Marokko stehen keine deutschen oder italienischen Militärverbände. Andererseits sind die Briten nicht gerade beliebt unter den Franzosen, nachdem deren Marine am 3. Juli 1940 den Großteil der französischen Flotte in Mers-el Kebir bei Oran einfach versenkt hatte, damit die Schiffe nicht der deutschen Kriegsmarine zu Hilfe kommen könnten. 1.300 französische Matrosen waren damals britischen Granaten zum Opfer gefallen. Nur, weil sich die Vichy-französischen Offiziere nicht den forsch fordernden Briten unterstellen wollten – was energische deutsche Repressalien im Mutterland zur Folge gehabt hätte. Es ist nicht vergessen!
Die Landungen scheitern nicht. Auch nicht die amerikanischen Überredungskünste ...
Zwischen Algier, der östlichsten alliierten Landungsstelle, und dem Etappenziel Tunis liegen nun nur noch 600 Kilometer Bergland des Atlas-Gebirges und ein Küstenstreifen. Soldaten der Achsenmächte Italien und Deutschland gibt es hier nicht. Doch bereits zwei Tage später ist ein improvisierter deutscher Brückenkopf errichtet. Mit einer Luftbrücke und kleinen Küstenschiffen strömen Invasionstruppen aus Sizilien in das französisch besetzte Tunesien. Drei Wochen später sind es bereits 15.000 gut ausgerüstete deutsche Soldaten, ferner 9.000 Italiener, die sich den etwa 75.000 Amerikanern und Briten und der französischen Sahara-Kavallerie entgegenstellen. Virtuos bringen die gut geführten deutsch-italienischen Truppen die Bergpässe am Rande der tunesischen Ebene in ihren Besitz und werfen die bereits weit vorgerückten alliierten Spitzen zurück, die schon Tunis erreicht hatten. Ab 18. November 1942 kämpfen auch die tunesisch-französischen Einheiten (19. Korps, 60.000 Mann) gegen die Achsentruppen.
Der anglo-amerikanische Vorstoß kommt hinter der algerischen Grenze Tunesiens zum Stehen. Inzwischen besetzen die Deutschen auch den bisher teilselbstständigen Süden Frankreichs, dessen Regierung in Vichy allerdings nie völlig frei agieren konnte. Auch in Nordafrika standen die örtlichen Befehlshaber gewissermaßen unter politischer „Aufsicht“.
Die noch unerfahrenen anglo-amerikanischen Einheiten holen sich derweil ihre ersten bitteren Lektionen – am Boden wie in der Luft. Trotz drastischer zahlenmäßiger Überlegenheit.
Dies führt zu einer Verzögerung von vollen fünf Monaten – und bestätigt Hitler in seiner hochnäsigen Einschätzung, dass den US-Truppen mit entschlossener Gegenwehr problemlos zu begegnen sei. Fatalerweise führt dies dazu, dass nun mit noch größerem Nachdruck alle verfügbaren Reserven aus Italien nach Tunesien verlegt werden. Munter hinein in eine auf Dauer nicht zu haltende Falle.
Ende Januar 1943 stehen über 100.000 deutsche und italienische Soldaten in Tunesien. Die Verstärkungen erreichen ironischerweise ein Ausmaß, welches die Unterstützung Rommels vor El Alamein bei weitem übersteigt. Jetzt, als es zu spät ist, sind die Truppen da, die der Wüstenfuchs damals so dringend für den zum Greifen nahen endgültigen Sieg über die 8. Armee Montgomerys benötigt hätte.
General Montgomerys überlegene Streitmacht hatte inzwischen Rommels Afrikakorps den gesamten Weg von Ägypten bis nach Tunesien vor sich hergetrieben. Ganz zutreffend ist dieser Begriff allerdings nicht. An mehreren Stellen hatte das Afrikakorps die 8. Armee immer wieder in geschickten und entschlossenen Rückzugsgefechten zum Stehen gebracht – bis Montgomery seine Truppen formiert und zum Großangriff gruppiert hatte. Als der dann erfolgte, war Rommel plötzlich weg – wieder einmal. Bis zur nächsten Auffanglinie! Und dem nächsten „Katz-und-Maus“-Spiel. Doch auch dieses Wort ist nicht ganz passend. Von einem „Spiel“ kann keine Rede sein – von Anfang an nicht.
Die bitteren Verluste, welche die zahlenmäßig immer überlegener angreifenden britischen Mittelstreckenbomber und Jagdbomber den Männern des Afrikakorps auf den offenen und deckungslosen Rückzugspisten zufügen, fallen mehr ins Gewicht als die vergeblichen Versuche Montgomerys, den Truppen seines Erzfeindes Rommel eine weitere Niederlage zuzufügen. Sie hinterlassen einen tiefen Eindruck bei Erwin Rommel in Bezug auf die Frage, welchen strategischen Wert eine Luftüberlegenheit des Gegners besitzt. Die deutschen Jäger geben ihr Letztes, doch verhindern können sie es nicht.
Anfang des Jahres 1943 hat sich das Afrikakorps in Tunesien in einer hervorragend ausgebauten Abwehrlinie verschanzt, der Mareth-Linie. Sie verläuft etwas westlich des Zugangs zur Insel Djerba vom Meer aus bis zu den Matmata Bergrücken weitgehend entlang eines natürlichen schweren Hindernisses, des Wadi Zigzaou. Diese Senke hat steile Flanken und ist ein perfekter Panzergraben.
Rommel hat einen letzten, bestechend brillanten Plan. Die Operation „Frühlingswind“ kann aber nur funktionieren, wenn man die Gunst der Stunde nutzt – auf seine, Erwin Rommels instinktsicher draufgängerische Art. Die Amerikaner, Franzosen und Briten im Westen sind zum Stehen gebracht worden und dabei, sich zu verstärken. Mit einem Angriff rechnen sie nicht. Dasselbe gilt für Montgomerys 8. Armee im Osten an der Mareth-Linie, die eben dabei ist, sich auf volle Offensiv-Stärke aufzurüsten und die nachhinkenden Truppenteile heranzuführen. Noch sind die englischen „Wüstenratten“ vorne an der Frontlinie mit dem Sammeln beschäftigt und dem wieder mit Nachschub aufgerüsteten Afrikakorps Erwin Rommels nicht wirklich überlegen. Es ist jedoch eine Frage von Wochen, bis sich das durch nachrückende Truppenteile auf den bekannten einseitigen Kräftestand ändern würde. Zumindest am Boden, denn die Überlegenheit der Briten in der Luft ist jetzt schon bedenklich hoch.
Das heißt also: wenn Angriff, dann jetzt. Und zwar zuerst im Westen Richtung Algerien, und dann, nach Zerschlagung der alliierten Kräfte dort, ebenso überraschend im Osten gegen die 8. Armee.
Es ist der 30. Januar 1943. Ein Überraschungsangriff der 10. und 21. Panzerdivision bringt den Faïd-Pass in deutschen Besitz und wirft die Amerikaner zurück. Ein französisches Bataillon wird eingekesselt und gefangen genommen. Als die Deutschen am 14. Februar 1943 unter dem Schutz eines Sandsturmes weiter vorstoßen, geraten die US-Kommandeure in größte Bedrängnis. Ihre Truppen sind auf den Hügeln Djebel Lessouda und Djebel Ksiara und Tälern verteilt, jedoch so unglücklich, dass sie sich nicht gegenseitig decken können. Die US-Panzer der Company G /1stArmored’s 3rd Battalion werden im Tal frontal angegriffen – und zusammengeschossen. Nun versuchen die Amerikaner einen Gegenangriff. Die Deutschen warten, bis die Sherman-Panzer in optimaler Schussentfernung für das eigene Feuer heranrollen. Neben den Panzern III und IV sind auch etwa ein Dutzend Tiger-Panzer auf deutscher Seite im Einsatz. Die Reichweite ihrer 8,8-cm-Kanone übersteigt die der 7,5-cm-Waffe in den Sherman erheblich. Von 51 US-Panzern schaffen es sieben (!) zurück. Dann rollen die deutschen Panzer vor. Die Kanoniere einer amerikanischen Geschützstellung erfasst Panik. Sie fliehen unter Opferung ihrer Kanonen. Wenig später bringen die deutschen Truppen die Oase Sidi-bou-Zid in ihren Besitz. Ju 87 „Stukas“ stoßen auf die zurückflutenden Amerikaner. Am Abend bedecken 70 Wracks amerikanischer Sherman-Panzer, 59 zerstörte Halbkettenfahrzeuge und 26 vernichtete US-Geschütze die Wüste. Der Historiker Cartier nennt 112 zerstörte US-Panzer. Mehrere US-Stützpunkte sind umzingelt.
Es ist eine vernichtende Schlappe. Das lässt die amerikanischen Kommandeure nicht ruhen. 15. Februar 1943. Die Sherman-Panzer rollen los, dazu Geschütze auf Selbstfahrlafette, Panzerspähwagen und Infanterie auf Lastwagen. In Paradeformation nebeneinander rücken die Amerikaner des 2. Bataillons der 1st Armored Infantry und des 1. Bataillons der 6th Armored Infantry vor, an der Spitze die 54 Shermans des Lieutenant Colonel Alger. Die erste Gegenwehr kommt vom Gelände. Ein Wadi, ein trockenes Flusstal, stoppt den Vormarsch. Man sucht eine Furt. Jegliche Aufklärung vor dem Angriff war unterblieben. Endlich ist das Nadelöhr gefunden. Dahinter schwärmt man wieder aus.
Nun erscheinen die Stukas. Erste Panikreaktionen sind die Folge. Verluste gibt es dagegen kaum. Dann ein nächstes Wadi. Alger lässt einen Teil seiner Panzer zur Deckung zurück. Es sind nun 36 aus seinem Panzerbataillon, die in vorderster Linie den Sturmangriff auf die Oase vortragen. Gedeckt vom Geschosshagel der Haubitzen auf Selbstfahrlafette und gefolgt von den übrigen Panzern der Kampfgruppe.
US-Panzer Typ Sherman.
Die deutschen Geschütze aus der Oase eröffnen das Feuer. Wieder bombardieren die gefürchteten Ju 87-Sturzkampfbomber die amerikanische Angriffsformation. Lastwagen und Halbkettenfahrzeuge brennen, explodieren, dieses Mal zielen die Stuka-Piloten mit ihren Bomben besser. Der noch unversehrte Rest der Fahrzeuge kurvt wild im Geröll herum, um dem Bombenregen zu entgehen. Alger erkennt außerdem 15 deutsche Panzer, die nun zu einem Gegenangriff auf sie zurollen. Mit denen nimmt er es auf! Feuer frei! Die Amerikaner rücken vor. Die Falle bemerken sie nicht.
Bis weitere 14 deutsche Panzer völlig überraschend aus Verstecken am Bergrand auftauchen und dem amerikanischen Verband böse auf der linken Seite in die Flanke fallen.
Am Ende der Schlacht brennen 50 amerikanische Sherman-„Tanks“ und 13 deutsche Panzer IV. Auch fünf der wertvollen 8,8-cm-Flak-Geschütze büßen die Deutschen ein, ferner zehn Kanonen anderen Typs. Was nichts daran ändert, dass die Amerikaner erneut eine schwere Niederlage hatten einstecken müssen. 15 Offiziere, darunter auch Alger, und 298 Männer fallen oder geraten in Gefangenschaft. Aus zwei vollen Panzerbataillonen der Amerikaner können vier Shermans entkommen ...
Seit dem 14. Februar 1943 schlägt Rommel mit seinem bewährten Afrikakorps zu, gemeinsam mit Generaloberst von Arnim, dem Befehlshaber der zweiten Streitmacht, der 5. Panzerarmee, welche aus den von Italien nach Tunesien verlegten Divisionen gebildet wurde. Und dies ist das Problem. Generalfeldmarschall Erwin Rommel hat nicht den Oberbefehl über sämtliche Truppenteile. Ein Schicksal, welches ihn fortan verfolgen sollte. Extratouren kann er sich nicht mehr leisten – er ist streng ermahnt worden, nachdem er bei El Alamein die nicht motorisierten Italiener als Nachhut opferte. Opfern musste – wegen Hitlers Halte-Befehle. Wäre es nach Rommel gegangen, er hätte sich rechtzeitig abgesetzt! Doch der „Führer“ sieht das nicht so. Auch nicht Mussolini. Rommel ist in Ungnade gefallen, seit er sich für eine Evakuierung Nordafrikas einsetzt. Und er hat sich nun mit dem italienischen Oberkommando (Commando Supremo) und Generalfeldmarschall Kesselring in Rom abzustimmen! Was prompt verlässliche Informationen enthaltende Funksprüche nach sich zieht ...
Das Temperament Hans-Jürgen von Arnims und jenes Erwin Rommels unterscheiden sich beträchtlich. Zunächst jedoch klappt die Zusammenarbeit vorzüglich. Der erste koordinierte Schlag trifft die Truppen General Lloyd Fredendalls wie einen Schock – mit voller Wucht. Von Arnims 5. Panzerarmee rollt von Norden auf den Kasserine-Pass zu, während Rommels Afrikakorps einen Teil seiner Einheiten an der Mareth-Linie zurücklässt, mit den schnellen motorisierten Truppenteilen jedoch über Gafsa aus südlicher Richtung auf den Kasserine-Pass vorstößt. Die völlig überraschten Amerikaner des II. US-Korps verlieren bereits am 15. Februar 1943 40 Panzer nahe Gafsa gegen Rommels kampferprobte Männer. Wenig später befinden sich die amerikanischen, französischen und britischen Truppen im Kampfgebiet völlig durcheinander in chaotischer Flucht. Lediglich am Kasserine-Pass sammeln sich US-Truppen und versuchen am 19. Februar 1943, die Deutschen aufzuhalten. Vergeblich. Raketensalven, so genannte „Nebelwerfer“, dreschen infernalisch auf sie ein. Am Abend des 20. Februar 1943 sind die Amerikaner vernichtend geschlagen und insgesamt 80 Kilometer zurückgeworfen. Einen hohen Anteil an der Eroberung des Passes haben die Bersaglieri (Gebirgsjäger) der italienischen Division „Centauro“.
Als der Brite General Sir Harold Alexander eintrifft, das Kommando übernimmt und seine zurückflutenden Einheiten sieht, ist er entsetzt. Briten, Amerikaner, Franzosen bunt gemischt ohne zusammenhängende Kommandostruktur. Und hinter ihnen hetzt Erwin Rommels gottverdammtes Afrikakorps ...
Doch Rommel weiß, dass er bereits verloren hat. Man hätte es schaffen können, wären von Arnims Truppen an seiner rechten Flanke ebenso zügig vorgestoßen. Doch dort wartet Generalleutnant Heinz Ziegler 48 wertvolle Stunden lang auf neue Befehle seines Vorgesetzten Generaloberst von Arnim, statt unter Ausnützung der angerichteten Panik und auf ausdrücklichen Wunsch Rommels kühn voranzupreschen. Rommel hat Ziegler eben nichts zu befehlen – leider! Und zu allem Überfluss mischt sich nun auch noch das Oberkommando in Rom in seine Pläne ein. Nach Norden soll er vorstoßen, Richtung Thala. Rommel will nach Westen, Richtung Tébessa, hinter die konfus in Auflösung fliehenden Truppen Fredendalls. Nach Norden – das ist doch viel zu durchsichtig! So würde es ein Anfänger machen! Nicht er, nicht der Wüstenfuchs! Die weiträumige Umfassung würde allerdings Rommels Afrikakorps von der 5. Panzerarmee gefährlich trennen. In Rom sieht man dies als zu gewagt an – hierfür reichen die Kräfte nicht. Damit hat das Oberkommando möglicherweise sogar Recht – doch wozu reichen sie dann? Wenn nicht hierfür, dann doch nur noch zur Verzögerung der Niederlage!
— = Frontverlauf am 1. Januar 1943. Die weißen Pfeile stehen für die Operation „Frühlingswind“
Die deutschen Panzer wenden sich befehlsgemäß nach Norden. Dorthin, wo es prompt wie von Rommel vorhergesehen von General Alexander erwartet wird. Der setzt die noch völlig intakten britischen Einheiten an der Küste gegen Thala in Marsch. Die Deutschen erreichen den Ort – allmählich erschöpft. Die Briten werden aus mehreren Stellungen geworfen. Die letzte vor dem Ortseingang halten sie. Noch! Doch dann trifft amerikanische Artillerie ein. Sie stoppt den deutschen Angriff. Im Westen versteift sich der Widerstand des II. US-Korps der Amerikaner. Der Gegendruck wächst! Die Amerikaner und Briten erhalten frischen Nachschub – während auf deutscher Seite wieder einmal der Sprit knapp wird. Bis zum 24. Februar 1943 verlieren die Alliierten 10.000 Mann – gegenüber etwa 2.000 gefallenen oder gefangenen Soldaten der Achsentruppen. Dennoch verlässt Rommel allmählich das Vertrauen in die Offensive. Die Überraschung, die Ausnützung des Chaos der Gegenseite ist vertan.
Rommels kühner Sichelschlag ist jetzt nicht mehr durchführbar. Es ist zu spät! Generalfeldmarschall Kesselring überzeugt sich mit Rommel von der Lage. Ohne genügend Treibstoff geht Rommels Plan nicht auf. Also überlässt er die sich mühsam sammelnden Einheiten der Alliierten an der algerischen Front dem Generaloberst von Arnim und wendet sich nun nach Osten, Montgomery entgegen.
Inzwischen aber hat sein britischer Gegenspieler die Schlagkraft der 8. Armee glatt vervierfacht. Am 6. März 1943 greift Rommel an, inzwischen überraschend zum Oberbefehlshaber Afrika, somit zu von Arnims Vorgesetztem avanciert. Und sieht sich 400 britischen Panzern teils amerikanischer Bauart und 500 Panzerabwehrkanonen gegenüber. Um Medenine entbrennt eine schwere Schlacht. Als 50 der 160 deutschen Panzer im konzentrierten britischen Artilleriefeuer verglühen, gibt Rommel auf.
Wenige Tage später wird bei einem gefangenen britischen Offizier eine Karte gefunden, datiert vom 4. März 1943. Zur Verblüffung der Deutschen ist dort ihr geplanter Angriff vom 6. März 1943 genau eingezeichnet. Sie waren erwartet worden! Wie ist das möglich? Auf die Idee, ihre extrem raffinierte „Enigma“-Dechiffriermaschine könnte entschlüsselt und ihr Funkcode geknackt sein, kommt man wie in der Schlacht von El Alamein auch jetzt nicht. Von nun an sind die mühsam nach Nordafrika gebrachten deutschen Reserven zunehmend aufgebraucht. Die Überlegenheit des Gegners wächst von Tag zu Tag. Im Westen hat Alexander ab 3. März 1943 die alte Frontlinie vom 1. Januar 1943 wieder erreicht. Erwin Rommel wird nach Deutschland zurückberufen. Krank, enttäuscht und verbittert verlässt er seine treuen Soldaten, die inzwischen einen fast legendären Ruf erworben haben. Soweit sie noch leben.
Angriff Montgomerys am 20. März 1943.
Junkers Ju 52-Transportflugzeuge über dem Mittelmeer.
Am 20. März 1943 schlägt Montgomery zurück ...
Ein brachialer britischer Frontalangriff durch die Mareth-Linie scheitert blutig und bricht im erbitterten deutsch-italienischen Abwehrfeuer zusammen. Nach drei Tagen schwerster Kämpfe ändert der Brite endlich seinen Plan. Ein Ablenkungsmanöver, nur dazu gedacht, Rommels Reserven zu binden (dessen Abwesenheit bewusst geheim gehalten wird), kommt erstaunlich gut voran. Also schickt Montgomery seine 1. motorisierte Division hinterher. Die Briten überqueren die Matmata-Berge südlich von Foum Tatahouine und umgehen damit die offenbar unüberwindliche Mareth-Linie.
Als die britischen Panzer im Rücken der deutsch-italienischen Front erscheinen – ganz nach Erwin Rommels Strickmuster – wirft sich die 21. deutsche Panzerdivision entgegen. Dies ermöglicht einen Rückzug des Afrikakorps in Richtung auf Tunis – es entkommt der Falle ohne größere Verluste.
Wenig später vereinigt sich die 1. Armee Alexanders mit der 8. Armee Montgomerys. Zwölf Tage lang hatte die italienische Division „Centauro“ das II. US-Korps tapfer aufgehalten, jetzt existiert sie fast nicht mehr. Der Rest des Afrikakorps und die 5. Panzerarmee stehen eingekreist mit dem Rücken zum Meer. Beide sind nun unter dem Befehl von Arnims. Und immer noch werden frische Truppen eingeflogen, deren Versorgung mit Waffen, Munition und vor allem mit Treibstoff längst nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Anstatt die Atempause zu nutzen für eine Evakuierung wie bei Dünkirchen ...
Adolf Hitler will den letzten Zipfel Nordafrikas mit allen Mitteln halten. Und sein Wille ist – wie immer – ein unumstößlicher Befehl.
Ab dem 5. April 1943 fliegen britische Jägerformationen von Osten und amerikanische von Westen systematisch Streife über den Einflugschneisen der deutschen und italienischen Transportflugzeuge von Sizilien her. Die Alliierten nennen das „Unternehmen Flax“. Auch die Bomber sind nun wirksam genug, um den Nachschub-Schiffsverkehr der Achsentruppen nachdrücklich zu unterbinden. Die Mausefalle nimmt Gestalt an.
Am frühen Morgen des 5. April 1943 nehmen 31 Junkers Ju 52 Kurs von Sizilien auf Tunesien. Sie werden lediglich geschützt von drei Me 110-Zerstörern der III./ZG 26 und zwei Me 109 der 5./JG 27. Die deutschen Jäger sind hoffnungslos überfordert – zumal die inzwischen drastisch unterlegenen zweimotorigen Me 110-„Langstreckenjäger“ –, als die 27th Fighter Squadron der 1st Fighter Group USAAF mit ihren P-38 „Lightnings“ auf der Bildfläche erscheint.
Nachdem die verzweifelten Hilferufe der Transporter-Besatzungen über den Äther gehen, startet der Großteil der II./JG 53 um 08.45 Uhr im Alarmstart von La Marsa. Die deutschen Jägerpiloten können eine völlige Vernichtung des Luftkonvois gerade noch verhindern, doch für 13Junkers Ju 52 kommen sie zu spät. Es ist für die jubelnden amerikanischen Piloten ein „Truthahnschießen“. Auch zwei der sich aufopfernd wehrenden Me 110-Zerstörer der III./ZG 26 und alle beiden Me 109 der 5./JG 27 werden von den Doppelrumpfjägern mit dem amerikanischen Stern über Kap Bon vom Himmel geholt. Die Deutschen melden im Gegenzug fünf P-38 als abgeschossen. Die Amerikaner attestieren zwei Verluste und 16 Abschüsse – was ziemlich genau den deutschen Einbußen entspricht.
Dieselben Spießrutenläufe wiederholen sich in den nächsten Tagen und Wochen immer wieder. Es ist kaum zu verantworten, vollbesetzte oder auch mit Versorgungsgütern beladene fast wehrlose Lastflugzeuge mit unzureichendem Begleitschutz bei Tage ins offene Messer fliegen zu lassen – doch die Afrika-Armee braucht Nachschub. Flüge alleine bei Nacht reichen hierfür nicht aus – und die zur Verfügung stehende Anzahl von Jagdflugzeugen zum Begleitschutz bei Tage genügt eh „hinten und vorne“ nicht mehr. Was also hat man für eine Wahl?
Am 6. April 1943 versucht es ein kleines Geleit von zwei Frachtern, nach Nordafrika durchzukommen. Es wird mehrfach von Gruppen in der Stärke von jeweils etwa 20 „Fliegenden Festungen“ angegriffen – Boeing B-17. Die Messerschmitt-Jäger der II./JG 53 und II./JG 51 können eine Zeitlang das Schlimmste verhindern – ohne zu Abschüssen zu kommen. Doch es genügt für den Konvoi, die Bomber zum Notwurf zu zwingen. Bis zum Abend, als drei von 21 B-17 der Anflug auf die Frachter gelingt. Die „San Diego“ explodiert mitsamt der Ladung an Raketenwerfer-Munition in einem gewaltigen Zerstörungspilz, während die „Rovereto“ beschädigt auf dem Strand auf Grund gesetzt werden muss ...
Die Truppen reden inzwischen von „Tuniskirchen“. Es sollte sich in „Tunisgrad“ ändern! *1 Dabei ereignet sich am 7. April 1943 ein Zwischenfall, der einmal Folgen haben sollte. Oberstleutnant Claus Schenk Graf von Stauffenberg ist Stabsoffizier der 10. Panzerdivision. Am Südrand des Dorfes Bordj bou Hedma *2 wird der Konvoi, in welchem Stauffenberg stehend in einem Fahrzeug mitfährt, von 36 US-P-40 F „Kittyhawk“ angegriffen, die von zwölf Spitfires gedeckt werden. Stauffenberg wird schwer verwundet und überlebt nur, weil ihn ein Sanka (Sanitätsfahrzeug) sofort aufnehmen kann. Er verliert das linke Auge, die rechte Hand und zwei Finger der linken Hand. Die Zweifel Stauffenbergs am Sinn dieses Krieges und am „Führer“ Adolf Hitler nehmen nun ein Ausmaß an, welches ihn später zum Attentat veranlasst.
Am 18. April 1943 kommt es über dem Kap Bon zu einer Katastrophe. Wieder einmal hilft den Amerikanern und Engländern entscheidend der Nachrichtendienst, dessen Fähigkeit, den deutschen „Enigma“ Funk-Code zu entschlüsseln, vermutlich die wirksamste alliierte „Waffe“ des gesamten Krieges gegen Deutschland ist. In voller Kenntnis eines geplanten größeren Transporter-Verbandes von Junkers Ju 52 fliegen die Briten und Amerikaner den ganzen Tag Streife. Ergebnislos. Bis zum Abend!
Ein romantisches Bild. Die Sonne geht unter, doch nicht nur sie ...
Die Transporter können dem Gegner beim Anflug noch entwischen. Um 18.10 Uhr landet der Verband in Tunis und wird in Rekordtempo entladen. Um 18.40 Uhr startet der Luftkonvoi zum Rückflug. Es sind 65 Junkers Ju 52, geleitet von 15 Me 109 der II./JG 27 und 7./JG 53 sowie zwei Me 110 der III./ZG 76 und drei Me 210 der III./ZG 1. Inzwischen sind 48 amerikanische P-40 „Kittyhawk“ (von denen zwei mit Motorproblemen umkehren müssen) der 64th, 65th und 66th Fighter Squadrons (FS) USAAF (57th Fighter Group) sowie der 314th FS/324th FG USAAF in El Djem gestartet und haben sich mit elf britischen Spitfires Mk. IX der 92 Squadron RAF zu einem schlagkräftigen Verband vereinigt. Den 57 alliierten Jägern stehen somit 15 deutsche Me 109 entgegen, deren Variante G-4 und G-6 zudem den Spitfire Mk. IX nur noch mit Mühe gewachsen ist. Die zweimotorigen Me 110 oder Me 210 sollen in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden – sie sind gegen alliierte Jäger kaum mehr als nutzlos und nicht einmal dazu in der Lage, sich selber zu beschützen.
Als die in schönster V-Formation tief über dem Wasser fliegenden Transporter im fahlen Abendlicht in den glänzenden Augen der britischen und amerikanischen Piloten erscheinen, nimmt das Unglück seinen Lauf. Es wird als „Palmsonntag-Massaker“ in die Geschichte eingehen. Die Me 109 steigen auf Höhe, um sich den zahlenmäßig vierfach überlegenen Angreifern zu stellen und nehmen sich die US-P-40 der 64th Squadron vor. Nach kürzester Zeit ist es eher umgekehrt. Die Spitfires und Kittyhawks setzen den Messerschmitt-Piloten derartig zu, dass diese trotz erbittertster Gegenwehr mehr um ihr eigenes Leben kämpfen, als den Transportern zu Hilfe kommen zu können.
Die werden von den amerikanischen P-40-Piloten im Jubel zur Strecke gebracht. Es ist wie ein Scheibenschießen. Einige Ju 52 fliegen in ihrer Verzweiflung ganz dicht beieinander, um den lächerlichen Abwehr-Feuerschutz zu optimieren, sodass die Amerikaner berichten, sie hätten einfach nicht danebenschießen können. Manche Garben treffen gleich mehrere Flugzeuge in einem Feuerstoß. Andere fliehen einzeln – ebenso vergeblich. Die Kittyhawks „bedienen“ sich nach Belieben. Es ist wie im Rausch – ein blutiger Rausch! Irgendwann sind dann doch Me 109 zwischen ihnen – wie auch immer die es geschafft haben mögen, den weiter oben deckenden Spitfires und P-40 zu entkommen. Die deutschen Jäger stoßen in ein Wespennest.
Wieder heben sofort im Alarmstart die Piloten der I. und II. Gruppe des JG 53 von ihren Pisten ab und hetzen zum Ort des Gemetzels. Sie können nicht mehr viel tun.
Die Amerikaner alleine melden nach der Schlacht (im wahrsten Wortsinne) 145½ sichere und 17 wahrscheinliche Abschüsse sowie 77½ beschädigte Maschinen – wobei die „halben“ Abschüsse durch anteilige Erfolgsmeldungen zustande kommen. Das Dumme ist nur, dass nicht einmal halb so viele der 240 angeblich als getroffen gemeldeten Flugzeuge in der Luft waren – nämlich zunächst 85 – plus die nachstartenden Messerschmitt Bf 109.
Die amerikanischen Dienststellen streichen dann auch die euphorischen Angaben ihrer Piloten drastisch zusammen. Am Ende werden 59 Ju 52, 14 Me 109 und zwei Me 110 als „kills“ anerkannt, somit 75 Abschüsse. Tatsächlich gibt das Oberkommando der Luftwaffe 24 zerstörte und 35meist in Form einer Bruchlandung beschädigte Transportflugzeuge bekannt, ferner neun Me 109 und eine Me 110.
Letztere Angaben (Me 109 und Me 110) sind jedoch etwas unklar. An anderer Stelle *3 ist nämlich davon die Rede, dass von den fünf Zerstörern vier abgeschossen worden seien. Ferner beziehen sich im Falle der Me 109 die Zahlen möglicherweise auf den gesamten Kampftag (einschließlich anderer Einsätze, in denen beispielsweise die 1./JG 53 am Vormittag zwei Me 109 gegen Spitfire verliert). Denn aus Dokumentationen zu den Jagdgeschwadern 27 und 53 *4 *5 ergibt sich, dass die II. Gruppe des JG 27 in dem geschilderten Luftkampf nur eine (1) Me 109 G-6/trop durch Totalschaden verliert – auf Grund eines möglicherweise trefferbedingten Motorschadens muss Leutnant Hans Lewes mit dem Fallschirm aussteigen, kehrt aber unverletzt zu seiner Einheit zurück. Zwei weitere Me 109 G-6/ trop der II./JG 27 müssen notgelandet werden, bleiben aber reparabel – und vor allem: die Piloten bleiben ohne „Schaden“. Beim JG 53 wird Unteroffizier Friedrich Burger mitsamt seiner Me 109 G-6 nach jenem Luftkampf mit den P-40 vermisst.
Das sind dann für die deutschen Jagdflieger in Summe über dem Kap Bon zwei (möglicherweise drei, siehe Fußnote) tatsächlich verlorene Me 109 und lediglich ein einziger Personalverlust.
Dem stehen sieben *6 (an anderer Stelle vier *7) P-40 Kittyhawks und zwei Spitfires gegenüber, welche vom JG 53 und (im Falle einer der Spitfires) von der 6./JG 27 bei dem geschilderten Desaster als abgeschossen angegeben werden. Im Luftkampf Jäger gegen Jäger hätten sich demnach die Luftwaffen-Piloten behauptet, wenn die Angaben stimmen, was etwas fraglich ist. An der Verbitterung der Transporter-Besatzungen ändert dies freilich nichts.
Von nun an sind Transportflüge mit Junkers Ju 52 und den riesigen sechsmotorigen Messerschmitt Me 323 „Gigant“, die sogar Panzerspähwagen transportieren können, bei Tage auf Ausnahmesituationen beschränkt. Die Ausnahme gibt es schon am Folgetag. Doch die „Giganten“ kommen durch.
Dafür nehmen sich deutsche Bomber in der Nacht vom 19. zum 20. April 1943 das Flugfeld el Djem vor. Vier P-40 werden zerstört, sieben Piloten verwundet und 1st Lieutenant Alan H. Smith (64th FS) wird getötet. Er hatte eineinhalb „kills“ in dem „Gänseschießen“ zugestanden erhalten.
Der erste Angriff auf den restlichen deutsch-italienischen Brückenkopf, der sich inzwischen in einem Halbkreis um Tunis und Bizerta zusammendrängt, beginnt am 20. April 1943. Die Standfestigkeit der Achsentruppen beider Nationalitäten ist bemerkenswert. Die Männer kämpfen mit dem Rücken zur Wasser-„Wand“ in eigentlich hoffnungsloser Lage. Und halten stand! Trotz absoluter Luftherrschaft des Gegners und intensiver Bombardements, ergänzt um Granatfeuer fast jeden Kalibers.
Messerschmitt Me 323 „Gigant“ unter Feuer aus den Bordständen einer britischen B-26 „Marauder“. Obwohl die B-26 ein Bomber ist – mit dem schwerfälligen sechsmotorigen Transporter nimmt sie es allemal auf. Die Me 323 „steckt“ zwar „einiges weg“ – doch alle Beschussfestigkeit hat ihre Grenze.
Erst am 6. Mai 1943 startet General Alexander den nächsten Sturmangriff. 600 Geschütze hämmern auf einen Frontabschnitt von gerade mal drei Kilometer Breite im Medjerda-Tal. Danach kommen Bombenteppiche. Dann die Panzer und Infanterie. Die Front wird durchstoßen. Doch einzelne deutsche Widerstandsnester im Bereich des Einbruchs halten immer noch hartnäckig dagegen.
Es dauert bis zum nächsten Morgen, bis ein echter Durchbruch gelingt. Und bis zum 13. Mai 1943, bis die deutschen und italienischen Truppen endlich die Waffen strecken. Die deutsche 5. Panzerarmee kapituliert am 11. Mai 1943 in aussichtsloser Lage. Die Italiener kämpfen zwei Tage länger. Im Norden wehren sich die Bersaglieri und das San Marco Regiment buchstäblich bis zur letzten Patrone. Erst am 13. Mai 1943 um 12.30 Uhr gibt die italienische 1. Armee unter dem fähigen Maresciallo d’Italia Giovanni Messe auf. Ihr Kampfgeist in der Schlacht um Tunesien steht außer Frage. Doch in Italien selbst macht sich nun Pessimismus breit. Auch unter vielen Offizieren in Mussolinis Streitkräften.
115.000 italienische und 125.000 deutsche Soldaten gehen in Gefangenschaft – einschließlich ihres Oberbefehlshabers Generaloberst von Arnim. Mit allen verbliebenen Geschützen und Fahrzeugen. Die Männer fehlen für die Verteidigung Siziliens bitter. Sehr bitter. Am bittersten wird sein, dass schon bald selbst aus Russland Verstärkungen herangeführt werden müssen, genau in dem Moment, als sich dort südlich von Kursk ein mit schwersten Verlusten hart erkämpfter möglicher Sieg abzeichnet ...
Der Afrikafeldzug ist zu Ende. Die Schlacht um Italien beginnt.
Adolf Hitler hat die USA unterschätzt. Er tut es noch. Doch damit ist er nicht allein. Auch General Montgomery betrachtet sich als den alleinigen Sieger in Nordafrika. Die Amerikaner – nun ja ...
Auch Montgomery ist nicht entgangen, welche verheerende Blessur die „Grünschnäbel“ von jenseits des großen Teiches um den Kasserine-Pass herum hatten einstecken müssen. Doch das war unter General Fredendall gewesen, dessen Führungs-Charisma nicht mit dem seines Nachfolgers vergleichbar ist. Der heißt Lieutenant General George Smith Patton junior und übernimmt das II. US-Korps am 6. März 1943. In der heutigen Sprache würde man das Raubein “tough” nennen. Beliebt macht er sich nicht, aber er bringt wieder Disziplin und Ordnung in den demoralisierten Haufen GI’s. Dies imponiert seinen Vorgesetzten, die ihn nach der Eroberung Tunesiens mit dem Kommando über die neu aufgestellte 7. US-Armee betrauen. Das II. US-Korps führt seit dem April 1943 Major General Omar Nelson Bradley, der Patton ursprünglich bei Dwight David Eisenhower empfohlen hatte.
Vier-Sterne-General „Ike“ Eisenhower erhält den Oberbefehl über die alliierte Streitmacht in Nordafrika, was zumindest dem Anteil der USA an den Materiallieferungen für diesen Kriegsschauplatz entspricht. Die Untergebenen Eisenhowers sind jedoch sämtlich Briten: General Sir Harold Rupert Leofric George Alexander als Kommandeur der Landstreitkräfte, Air Marshal Arthur William Tedder für die Luftstreitkräfte und Admiral Sir Andrew Browne Cunningham für die Flotten beider Nationen. Nicht zu vergessen ist General Bernard Law Montgomery, Befehlshaber der ruhmreichen 8. britischen Armee. Ein Mann, den die Amerikaner allmählich auf den Mond wünschen. Starrsinn und übersteigertes Geltungsbewusstsein werfen sie ihm vor. Mancher Amerikaner hätte gute Lust, lieber gegen den aus ihrer Sicht unverschämt arroganten Briten zu Felde zu ziehen, als gegen Erwin Rommel zu kämpfen.
Auf Montgomerys Betreiben hin erhält dessen 8. britische Armee die Aufgabe, bei der Eroberung Siziliens auf der östlichen Angriffsflanke zu operieren, um am Vulkan Ätna vorbei direkt zur Wasserstraße von Messina vorzustoßen. Damit wäre den deutschen und italienischen Truppen auf Sizilien der Rückzug nach Italien selbst abgeschnitten, während westlich von ihm die 7. amerikanische Armee die Achsentruppen binden und in vermutlich verlustreiche Abnutzungskämpfe verwickeln sollte.
Aha, so läuft das also! Patton schäumt! Er soll wohl mit seinen Boys die Drecksarbeit machen, während Montgomery dafür die Lorbeeren einheimst. Das könnte dem so passen!
Montgomery ist völlig frei von jeglichen Selbstzweifeln. Seine kampferfahrene 8. Armee hat ja wohl ganz selbstverständlich die Hauptrolle zu übernehmen, wer würde denn das bestreiten können?
Nicht nur im taktischen Bereich gibt es Differenzen zwischen Briten und Amerikanern. Währen die US-Strategen vordringlich eine Invasion in Frankreich vorbereiten und von da aus auf dem kürzesten Weg nach Berlin marschieren wollen, haben die Briten die dortigen Materialschlachten im Ersten Weltkrieg noch gut im Gedächtnis. Churchill will über Italien in den „weichen Unterleib“ der Achsenmächte stoßen, möglichst die Italiener aus dem Bündnis herauslösen und die Türken in den Krieg gegen Deutschland locken, während die Amerikaner allenfalls Sizilien erobern wollen, um die Meerenge zwischen Tunesien und der italienischen Insel ein für alle Mal gegen Angriffe der deutschen und italienischen Luftwaffe auf alliierte Schiffskonvois zu sichern. Alles andere bindet nur unnötig viele Truppen. Churchill dagegen sieht jetzt schon das Potential der Roten Armee und Stalins Intentionen mit Sorge. Von Italien aus könnte er über den Balkan dem gierigen Russen den Weg nach Westen versperren ...
Auf Sizilien stehen 200.000 italienische Soldaten und etwa 30.000 Deutsche. Die gehören zur Panzerdivision „Hermann Göring“, die nominell der Luftwaffe untersteht, und zur 15. Panzergrenadierdivision. Beide sind bisher ohne große Kampferfahrung, gelten aber als sehr schlagkräftig. Die Achsentruppen beider Nationen stehen unter dem Kommando des italienischen Generals Alfredo Guzzoni. Die deutschen Einheiten unterhalten aber in weiser Vor(aus)sicht ihr eigenes Fernmeldenetz und ihre eigenen Organisationsstrukturen, um unabhängig von den Italienern handlungsfähig zu sein. Oberbefehlshaber der deutschen Kampfeinheiten ist Generalfeldmarschall Albert Kesselring, nominell Angehöriger des deutschen Luftwaffenstabes. Einer Waffengattung, die derzeit über etwas mehr als 600 Flugzeuge aller Typen auf Sizilien, Sardinien und Italien verfügt. Zuzüglich der Regia Aeronautica Mussolinis. Der Gegner hat erheblich mehr zu bieten ...
Das zeigt er deutlich im Sommer dieses Jahres 1943. Die deutschitalienischen Flugplätze in Sizilien und Süditalien haben unter schweren Bombenangriffen zu leiden durch zweimotorige Mittelstreckenbomber vorwiegend des britischen Musters Vickers „Wellington“, der amerikanischen Typen B-26 „Marauder“ und B-25 „Mitchell“ sowie durch viermotorige B-24 „Liberator“ und B-17 „Flying Fortress“. Die Bomber werden von Spitfires Mk. Vb bzw. IX, P-40 „Kittyhawks“ und P-38 „Lightnings“ gedeckt. Auch einige wenige P-39 „Airacobras“ dienen in den US-Luftstreitkräften im Kampfraum über dem Mittelmeer.
Doch den größten Erfolg erzielen die alliierten Luftstreitkräfte über einer kleinen Felseninsel im Mittelmeer. Pantelleria war von Mussolini zu einem Bollwerk ausgebaut worden, besitzt Bunker, Küstenbatterien, einen Flugplatz und unterirdische Hangars für bis zu 80 Flugzeuge! Diese Sperrstellung dürfte kaum zu überwinden sein! Von Mai bis zum 10. Juni 1943 verschwindet die Insel unter einem Bombenteppich nach dem anderen. Zeitweise beteiligt sich die Royal Navy mit Schiffsgranaten an der Detonationsorgie. 6.200 Tonnen Bomben regnen auf die Verteidiger nieder, fünf lange Wochen lang.
Als die Briten am 11. Juni 1943 auf der „uneinnehmbaren“ Inselfestung landen, finden sie 11.000 völlig verstörte italienische Besatzungssoldaten vor. Die Italiener leisten keinen nennenswerten Widerstand, obwohl sie dank der exzellenten Befestigungen durch den Bombenregen nur 100 Mann verloren hatten.
Damit haben die Briten und Amerikaner neben Malta und seiner Nebeninsel (Gozo) auch Pantelleria und kurz darauf Lampedusa als „unsinkbare“ Flugzeugträger direkt vor Sizilien zur Verfügung. Dort stationierte Jäger können jeden Winkel Siziliens in kürzester Zeit erreichen und über Italien vordringen. Ende Juni sind 670 Einsatzflugzeuge der Alliierten auf den Inseln stationiert, vorwiegend Jäger.
Insgesamt haben die Briten und Amerikaner circa 5.000 Flugzeuge aufzubieten. Denen stehen etwa 1.250 Maschinen der Achsenmächte gegenüber, davon sind geschätzt die Hälfte deutsche. Von dieser deutschen Hälfte wiederum sind nur etwa 320 Flugzeuge der Luftwaffe tatsächlich einsatzbereit, und davon sind gerade mal 130 Jagdflugzeuge des Typs Messerschmitt Bf 109.
Was wurde aus dem Piloten? „Es ist ein bitteres Lachen, welches Galland entschlüpft”.
Der Kommodore des Jagdgeschwaders 77, Johannes Steinhoff, steht im Gefechtsstand des Jagdfliegerführers keinem Geringeren als Adolf Galland persönlich gegenüber. Er schildert das Gespräch in seinem Tagebuch: „Können wir damit rechnen, dass Verstärkung zugeführt wird? Ich meine, steht zu hoffen, dass eine oder zwei Jagdgruppen anderswo abgezogen werden, um uns hier zu helfen?“
Die Antwort des Generals der Jagdflieger ist eindeutig. „Anderswo? Anderswo! Das Hemd ist überall zu kurz! Sie waren doch bis vor kurzem im Osten! Wo wollen Sie dort etwas abziehen? Und in der Reichsverteidigung? Da fehlen uns schon mehrere Geschwader! Außerdem – wo sollen wir sie unterbringen? Hier ist kein Platz mehr für Jäger!“
Betretenes Schweigen. Steinhoff sieht Galland an, der hält den Blick und sieht ernst zurück in Steinhoffs Augen. „Also werden wir, soweit sie uns nicht am Boden zerschlagen haben, im günstigsten Fall hundert Me’s in die Luft bringen. Wie sieht es mit der Stärke der Alliierten aus?“ fragt Steinhoff nach einer Pause.
Es ist ein bitteres Lachen, welches Galland entschlüpft. „Ach Gott, wer kümmert sich heute in der Jägerei um Kräftevergleiche? Wenn ich Ihnen sage, dass rund 5.000 alliierten Flugzeugen 350 eigene gegenüberstehen, können Sie sich ja die zahlreichen Abschusschancen ausrechnen ...!“
Von den hervorragenden Chancen, selber abgeschossen zu werden, redet Galland wohlweislich nicht!