Die Brücke von Remagen

Die südlich der 9. US-Armee stehende 1. US-Armee hatte sich nach der verspäteten Einnahme der Dämme während der ersten Kämpfe der Kanadier im Reichswald zunächst relativ passiv verhalten - ähnlich wie die 9. US-Armee. Dagegen hatte Patton mit seiner 3. US-Armee an der rechten Flanke bei Luxemburg pausenlos angegriffen – und sich eine blutige Nase nach der anderen geholt. Die Schneeschmelze hat die Flüsse Prüm und Kyll anschwellen lassen. Das behindert Pattons Offensivbemühungen. Und Trier wird immer noch von der deutschen 7. Armee gehalten – allen Attacken zum Trotz.

Als am 23. Februar 1945 die 9. US-Armee zu ihrem Angriff nach Norden losstößt, stürmen auch die Soldaten der 1. US-Armee nach vorne. Die GI‘s nehmen das Trümmerfeld von Düren ein – jene Stadt, von der neben Wesel wie von keiner anderen wörtlich genommen werden darf, dass sie durch Bomben „dem Erdboden gleichgemacht“ worden war.

Seit dem 15. September 1944 liegt das Städtchen bereits in der Reichweite der amerikanischen Artillerie und hat dauerhaften Granatbeschuss und mehrfache Luftangriffe zu ertragen, bei welchen alliierte Tiefflieger ganze Menschenjagden veranstalten (so geschehen beispielsweise am 10. September 1944, doch nicht nur dann – es wird Berichten zufolge zum „alltäglichen“ Zustand). Dennoch wird die Zivilbevölkerung nicht evakuiert, zumal am 19. September 1944 ein Zug mit 55 Personenwagen, der zu diesem Zweck bereitsteht, durch alliierte Bomben und Bordwaffen in Flammen aufgeht.

Am 16. November 1944 schließlich wird das Stadtgebiet nacheinander sowohl von schweren Bombern der 8th USAAF als auch von Maschinen des Bomber Command der Royal Air Force derartig gründlich in Schutt und Asche gelegt, dass wirklich wörtlich kaum ein Stein mehr auf dem anderen bleibt. 1.204 viermotorige US-Bomber nehmen sich zwischen 11.15 Uhr und 13.00 Uhr Eschweiler, Düren und Weißweiler vor und laden 4.120 Tonnen Bomben ab, die Royal Air Force startet mit 1.118 schweren Bombern und wirft zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr 4.437 Tonnen Bomben auf Düren, Jülich und Heinsberg. Insgesamt sterben dabei zwischen 15.000 und 20.000 Zivilisten.

Nun stehen also amerikanische Soldaten in den Schuttbergen, welche durch ihre eigene Luftwaffe mitverursacht worden waren. Ob sie ins Grübeln kommen? Es ist eher unwahrscheinlich.

Trier fällt am 2. März 1945. Am 4. März 1945 erreichen die Amerikaner schließlich die völlig zertrümmerte Stadt Köln. Wie durch ein Wunder steht der berühmte Dom noch. Sonst jedoch nicht viel.

Es dauert bis zum 7. März 1945, bis der deutsche Widerstand in der leidgeprüften Stadt schließlich gebrochen werden kann.

Am selbem Morgen rückt eine Abteilung der 9. US-Panzerdivision (Combat Command C) auf der Straße von Euskirchen in Richtung auf den Fluss Rhein vor. Jenen breiten Strom, den zu überwinden die letzte große Schwierigkeit vor Berlin sein dürfte. Berlin, die Hauptstadt des Bösen, welche man eigentlich bereits an Weihnachten 1944 erobert zu haben glaubte.

Combat Command C wird von einem deutschstämmigen Amerikaner geführt – Lieutenant Karl H. Timmermann. Er stammt aus Frankfurt – doch er hat diese Stadt nie bewusst gesehen. Als Sohn einer Deutschen und eines amerikanischen Besatzungssoldaten aus dem Ersten Weltkrieg hatte es ihn schon als kleines Kind in die USA verschlagen – nach West Point in Nebraska. Die Kompanie verfügt auch über brandneue amerikanische „Pershing“-Tanks, die – abgesehen von einer gewissen Untermotorisierung – mit ihrem robusten Fahrwerk, der guten Panzerung und der 90-mm-Kanone die einzigen angloamerikanische Panzer sind, welche einem deutschen Tiger Paroli bieten können. Allerdings gibt es noch im Januar 1945 gerade mal 20 Exemplare in Europa. Inzwischen sind es mehr geworden.

Am Eingang des Ortes Fritzdorf treffen die Amerikaner auf Widerstand. Nach einem kurzen Schlagabtausch ist das Problem beseitigt. Timmermanns Truppe rollt voran. Weiter! Der Ort Överich – eine Panzerfaust wird auf die Amerikaner abgefeuert. Auch das hält Timmermann nicht lange auf.

Schließlich erreichen die Amerikaner bei Remagen eine Anhöhe. Als Timmermann von dort hinunter sieht, traut er seinen Augen nicht.

Dort fließt majestätisch der Rhein. Und über dem Rhein steht

– das darf nicht wahr sein – die Ludendorff-Brücke zwischen Remagen und Erpel – Unzerstört!

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Düren nach dem Luftangriff vom 16. November 1944.

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Die Ludendorff-Brücke zwischen Remagen und Erpel. Unzerstört!

Über die beiden Eisenbahngleise der Brücke strömen Menschen – deutsche Soldaten wie Zivilisten. Sogar Kühe kann Timmermann erkennen – offenbar gönnen diese geizigen Deutschen den GI’s nicht einmal ein zünftiges Steak!

Im Gegensatz zum Kampfkommandanten Remagens, Hauptmann Bratge, der so schnell wie möglich handeln will, möchte der für die Sprengung verantwortliche deutsche Major Hans Scheller die Brücke so lange wie möglich den rückflutenden eigenen Truppen zur Verfügung halten. Jeder Mann, jeder Panzer wird gebraucht! Alles, was nach der Sprengung an deutschen Soldaten und Gerät am linken Rheinufer verbleibt, ist für die Verteidigung des Reiches verloren. Die Männer können nur noch die Hände heben! Daher wartet Scheller bis zum letzten Augenblick.

Timmermann informiert seinen Vorgesetzten. Major General William Morris Hoge, Kommandeur der 9. US-Panzerdivision, ist im Nu bei seiner Vorhut. Und fackelt nicht lange. Angriff – sofort!

13.40 Uhr. Die Pershing-Panzer preschen vor – mitten durch die Flüchtlinge. Das erschwert die deutsche Gegenwehr. Viel haben die Deutschen eh’ nicht zu bieten – nur 36 Mann! Mit dem so schnellen Auftauchen der Amerikaner haben sie nicht gerechnet. In einem der Türme am Eingang der Brücke sitzt ein deutscher MG-Schütze. Er feuert sich den Maschinengewehrlauf heiß – bis die 90-mm-Granate aus dem Rohr eines Pershing den Turm zerfetzt. Samt allen hartnäckigen Deutschen darin.

Die Panzer nähern sich dem Brückenaufgang. Plötzlich erschüttert ein ohrenbetäubender Schlag die Szene! Die Brücke? Als sich der Rauch verzieht, erkennen die Amerikaner einen gewaltigen Krater am Aufgang zur Brücke. Die Sprengung hat erreicht, was sie sollte – hier kommt vorerst kein Panzer hindurch. Aber die Brücke – sie steht noch.

Die Amerikaner schießen seit ihrem Ansturm auf alles, was sich auf der Brücke bewegt – mit Infanteriewaffen und Panzerkanonen. Eine der Granaten erwischt offensichtlich das Zündkabel – ein Zufallstreffer, wie er einmal im Jahrhundert vorkommt. Aber – es passiert!

Deswegen steht die Brücke noch ...

Der deutsche Hauptmann Karl Friesenhahn sucht einen Freiwilligen! Er hatte ohnehin nicht die Menge an Sprengstoff erhalten, die er angefordert hatte! Statt 600 kg Pioniersprengstoff liefert man ihm 300 kg Donarit – einen erheblich schwächeren Bergbausprengstoff. Wenn der nicht komplett zündet – nicht auszudenken! Um Gottes Willen, die Brücke muss gesprengt werden! Ein Unteroffizier meldet sich. Kriechend robbt er im feindlichen Feuer bis zur Zündschnur, um eine Notzündung auszulösen.

Er schafft es!

15.40 Uhr. Eine gewaltige Explosion lässt die Konstruktion erbeben.

Die Brücke hebt sich unter der Wucht der Detonation. Rauch verdeckt die Streben. Dann ein erneuter Rums. Die Brücke fällt – in ihre Lager zurück.

Deutsche Wertarbeit!

Sie steht!

Nun gibt es auf der amerikanischen Seite kein Halten mehr! Effektive Gegenwehr gibt es praktisch nicht – damit hat keiner gerechnet! Die Amerikaner stürmen über die Brücke. Auf der anderen Seite führen die Gleise in einen Tunnel. Die Amerikaner feuern in das Dunkel. Die letzten deutschen Soldaten haben sich hier hinein verzogen – doch sie schießen nicht zurück. Es hätte auch keinen Sinn mehr!

Nur – sie sind nicht alleine! Viele Zivilisten haben ebenfalls in dem Tunnel Schutz gesucht. Zum Glück macht die Röhre eine Biegung – die amerikanischen Geschosse aber nicht. Von Querschlägern abgesehen! Was nun? Panik bricht aus! Ein Soldat ruft: „Frauen mit weißen Tüchern raus!“

Es ist der einzige Weg! Also tun es einige Frauen. Auch Willi Feldens versucht, die Amerikaner zur Einstellung ihrer Kampfhandlungen zu bewegen.

Die weißen Fahnen erreichen ihr Ziel. Eine amerikanische Salve ebenfalls. Willi Feldens trägt die schwarze Uniform der deutschen Eisenbahn. So schwarz wie jene der verhassten SS.

Er stirbt qualvoll an einem Bauchschuss.

Major General Courtney Hicks Hodges, Kommandeur der 1. US-Armee, wird umgehend informiert. Der wiederum telefoniert sofort mit seinem Vorgesetzten Omar Bradley. „Brad, wir haben eine Brücke!“ Bradley bleibt die Spucke weg. „Wie, eine Brücke? Sie meinen, Sie haben eine unbeschädigt über den Rhein?“ „Ja. Leonard schnappte die in Remagen, bevor sie sie in die Luft jagen konnten.“ Der Chef des Operationsstabes General Eisenhowers befindet sich zufällig bei Bradley und hört das Gespräch mit. Major General Harold R. Bull interveniert sofort. Das sei inakzeptabel und völlig gegen den Operationsplan! Die 9. US-Panzerdivision habe gemäß Plan den Rhein gar nicht zu überqueren!

Bradley platzt sofort der Kragen. „Der Plan, der Plan – zum Teufel mit dem Plan! Eine Brücke ist eine Brücke und wirklich verdammt gut, egal, wo sie den Rhein überquert. […] Was, zum Teufel, sollen wir Ihres Erachtens tun? Wieder über die Brücke zurückgehen und sie dann womöglich selber sprengen, he?“

Bradley setzt Eisenhower in Kenntnis – der teilt seine Ansicht vollkommen. Und von nun an werfen die Amerikaner alles in den Abschnitt, was sie in Reichweite haben. Innerhalb von 24 Stunden überqueren 8.000 US-Soldaten die Brücke. Auch belgische und britische Einheiten sind dabei. Die alliierten Truppen sichern zuallererst das östliche Rheinufer bei Erpel gegen mögliche deutsche Rückeroberungsversuche. Dann werden neben der Ludendorff-Brücke im Eiltempo drei weitere Ponton-Übergänge gebaut. Die US-Lawine rollt.

Dem amerikanischen Operationsplan und Harold R. Bull zum Trotz. Letzterer wird über die „Zurechtweisung“ und Rüge Bradleys mit nachträglicher Rückendeckung seines Chefs Eisenhower nicht glücklich gewesen sein. Und doch hat er Glück. Nämlich jenes, amerikanischer Staatsbürger zu sein.

Denn auch auf deutscher Seite werden Rügen ausgesprochen. In Form von Schnellurteilen in Kriegsgerichtsverfahren, ausdrücklich veranlasst von allerhöchster Stelle. Man nennt es „kurzen Prozess“!

Der Führer schäumt, tobt, ist außer sich, als er von dem Unheil erfährt. Und „weist zurecht“, denn was Recht ist in Deutschland, bestimmt Adolf Hitler. Erst „recht“ in einem Kriegsgerichtsverfahren auf sein Geheiß. Die Formalie könnte man sich eigentlich sparen.

Und dennoch wird extra eine Art „Scharfrichter“ von der Ostfront herbeordert, Generalleutnant Rudolf Hübner. Er verurteilt die Offiziere Major Scheller, Major Strobel, Major Kraft, Hauptmann Bratge und Oberleutnant Peters wegen „verbrecherischer Nachlässigkeit“ zum Tod. Das Urteil wird vollstreckt. Nur Hauptmann Bratge entkommt seinem designierten Schicksal. Ihn haben die Amerikaner ...

Hitler setzt kurzerhand Generalfeldmarschall von Rundstedt ab und übergibt das Oberkommando im Westen dem in Italien so erfolgreichen Generalfeldmarschall Albert Kesselring. Der ist bestürzt über den Zustand seiner neu unterstellten Truppen. Die Panzer- und Panzergrenadierdivisionen umfassen noch 10.000 bis 11.000 Mann, die Infanteriedivisionen aber allenfalls 5.000 Landser. 12.500 müssten es nach dem bereits drastisch reduzierten Sollbestand vom Jahr 1944 eigentlich sein, im Jahr 1941 hatte man noch 17.000 Mann pro Infanteriedivision angesetzt. Von diesen Zeiten können die deutschen Offiziere nur noch träumen!

Die 7. und 1. deutsche Armee besitzen zusammen nicht einmal 200 Panzer, auf einen Kilometer Frontlinie kommen im Durchschnitt 26 Mann – und allenfalls zwei Geschütze. Es mangelt an allem, bis hin zu Lastwagen, Munition und Benzin.

Wie soll man damit einen Gegner aufhalten, der in vielfacher Übermacht auf dem Boden und in der Luft aus dem absoluten Vollen schöpft? Eine britische Infanteriedivision umfasst zu diesem Zeitpunkt nominal 18.500 Soldaten, eine amerikanische 14.500, wobei aber die routinemäßig einer US-Division zugeteilten Panzerabwehrund Flugabwehr-Bataillone nicht mitgezählt sind. Addiert man diese Männer hinzu, so kann man auch einer US-Infanteriedivision die Stärke von über 18.000 Soldaten zuordnen. Und selbst das ist „nur“ der Sollbestand – im alliierten Falle wird dieser im Jahr 1945 nicht unterschritten wie auf deutscher Seite, sondern übertroffen. Der Historiker Raymond Cartier berichtet, dass der britische Feldmarschall (Field Marshal) Montgomery zu diesem Zeitpunkt am Unterlauf des Rheins 29 Divisionen zusammenzieht – einschließlich fünf amerikanischer, die aus Italien abgezogen worden waren. Diese Streitmacht summiere sich auf 1.000.000 Soldaten.

Ein kurzes Rechenexempel belegt, dass 1 Million Mann geteilt durch 29 Divisionen im mathematischen Durchschnitt 34.482 Kämpfer *1 und eine halbe Portion ergibt! Pro Division! 85 Divisionen hat Eisenhower insgesamt zur Verfügung, davon 23 Panzer- und 5 Luftlandedivisionen. Diese Einheiten sind in der Regel gut motorisiert und damit überaus beweglich. Die deutschen Landser laufen oft genug noch zu Fuß, und wenn sie motorisiert sind, dann mangelt es den Lastwagen an Benzin, den Geschützen an Zugmaschinen. Kesselring hat – wie Cartier formuliert – „55 große Einheiten“. Die Größe der meisten steht mehr auf dem Papier als im Schützengraben! Es ist eigentlich aussichtslos!

Kesselrings dringlichstes Problem heißt Remagen. Am Abend des zweiten Tages nach dem Handstreich – dem 9. März 1945 – umfasst der amerikanische Brückenkopf einen Radius von fünf Kilometern. Hodges hat bereits die 9. US-Panzerdivision, die 78. US-Infanteriedivision und die 99. US-Infanteriedivision über dem Rhein. Kesselring wirft unter anderem die 9. deutsche Panzerdivision, die Panzerlehrdivision und 3. Panzergrenadierdivision dagegen.

Das Umfeld von Erpel ist gebirgig. Die Amerikaner müssen jeden Meter behaupten und heftige deutsche Gegenangriffe abwehren. Gleichzeitig setzen sie die Deutschen selber unter Druck und versuchen, auszubrechen und voranzukommen. Bad Honneff, Hargarten, Waldbreitbach, Linz am Rhein – alle diese Orte sind heftig umkämpft. Nach zehn Tagen haben die Amerikaner immer noch keinen Durchbruch erzielt – sie halten gerade mal 15 blutige Kilometer um Remagen und Erpel herum.

Doch auch Kesselrings Verstärkungen können die Amerikaner nicht in den Rhein treiben. So erbittert sie es auch immer wieder versuchen.

Die Deutschen setzen verzweifelt alles ein, was sie haben, um die Brücke von Remagen zu zerstören. Artillerie nimmt das Bauwerk unter Feuer. Ein schweres Spezialgeschütz – der Mörser „Karl“ *2 – konzentriert sich auf die Brücke. Vergeblich! Kampfschwimmer werden eingesetzt, sie sollen im Schutze der Nacht neben den Pfeilern der Brücke auftauchen und Sprengladungen anbringen. Amerikanische Scharfschützen und britische Scheinwerferpanzer verhindern jede böse Überraschung dieser Art. Die Spezialtruppe wird rechtzeitig entdeckt und muss aufgeben. Minen treiben den Rhein hinunter, in der Hoffnung, eine davon werde sich an einem der beiden Brückenpfeiler entzünden. Torpedonetze und die Strömung verhindern einen Erfolg. Selbst die abstruse Idee, mit „V2“-Raketen die Brücke zum Einsturz zu bringen, scheitert. Die Zielgenauigkeit dieser Projektile erlaubt keinen taktischen Kampfeinsatz dieser Art. Nur eine der elf aus dem Wald nördlich von Hellendoorn in dem noch deutsch besetzten Gebiet der Niederlande abgefeuerten 750-kg-Ladungen explodiert in einer Entfernung von 300 Metern zur Ludendorff-Brücke. Das Bauwerk erzittert, erbebt in den Grundfesten.

Und hält stand ...

Es bleibt nur eine Waffe:

die deutsche Luftwaffe.

Doch die sieht sich einer in kürzester Zeit zusammengezogenen Konzentration von alliierten Flugabwehrgeschützen um die Brücke herum gegenüber, die beispiellos ist. Deren massiertes Flak-Feuer ist ein geradezu mörderisch dichter Geschosshagel! Von den amerikanischen und britischen Jägern ganz zu schweigen, die einen dichten Abwehrschirm über der Brücke von Remagen errichten.

Der erste deutsche Luftangriff findet bereits am 8. März 1945 statt – einen Tag nach dem geglückten Handstreich des Combat Command C der 9. US-Panzerdivision. Die handverlesenen Besatzungen von acht Junkers Ju 87 D-5 der 1., 2. und 3. Staffel/Nachtschlachtgruppe 1 stürzen sich mit Todesverachtung auf die Brücke (zehn waren gestartet, doch zwei hatten auf Grund technischer Defekte umkehren müssen). Die betagten „Stukas“ werden im Westen eigentlich nur noch in der Nacht eingesetzt, doch dies ist eine Ausnahmesituation. Kein anderes Flugzeug ist so gut dazu geeignet, ein Punktziel wie die vermaledeite Brücke mit ihrer 500-kg-Bombe exakt zu treffen, wie eine Ju 87. In Anbetracht der feindlichen Luftherrschaft ist der Einsatz dieser langsamen und gegen die agilen alliierten Jäger fast wehrlosen Flugzeuge ein Selbstmordunternehmen – doch es muss sein! Die Stukas greifen bei Tage an – um 16.30 Uhr! Einige Piloten treffen die Brücke – zerstören können sie sie aber nicht. Fünf Stukas werden abgeschossen, eine weitere muss notlanden. Vier Besatzungen fallen dabei.

Ebenso versuchen Focke-Wulf 190 D-9 der III./JG 2, den so eminent wichtigen Rheinübergang kaputt zu bomben. Auch sie scheitern, entkommen aber wenigstens mit ihren schnellen, zum Jagdbomber mit je einer 250-kg-Bombe umfunktionierten Jagdflugzeugen.

Nachdem Stukas oder andere herkömmliche Bomber offensichtlich im Luftraum über Remagen keine Chance haben, müssen schnellere Maschinen her. Jagdbomber – oder noch besser: Düsenbomber ...

Im Bereich der Düsenflugzeuge hat die deutsche Luftwaffe einen letzten, riesigen, technisch uneinholbaren Vorsprung vor den Alliierten. Er könnte noch größer sein, er könnte für die Luftherrschaft über Deutschland sogar absolut entscheidend sein, hätte man das Potential dieser revolutionären Antriebstechnologie in den verantwortlichen Stellen rechtzeitig genug erkannt und die Entwicklung dieser Art Flugzeug mit dem nötigen Hochdruck beschleunigt. Vor allem jene eines Turbinenjagdflugzeuges in der Abfangjäger-Rolle. An mahnenden Stimmen, beispielsweise von Seiten des Generals der Jagdflieger, Adolf Galland, hatte es nicht gefehlt. Wohl aber an der Einsicht seitens des eigensinnigen, keinem noch so dringlichen Rat bewährter Frontsoldaten zugänglichen deutschen „Führers“.

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