Wie immer wackelt Vesta fröhlich und arglos mit dem Schwanz. Wie soll das brave Tier auch wissen, was hier vor sich geht? Herrchen steigt mal wieder in dieses große Ding, das wenig später einen Höllenlärm macht und dann losrollt. Und schließlich abhebt wie ein Federvieh ...
Und einige Zeit später kommt Herrchen dann in diesem röhrenden Vogel ohne Federn herunter und rollt wieder her. Dann ist vielleicht eine Streichel-Runde fällig! Oberleutnant Hans Dortenmanns Schäferhündin freut sich schon darauf!
Doch dieses Mal wird Vesta vergeblich warten. An jenem 29. März 1945 wird Herrchen nicht wieder wie üblich auf dem Flugfeld Bissel gut 40 Kilometer südwestlich von Bremen landen.
Als der im schwäbischen Weingarten geborene Oberleutnant Dortenmann in seiner Focke-Wulf 190 D-9 (Werknummer 210003) schließlich schweren Herzens startet, fällt ihm „siedend heiß“ ein, dass er den Gruppenkommandeur gar nicht über seinen Flug informiert hat. Ein disziplinarischer Faux pas – das geht nicht! Doch andererseits – nun gut! Was soll es eigentlich auch noch? Major Rudolf Klemm wird wohl auch ohne seinen Rapport im Bilde sein ...
Und sich die Hände reiben.
Von links nach rechts: Feldwebel Johann Grüner (12./JG 54), Unteroffizier Werner März (11./JG 54), Oberleutnant Hans Dortenmann (Staffelkapitän 12./JG 54) und seine Schäferhündin „Vesta“, Unteroffizier Günter Zessin (12./JG 54) und Feldwebel Otto Weber (11./JG 54). Auf der Rückseite des Orginalfotos ist von Hans Dortenmann neben den Namen das Datum mit „Januar 1945“ vermerkt.
Dortenmanns Gedanken gehen hin zu diesem Mann. Zu jenem Gruppenkommandeur, dem „Herrn Major“ Klemm, der ihm letztlich diesen Flug ins Ungewisse eingebrockt hat.
Ob es vielleicht besser gewesen wäre, den Mund zu halten? Doch das wäre einfach nicht möglich gewesen! Dortenmann ist schließlich für seine Männer verantwortlich! Und er ist kein Drückeberger!
Die Gedanken mögen zurückgehen zu Hauptmann Robert Weiß. Der „Bazi“ mit seinem typischen Wiener „Schmäh“ – das war ein Pfundskerl gewesen. Trotz seiner Position als Gruppenkommandeur war das doch ein Kampfgefährte gewesen, auf den man hatte zählen können, wenn es darauf ankam. Ein zwangloser, eher salopper Chef, der auch mal mit sich reden lassen konnte. Der die Nase auf Augenhöhe mit seinen Männern hatte und nicht zehn Zentimeter weiter oben.
Er wäre für seine Kameraden durchs Feuer geflogen – und ist es auch. Tja, irgendein „Tommy“ hatte ihn am 29. Dezember 1944 ins Gras beißen lassen – wie schon so viele. Sein Nachfolger war dann am 15. Februar 1945 jener Major Rudolf Klemm geworden.
Was für ein Unterschied!
Der 25. Februar 1945 – zehn Tage danach – ist ein bemerkenswerter Tag. Die bisherige III./JG 54 wird nun zur IV./JG 26 umbenannt. Es ist nicht nur eine Formsache! Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Jagdgeschwader ist wie das Tragen eines Namens – es ist eine Heimat, das grüne Herz als Wappen gibt den Männern des Jagdgeschwaders 54 ihre Identität. Der unfreiwillige Wechsel ins Jagdgeschwader 26 ist wenig beliebt bei den Flugzeugführern der ehemals 11. Staffel des JG 54 unter ihrem Staffelkapitän Hans Dortenmann, die jetzt plötzlich die 14. Staffeldes JG 26sein soll.
Ausgerechnet an diesem Tag fliegt der neue Gruppenkommandeur Major Klemm erstmals mit der Gruppe einen Einsatz, allerdings ohne Feindberührung. Ist es Zufall – oder eher ein Symbol? Auch dieser Führungsoffizier ist ein grundsätzlicher Wechsel. Mit dem es sich ziemlich ähnlich verhält, wie mit dem Staffelnamen.
Immerhin ist Klemm Ritterkreuzträger und hat bereits Erfahrung als Gruppenkommandeur, denn ab dem 1. Dezember 1944 hatte er die IV./JG 54 geführt. Seit jenem 14. Mai 1943 ist er nach dem Abschuss einer viermotorigen B-24 „Liberator“ über Kiel dank einer unglücklichen deutschen Flak-Granate auf einem Auge blind. Die Gehirnerschütterung bei der Notlandung seiner Me 109 G-4 (Werknummer 16144) gibt dem Sehnerv schließlich „den Rest“. Die Geschosse einer amerikanischen Republic P-47 „Thunderbolt“ kosten ihn am 9. April 1944 dann auch noch zwei Zehen, die amputiert werden müssen. Dennoch fliegt Klemm weiter und erzielt immerhin bis Ende 1944 die respektable Zahl von 41 Abschüssen. Selbst einäugig hat er das Zielen offenbar nicht verlernt. So, wie es ganz offensichtlich aussieht und sich jedermann aus den Fakten erschließt, auch nicht das Kämpfen!
Doch Klemms Führungsstil ist ein völlig anderer als jener seines Vorgängers.
Obwohl er nur zwei Jahre älter ist als Robert Weiß, setzt Rudolf Klemm nicht auf ein kumpelhaftes Miteinander, auf die Autorität des beispielhaften Verhaltens als Waffenbruder – sondern auf Befehl kraft Amtes und strikten Gehorsam. Vielleicht lassen ihm seine Staffelkapitäne auch gar keine andere Wahl. Es ist schwer, in die Fußstapfen eines beliebten, allseits respektierten Vorbildes zu treten. Wie es aber zu jener initialen, sofort spürbaren Aversion und Skepsis seiner direkt unterstellten Führungspersönlichkeiten gegen ihn kommt, ist – zunächst – nicht ganz klar.
Die Erklärung liegt darin begründet, dass Menschen beileibe nicht nur mit ihren Augen, Ohren und Händen wahrnehmen. Es gibt ihn, jenen „siebten Sinn“, der jedem innerlich offenen Menschen die Struktur und Seelenlage eines Anderen überaus umfassend erschließt. Es ist geradezu erschreckend, wie viel jeder aufmerksam empfindende Mensch zutreffend über sein Gegenüber sagen kann – absolut bis ins Detail und bis in die tiefsten Verstecke der Seele hinein – ohne irgendetwas wirklich wissen zu können! Wer glaubt, er sei in der Lage, durch Schauspielerei einem Gesprächspartner, der seine „Antennen“ ausfährt, all zu ausdauernd etwas vormachen zu können, der ist gründlich „schief gewickelt“. Das klappt vielleicht in der Straßenbahn – und selbst dort nur so lange, wie der „Andere“ eigentlich mehr mit sich selber beschäftigt ist.
Es funktioniert aber keinesfalls Menschen gegenüber, die gelernt haben, in Situationen höchster Gefahr auf ihren Instinkt zu hören, und deren Leben davon abhängt, intuitiv zu ahnen, wie der eigene Kamerad – und auf der anderen Seite der Gegner – in der jeweiligen Situation reagieren werden.
Männern gegenüber wie Leutnant Hans Prager, Leutnant Peter Crump (Staffelkapitän 13./JG 26) oder Oberleutnant Wilhelm Heilmann (Staffelkapitän 15./JG 26). Und es klappt ganz gewiss nicht bei Oberleutnant Hans Dortenmann (Staffelkapitän 14./JG 26), der bereits bei der ersten Begegnung mit seinem neuen Gruppenkommandeur sofort unwillkürlich misstrauisch wird.
Und besorgt, was seine Staffel betrifft. Vor allem, was des Majors Führungsfähigkeiten und Stehvermögen in der Luft betrifft, wenn es eng wird. Obwohl doch eigentlich – nach den „Fakten“ zu urteilen – hierfür gar kein Anlass besteht. Schließlich hatte sich Klemm nach seiner Verwundung freiwillig zum Kampfeinsatz zurückgemeldet – tut das ein Mann ohne Kampfgeist? Gewiss nicht! Und bewährt hatte er sich doch auch – mit weiteren Luftsiegen. Wieso also nur dieses mulmige Gefühl im Magen ...?
Was Rudolf Klemm, dem dies wohl kaum entgeht, vermutlich nicht dazu bringt, sich vertrauensvoll zu öffnen, davon ist auszugehen.
Es ist unter solchen Umständen fatal, wenn eine – in gewissen Situationen natürliche – Unsicherheit durch eine scheinbar selbstsichere, keinen Widerspruch duldende Offiziers-Attitüde überspielt werden soll. Nach den Schilderungen ist genau dies jedoch die Flucht nach vorn des Majors Rudolf Klemm.
Und jenes ist die Reaktion seiner Staffelkapitäne gemäß Tagebuch des Oberleutnant Dortenmann: *1
„Es führt Hauptmann, beziehungsweise vor wenigen Tagen zum Major befördert, Klemm. Ich teile meine Befürchtungen betreffend dessen Fähigkeiten in der Luft Crump, Heilmann und Prager mit. Wir beschlossen, vorsichtig zu fliegen und erst einmal abzuwarten. Führt Klemm gut, ist’s in Ordnung. Wenn nicht, wird rücksichtslos dagegen angegangen. Verluste, durch Dusseligkeit hervorgerufen, können und wollen wir uns unter gar keinen Umständen mehr leisten!“
Es köchelt unter der Oberfläche. Klemm kennt die Flugzeugführer seines Gruppenstabes aus früheren Zeiten – und weiß, dass er sich auf deren Loyalität verlassen kann. Aber das ist es dann auch schon in dieser Hinsicht. Auf der anderen Seite steht der gesamte Rest seiner Gruppe ihm eher kritisch reserviert gegenüber. Die Mehrheit, die sich um die charismatische, unausgesprochen als Führungsgestalt agierende Persönlichkeit Hans Dortenmann schart! Offenbar haben die Piloten der IV./JG 26 zu diesem Oberleutnant erheblich mehr Zutrauen als zu ihm, Major Rudolf Klemm, dem Gruppenkommandeur mit dem Ritterkreuz. Und das hatte er schließlich auch nicht im Glücksspiel gewonnen!
Klemm steht unter Druck. Was er braucht, ist ein überzeugender Beweis seiner Führungsstärke, seines Überblicks in der Luft. Er muss in schwierigen Situationen Herr der Lage sein! Eine schwere Last.
Die Gelegenheit, seine Stärken zu demonstrieren, kommt unausweichlich. Der 1. März 1945 ist ein freundlicher Tag. Aufgelockerte Bewölkung behindert die gute Sicht nur wenig. Ebenso wie die I. und II. Gruppe soll die IV./JG 26 den hart bedrängten deutschen Bodentruppen jene verfluchten alliierten Tiefflieger vom Halse halten, die den Landsern und Panzern so effektiv zusetzen – Tag für Tag.
Um 08.35 Uhr geht es los. Die Gruppe startet, nimmt Kurs nach Südwesten in Richtung auf den Luftraum über Mönchengladbach. Noch nie hatte Rudolf Klemm seit seinem Wechsel an die Spitze der IV./JG 26 bisher Feindkontakt gehabt. Das ändert sich heute.
Hans Dortenmann vertraut den Lauf der Dinge aus seiner Sicht einem Tagebuch an:
„Aber Klemms erster [Kampf-] Einsatz geht restlos in die Binsen. Wir fliegen in 8.000 Meter Höhe über Münster südwärts Richtung Köln. In tausend Meter liegt eine geschlossene Wolkendecke, sonst strahlend blauer Himmel.
Crump, der weitaus die besten Augen der Gruppe hat, meldet plötzlich links von uns ‚Indianer’ [feindliche Jäger, Anmerkung des Verfassers]. Nach einer Weile, ich fliege mit meiner Staffel am rechten Flügel der Gruppe und etwa 300 Meter höher als diese, kann auch ich sie erkennen.
Gleichzeitig taucht rechts von uns ein starker Verband Feindjäger auf. Sie fliegen auf uns zu. Nun kann ich auch vor uns ‚Indianer’ erkennen! Crump meldet einen zweiten Verband links von uns, etwas höher [als die erste, linker Hand festgestellte feindliche Jägerformation, der Verfasser. Es sind nun also vier feindliche Gruppierungen!].
Er meldet, ich melde, Heilmann brüllt im FT [Anmerkung des Verfassers: ‚FT’ bedeutet Sprechfunk – via Kehlkopfmikrofon]. Kein Klemm gibt Antwort! Immer näher kommen die Verbände von allen Seiten. Klemm fliegt stur weiter geradeaus, beantwortet keine Meldung, lässt nichts von sich hören. Und vor wenigen Minuten war noch tadellose FT-Verbindung zwischen uns!
Oberleutnant Hans Dortenmann. *2
Heilmann brüllt lauter, er fliegt am linken Flügel. Crump wird energisch, ich fluch’ wie ein Bürstenbinder! Klemm rührt sich nicht.
Geradeaus fliegt er, genau unter den auf uns zu fliegenden Spitfire-Verband. Nun drückt er noch etwas. Ist denn das die Möglichkeit?! Sieht der die nicht oder ist er doof?
Mir bleibt im Moment, als die Spitfires dicht vor uns sind, nichts anderes übrig, als mit der ganzen Staffel gleichzeitig genau auf die Spitfires zu hochzuziehen und dabei aus allen Kanonen zu feuern. Der Trick gelingt, einen Augenblick sind die Tommies verwirrt, ich seh’ die Gruppe noch geschlossen senkrecht nach unten stürzen, dann hab’ ich zu tun!
Aber nur zwei, drei Mal geht’s rund herum, dann haben die Spitfires ihren Fahrtüberschuss [aus der] Überhöhung eingebüßt, und senkrecht ab geht mein ganzer Haufen. Es war aber auch dringend nötig! Meine zwei Schwärme konnten doch schon rein gar nichts gegen die nun von allen Seiten zusammentreffenden Verbände ausrichten.
Leider fällt beim Wegstürzen Friedrich. Uns tut’s sehr leid, dass er auf diese Tour fallen musste!
Daheim erklärt Klemm, keine Spitfire gesehen zu haben. Er habe – auf meine Frage, warum die Gruppe denn dann nach unten ging – unten über den Wolken einige Thunderbolts gesehen und diese habe er angreifen wollen!!
Die ganzen Flugzeugführer, die in seinem Stabsschwarm flogen, haben nicht einen einzigen Feindjäger gesehen und sind verblüfft, als ich melde, dass [Unteroffizier] Friedrich diesen Blödsinn mit dem Leben bezahlen musste.
Er verbitte sich den ‚Blödsinn’, schreit Klemm.
‚Herr Major, schwarz bleibt bei mir immer schwarz und ein Blödsinn ein Blödsinn!’
Wir wissen nun beide, woran wir sind! Den Blick aus seinen hasserfüllten Augen vergesse ich nicht!“
Major Rudolf Klemm.
Die Fronten sind klar. Alle drei. Hier die Royal Air Force mit ihren Verbündeten und die USAAF, dort der Gehorsam – oder auch nicht. Und dazwischen der Konflikt zwischen Verantwortungsgefühl und Versagen, der innere Schweinehund, der nicht so freundlich mit dem Schwanz wedelt wie Vesta.
Die Angst, diese verfluchte Angst, die jeder hat, jede Frau und auch jeder Mann. Die die meisten Männer so hassen, abspalten, wegdrücken, negieren – weil sie ach so unmännlich ist.
Die Angst, sich seine eigene Jämmerlichkeit einzugestehen, die oft größer ist, als die Angst vor dem Feind und letztlich vor dem Tod. Was ist hier „richtig“? Aus lauter Sorge, vor sich und allen anderen als „Feigling“ dazustehen, aufrecht und „anständig“ in den Untergang zu gehen, oder sich zuzugestehen, dass man schlicht und einfach „schmählich“ überfordert ist?
Wenn die Angst vor beidem zur Lüge führt, und dazu, dass andere für den Mangel an Mut, authentisch zu sich selber zu stehen, büßen müssen, wird die Frage heikel.
Oberleutnant Hans Dortenmann hat seine Antwort gefunden. Seine Kapitänskameraden Crump und Heilmann auch. Ihr Respekt vor Herrn Major Rudolf Klemm ist unwiderruflich dahin.
Ab dem kommenden Morgen beginnt eine Schlechtwetterperiode, welche sämtliche Einsätze vorerst unterbindet. Der eine oder andere Aufklärungsflug wird durchgeführt. Mehr ist nicht „drin“.
Allerdings machen böse Nachrichten die Runde. Am 7. März 1945 fällt die Ludendorff-Rheinbrücke von Remagen fast unversehrt in amerikanische Hand. Und am 8. März 1945 geht ein Telex des Reichsmarschalls Hermann Göring bei der IV./JG 26 ein. Wie bei allen Jagdgeschwadern der Reichsverteidigung ...
Der entscheidende Satz in diesem Telex, in welchem vom „SCHICKSALSKAMPF FÜR DAS REICH, UNSER VOLK UND UNSERE HEIMATERDE“ die Rede ist, lautet:
„RETTET DURCH DEN BEWUSSTEN EINSATZ EURES LEBENS DIE NATION VOR DEM UNTERGANG! ICH RUFE EUCH AUF ZU EINEM EINSATZ, BEI DEM ES NUR MIT GERINGER WAHRSCHEINLICHKEIT EINE RÜCKKEHR GIBT.“
Es ist der Aufruf zum „Selbstopfereinsatz“ in dem so genannten „Sonderkommando Elbe“.
Die Piloten versammeln sich in der Messe. Hauptmann Neumann, der Adjutant, und ein den Männern unbekannter Stabsoffizier erscheinen. Die Atmosphäre ist gespannt. Es liegt etwas in der Luft.
Dann wird von jenem fremden Offizier das Telex verlesen. Er stellt danach die Frage, wer sich freiwillig melde. Die Blicke der Unteroffiziere wandern zu den anwesenden Offizieren. Dort erfolgt keine Reaktion – die Männer stehen mit versteinerter Miene da.
Dann treten einige Piloten vor. Nachvollziehbar sind dies unter anderem Fahnenjunker-Oberfeldwebel Leo Klatt aus Oberleutnant Dortenmanns 14. Staffel sowie Feldwebel Gerhard Müller-Berneck aus Oberleutnant Heilmanns 15. Staffel. Der junge Feldwebel ist geradezu versessen darauf, den Heldentod zu sterben – auf diese Weise oder auch im normalen Luftkampf. Er werde das Kriegsende jedenfalls ganz sicher nicht erleben, das stehe für ihn fest.
Welche tiefe Wunde in der Seele des Gerhard Müller-Berneck zu dieser Todessehnsucht mit der Anerkennung eines tragischen Helden führt, ist dem Verfasser nicht bekannt. Jedoch steht fest, dass der Wunsch des Piloten nicht in Erfüllung geht. Er beendet den Krieg in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, indem er am 6. Mai 1945 in Lister (Norwegen) ein letztes Mal in seine Focke-Wulf 190 D-9 steigt, etwa 700 Kilometer bis in die Gegend von Bayreuth fliegt und sich dort US-Truppen ergibt.
Zunächst jedoch muss ihm die Selbstmordmission wieder ausgeredet werden. Der Staffelkapitän der 13./JG 26, Leutnant Peter Crump, diskutiert nach Entlassung der Piloten aus der Messe intensiv mit jenem Stabsoffizier und erfährt auf diese Weise Details über den geplanten Rammeinsatz gegen viermotorige Feindbomberpulks. Er verwahrt sich energisch gegen jedwede Teilnahme einer seiner Leute an derartigen „Selbstopfer“-Unternehmungen. „Solange wir Waffen in unseren Flugzeugen haben, werden wir fortfahren, die schweren Bomber abzuschießen!“ *3
Man will ihn für diesen Satz zur Rechenschaft ziehen. Fakt ist aber, dass die Staffelkapitäne der IV./JG 26 sämtliche der Freiwilligen so lange bearbeiten, bis sie ihre Meldung widerrufen. Keiner geht.
Während der Schlechtwetterphase werden Übungsflüge geflogen, auch Aufklärungseinsätze in Schwarmstärke. Am 10. März 1945 schießt dabei ein Pilot der 13. Staffel über Wesel vermutlich eine Spitfire ab. Sicher sagen kann das bei den nebligen Sichtverhältnissen keiner, daher bleibt der Abschuss fraglich. Die Unterlagen der 2nd Tactical Air Force verzeichnen keinen Spitfire-Verlust.
Am 12. März 1945 klart das Wetter langsam auf. Doch erst am 13. März 1945 kann wieder eine größere Formation der IV./JG 26 aufsteigen. 24 „Langnasen“ sollen die deutschen Luftangriffe auf die Brücke von Remagen unterstützen. Sie werden geleitet von Major Rudolf Klemm.
Doch der muss bedauerlicherweise schon kurz nach dem Start umkehren! Seine macht nicht mehr mit. Ein technisches Problem des Gruppenkommandeurs verhindert seine Führung ...
Aus irgendwelchen Gründen – vermutlich wetterbedingt – kommen die 23 verbleibenden Focke-Wulf 190 D-9 nicht durch bis Remagen. Ein paar Maschinen der 14. Staffel geraten an britische Spitfires, doch der kurze Luftkampf bleibt ohne Folgen. Die letzten Jagdmaschinen der IV./JG 26landen gute 20 Minuten vor Mittag wieder in Varrelbusch.
Und schon beginnt es wieder zu regnen. Dichte Wolken und Nebel verhindern erneut jede Einsatztätigkeit der Gruppe – bis zum 18. März 1945, als es wieder aufklart. Jener Tag, als 1.329 amerikanische viermotorige „Fliegende Festungen“ mit 733 US-Begleitjägern die Reste von Berlin zerschmettern.
Und von 38 deutschen Düsenjägern „abgefangen“ werden, erstmals auch mit R4M-Luft-Luft-Raketen.
Der Flugweg der ursprünglich 2.062 amerikanischen Maschinen führt über Norddeutschland. Und in Norddeutschland liegt unter einer sich nur langsam aufhellenden dichten Wolkendecke Varrelbusch. Dort wiederum befindet sich die IV./JG 26 – und Major Rudolf Klemm.
Der schickt seinen unausgesprochenen Intimfeind Oberleutnant Hans Dortenmann an diesem Morgen weg vom Flugfeld, um etwas in der Schreibstube der Gruppe zu erledigen. Irgendwelche Einsätze sind trotz des Überfluges der riesigen amerikanischen Bomberpulks in Richtung auf Berlin nicht anberaumt, die abziehende Schlechtwetterfront steht dem entgegen. Auch die chancenlose Übermacht des Gegners. Doch wer weiß? Gespannt verfolgen die Männer auf dem Fliegerhorst die Luftlagemeldungen. Da oben tut sich einiges!
Dortenmann gehorcht selbstverständlich und bringt wie befohlen im Gruppengeschäftszimmer den organisatorischen Bürokram in Ordnung. Dann schwingt er sich wieder ans Steuer des französischen Beute-Citroën und fährt kurz vor Mittag zurück zum Flugplatz. Derweil hat sich das Wetter gebessert.
Der Kapitän der 14. Staffel des JG 26 kommt gerade rechtzeitig in Varrelbusch an, um seiner startenden Gruppe hinterhersehen zu können. Er rast zum Abstellplatz seiner Maschine, fragt den Mechaniker, was hier vor sich gehe. Der Gruppenkommandeur habe den Start in Dortenmanns Abwesenheit befohlen, erfährt der Oberleutnant.
Klemm! Natürlich! Verdammt! Dortenmann klettert in sein Jagdflugzeug, schnallt sich an, gibt Gas und spurtet los. Kaum in der Luft, gibt der Staffelkapitän Vollgas, um seine Schützlinge einzuholen. Wenn er bei seinen Männern ist, kann er vielleicht wenigstens das Allerschlimmste verhindern!
Doch der Vorsprung der Gruppe ist zu groß! Dortenmann schaltet die Notleistung hinzu, um mit allen Mitteln aufzuschließen. Das ist zu viel für die noch nicht warmgelaufene Maschine. Fehlzündungen knallen durch den stotternden Motor. Es hilft alles nichts. Der besorgte Staffelkapitän muss umkehren.
Auch der 14. Fliegerdivision ist klar, dass die wenigen deutschen Kolbenmotorjäger im Flugweg der gigantischen amerikanischen Armada nur in ein Desaster fliegen können gegen diese US-Streitmacht. Andererseits ist dies schon länger so und hat auch bisher keinen noch so hoffnungslosen Einsatzbefehl verhindert. Dieses Mal allerdings definiert der Einsatzbericht des Luftwaffenkommandos West den Kampfauftrag als „Tieffliegerbekämpfung im Bereich südwestlich von Oldenburg“. *4
Das wäre machbar und eine gewohnte Aufgabe für die Piloten der IV./JG 26, von welchen die Mehrzahl noch nie einen Angriff auf viermotorige „Fliegende Festungen“ mit all seinen spezifischen Besonderheiten geflogen hat. Dennoch hat jemand offenbar doch vor, den Männern genau diese Herausforderung zuzumuten. Denn die Logbücher einiger der Piloten nennen den ihnen bestimmten Einsatzzweck folgendermaßen: „Abfangen schwerer Bomber“.
Entsprechend dieses Vorhabens wird die IV./JG 26 dann auch zunächst in Richtung Osten geleitet. Nach kurzer Zeit müssen die Unteroffiziere Günter Rey und Kurt Hein aus Dortenmanns 14. Staffel den Feindflug auf Grund technischer Störungen abbrechen. Die restlichen 19 „Langnasen“ steigen auf Höhe. Oberfeldwebel Werner Zech, ebenfalls Angehöriger der 14./JG 26, berichtet, man habe schließlich von den viermotorigen Bombern nur noch die sich auflösenden Kondensstreifen in etwa 6.000 bis 7.000 Metern Höhe sehen können. Das designierte „Wild“ der Handvoll deutscher Jagdflugzeuge ist längst „über alle Berge“.
Plötzlich hören die Piloten der Formation einen Warnruf in ihren Kopfhörern, so erklärt Zech: „Von Klemm: ‚Indianer’!“ Sofort recken alle ihre Hälse, drehen die Köpfe, suchen den Luftraum ab. Wo denn? Keiner sieht irgendwelche schwarzen Punkte oder gar deutlichere Konturen feindlicher Jäger.
Außer Klemm. Doch der ist gemäß Zech nun verschwunden! Fahnenjunker-Oberfeldwebel Leo Klatt übernimmt daraufhin das Kommando über die verbleibenden 18 Focke-Wulf. Die 14. Fliegerdivision dirigiert den Verband in nördliche Richtung. Ferner wird eine niedrigere Flughöhe befohlen.
Die deutschen Piloten durchstoßen in etwa 2.500 Metern Höhe eine dichte Wolkendecke circa vier Kilometer westlich von Twistringen. Es ist davon auszugehen, dass die Formation in der kollisionsträchtigen Zone nicht ganz zusammenbleibt, sondern staffelweise die Wolkenschicht durchdringt. Denn das folgende Geschehen betrifft ausschließlich die Männer Dortenmanns, seine 14. Staffel. Als Oberfeldwebel Werner Zech aus der „Suppe“ auftaucht, kommt er nicht einmal dazu, die Situation zu realisieren. Da kracht es auch schon. Die Deutschen sind den Mustangs der 503rd und 504th US Fighter Squadron (339th Fighter Group) unverhofft und reichlich unglücklich direkt vor die Rohre geflogen.
Die routinierten Amerikaner befinden sich auf dem Rückflug von Berlin und fackeln nicht lange. Auch für sie erfolgt das plötzliche Auftauchen der Deutschen überraschend, doch nach einer scharfen Rechtskurve sind sie in idealer Schussposition. Die Mustang-Piloten nutzen sie souverän.
Oberfeldwebel Werner Zech kommt am Oberkörper verwundet von seiner abgeschossenen „Dora-9“ (, Werknummer 211028) frei. Auch sein Staffelkamerad Feldwebel Otto Weber versucht abzuspringen, bleibt aber mit irgendeinem Kleidungsstück am Cockpit hängen. Als er schließlich loskommt, ist er böse durch die im Fahrtwind vom Motor in seinen Oberkörper und ins Gesicht schlagenden Flammen verbrannt. Noch ein Flugzeugführer der 14. Staffel wird abgeschossen. Unteroffizier Werner Merz kommt nicht aus seiner Maschine heraus. Und ein vierter der Jungs von Oberleutnant Dortenmann unterliegt den US-Piloten. Es ist Fahnenjunker-Oberfeldwebel Leo Klatt, jener Freiwillige der 14. Staffel, der sich für den Selbstmord im Cockpit gemeldet hatte.
Das Schicksal hat die Botschaft offenbar verstanden ...
Als Zech ins Hospital in Twistringen eingeliefert und dort verbunden wird, hört er Schreie aus dem Notaufnahmeraum. Der behandelnde Arzt erklärt Zech, auch dies sei ein Pilot – er dürfe näher treten. Als der auf einem Untersuchungstisch im Sterben liegende Leo Klatt seinen Staffelkameraden Zech erkennt, wird er ruhiger. Er drückt die Hand seines Kampfgefährten so fest, dass es Zech weh tut. Dann löst sich der Griff. Leo Klatt, dessen Becken beim Absprung gegen das Heck seines Jagdflugzeuges geschlagen und mit schweren inneren Verletzungen zertrümmert worden war, ist tot.
Zech findet im Lazarett dann auch noch den vom Kopf bis zur Gürtellinie einbandagierten brandverletzten Otto Weber vor. Danach sind seine Nerven am Ende. Doch es bleibt ihm nichts erspart.
Vor dem Krankenhaus steht ein Lastwagen der deutschen Luftwaffe und ein Unteroffizier neben einem Fahrer. Die beiden nehmen Zech mit. Auf dem Rückweg wird der Fahrer zunächst von einem Polizisten auf einem Motorrad angehalten, welcher dann nach einem kurzen Gespräch mit dem Unteroffizier vorausfährt. Anschließend hält der Luftwaffen-Lastwagen bei einem Schreiner. Der deutsche Flugzeugführer macht sich keine Gedanken und nimmt die Einladung einer jungen Frau an, die ihm dort einen Kaffee anbietet. Ein seltener Genuss in jenen Tagen – zumindest für jeden, der nicht Pilot ist. Zech bemerkt auch nicht, dass Gefangene in Drillichanzügen auf die Ladefläche des LKWs klettern. Dann geht es weiter. Der deutsche Jagdflieger hängt seinen Gedanken nach, bis der Wagen an einem rauchenden Krater mit dem Wrack einer Focke-Wulf 190 D-9 anhält und die gestreiften Männer einen Sarg ausladen. Um sodann die „sterblichen Überreste“ des Piloten in Stücken aus dem Wrack zu bergen.
Der Polizeibeamte hält Zech eine Fliegerhaube vor die Nase. Nachdem der Dreck entfernt ist, können die beiden den Namen lesen. Dort steht Werner Merz, Zechs Staffelkamerad. Das ist zu viel!
Merz und Klatt waren beide erfahrene Piloten gewesen. Ein schwerer Verlust für Dortenmann! Im Gegenzug verlieren die Amerikaner eine Mustang. Captain Francis Gerard gelingt es noch, seine P-51 auf eigenem Gebiet notzulanden. Er kommt unverletzt auf dem Flugfeld St. Trond herunter.
Dortenmanns Tagebuch gibt Aufschluss über seine Verfassung, als er nach dem Abbruch seiner Aufholjagd mit stotterndem Motor wieder in Varrelbusch landet:
„Und nun sitze ich unten, zitternd am provisorischen FT-Gerät, horche in die Luft und verfolge die Luftlagekarte. Viermots [Anmerkung: viermotorige Bomber] sind eingeflogen, ein Riesenschwarm Begleitjäger dabei. Wenn das nur gut geht!! Im FT ist nichts mehr zu hören.
Doch es geht nicht gut. Einzeln, zu zweien landen die Maschinen nach einer halben bis dreiviertel Stunde wieder. Aber es fehlen Maschinen. Mehr, als gut ist, fehlen! Von meiner Staffel alleine vier! Darunter mein prächtiger Oberfeldwebel Klatt, der pommersche Jungbauer.
Und dann komme ich vom Telefon nicht mehr weg. Von überall laufen Meldungen ein. Klatt ist schwer verletzt, meldet Fliegerhorst Diepholz, zwei weitere tot, abgeschossen. Zech ruft an, ist mit dem Fallschirm abgesprungen, aber unverletzt. Weber liegt irgendwo mit schweren Verbrennungen. Die anderen Staffeln haben auch einige Verluste. *5
Ich rufe Peter Crump an. Er berichtet mit bebender Stimme, dass Klemm von unten an einen ganzen Pulk Jagdschutz herangeflogen sei und, als meine hinten fliegende Staffel und einige andere Maschinen angegriffen wurden, senkrecht nach unten in die Wolken gestürzt ist. Er wollte angeblich unten fliegende Mustangs angreifen!!! Das dritte Mal jetzt diese faule, oberfaule Ausrede. Pfui Teufel, ist das denn noch ein Offizier? Man muss sich vor seinen Männern schämen, dass man die gleiche Uniform an hat wie dieser gottverfluchte Feigling!!
Und dann kommt der Anruf, dass Klatt seinen schweren Verletzungen erlegen ist!“
Dortenmann ist kaum zu bändigen. Seine Wut auf Klemm kennt keine Grenzen! „Die Gruppe selbst, Herr Kommandeur,“ empört er sich innerlich, „was ist mit denen? Kein Abschuss, gar keiner! Ich will rüber, zum Gefechtsstand, will das Schwein umlegen, abknallen wie einen räudigen Hund! Schaum steht mir vor dem Mund. Vor den Augen flimmert’s nur noch rot. Auch Vesta, mein treuer Hund, wittert Kampf. Mit roten Augen umtanzt er seinen tobenden Herrn, die Zähne fletschend!“ Zum Glück behalten einige andere in seiner Umgebung die Nerven und halten Dortenmann zurück. „Sie wollen nicht, dass sie ihren Käpten durch Mord oder Totschlag verlieren.“ Also bleibt der „Käpten“ mühsam beherrscht bei seiner Staffel, gleichzeitig sowohl trauernd als auch kochend vor Erregung.
Doch selbst Crump hat jetzt genug! Er beschuldigt den Gruppenkommandeur ohne Umschweife, seine Gruppe mitten im Kampf verlassen, im Stich gelassen zu haben. Man könnte es auch „Fahnenflucht“ nennen! Oder „Feigheit vor dem Feind“. Harte Worte, die wörtlich so sicherlich nicht fallen! Aber überdeutlich zwischen den Zeilen stehen.
Was auch immer in Major Klemm vor sich gegangen sein mag – wer ist dazu berufen, dies beurteilen oder verurteilen zu wollen? Unterstellt, es wäre so, wie Dortenmann und Crump es sehen, könnte man es einem Mann verdenken, dass er nicht noch kurz vor Kriegsende sinnlos sterben will? Der Autor Axel Urbanke erzählte in einem Telefonat von einem Nachkriegstreffen der überlebenden Piloten, die dem anwesenden Klemm schwere Vorwürfe gemacht hätten. Klemm habe dies stumm über sich ergehen lassen, sich nicht verteidigt und – später von Urbanke darauf angesprochen – dies damit begründet, dass die Vorwürfe ja doch berechtigt gewesen seien! Er sei nach jahrelangem erbitterten Kampf einfach fertig gewesen, ausgebrannt, ein nervliches Wrack, und habe sich dies schlicht nicht eingestehen können.
Das ist einerseits verständlich – der seelische Aderlass einer jahrelang wieder und wieder aufkeimenden Todesangst in einer immer sinnloser und depressiver werdenden Lage ist enorm! Andererseits – was ist, wenn andere, Schutzbefohlene – möglicherweise vermeidbar – auf Grund dieser fehlenden Offenheit und Ehrlichkeit auch sich selbst gegenüber sterben müssen? Wer könnte nicht auch Crump und Dortenmann verstehen, die selber den eigenen Hintern vorbehaltlos für ihre Männer hinhalten?
Es wird allmählich eng für Major Rudolf Klemm.
Das Verhalten des Gruppenkommandeurs ist Tagesgespräch in der gesamten IV./JG 26 noch am folgenden Tag. Jeder macht sich seine Gedanken – und bildet sich seine Meinung.
Dass sich die meisten offenbar einig sind, beweist sich bereits wenige Stunden später.
In diese Stimmung hinein treffen zwei neue Nachwuchspiloten ein, seit 21. Januar 1945 sind es nun gerade fünf, nachdem vor wenigen Tagen die Unteroffiziere Böttge, Flakowski und Kaps der IV./JG 26 zugeteilt worden waren. Nun melden sich die Oberfähnriche Günter Schitkowsky und Heinz Birkner zum Dienst. Birkner wird wie zuvor schon Kaps der 14. Staffel Dortenmanns zugeteilt. Er schreibt: *6
„Nach der Meldung bei Geschwaderkommodore Götz finde ich mich am 18. März 1945 in Varrelbusch ein. Gerade, als ich ankomme, donnern mehrere Dora-9s im Tiefflug über die Baracken und Liegeplätze der 14. Staffel. Das sieht imponierend aus, doch nachdem sie gelandet sind, höre ich – etwas abseits stehend –, dass drei Flugzeuge in diesem Einsatz abgeschossen worden seien. Ich bin überrascht, wie traurig einerseits und andererseits doch gelassen meine Kameraden diese Neuigkeit aufnehmen. Es ist mir von Anfang an augenfällig klar, dass ich wohl kaum eine Chance haben dürfte, die kommenden Einsätze zu überleben! Doch die mörderischen alliierten Bombardierungen geben mir die Motivation, auf jeden Fall zu fliegen! [...]“
Nach einem ereignislosen Flug unter Dortenmanns Leitung starten gegen 13.00 Uhr am 19. März 1945 etwas über zwanzig Focke-Wulf 190 D-9 der IV./JG 26 zu ihrem nächsten Einsatz. Der Kampfauftrag lautet „Freie Jagd im Luftraum Münster-Rheine“. Konkret sollen laut Luftwaffenkommando West feindliche Jagdbomber bekämpft werden.
Der Gruppenkommandeur fliegt, wie sich das gehört, an der Spitze der Formation. Major Rudolf Klemm hat die Führung der kleinen Streitmacht in der inne, als die Luftraumüberwachung Mustang-Schwärme in der Region Lingen–Rheine meldet. Oberleutnant Dortenmann berichtet in seinem Tagebuch:
„Nachmittags habe ich auf der Schreibstube zu tun. [...] Aber da surrt schon der Fernsprecher und Schütze meldet, dass die Gruppe, auch unsere Flugzeugführer, eben in Sitzbereitschaft gehen mussten. Jeden Augenblick kann Start befohlen werden. ‚Wer führt?’ ‚Major Klemm, Herr Oberleutnant.’ ‚Sofort meine Mühle klar machen, ich komme sofort!’ Und ohne ein weiteres Wort renne ich zu meinem Wagen und jage auf der Rollfeldringbahn meinem Liegeplatz zu. Hoffentlich komme ich noch zurecht! Verhindern, dass meine Fliegers mitfliegen, kann ich nimmer, denn eben rollen die ersten Mühlen aus allen Ecken des Flugplatzes auf den Platz.
Der Stabsschwarm startet schon und meine Staffel folgt. Während die Gruppe aber sammelt, bin ich schon an meiner . Die treue Krähe steht erwartungsvoll da und blinzelt mit dem gelben Schwänzchen. ‚Los, los, Domabyl, die Gurte, FT-Haube!’ Der Anlasser surrt schon, kommt auf Touren. Jetzt ziehen, sofort springt der Motor an. Kabine zu, und Domabyl kann sich nur noch mit einem gewaltigen Sprung von der Fläche dem Luftwirbel der hochtourenden Luftschraube entziehen.
Steil ziehe ich hoch, husche unter den eben auf Kurs gehenden Maschinen durch, vom einen Ende zum anderen, bis ich die Farbe meiner Staffel auf den Kennzeichen erkenne. Da haben Hein und die übrige Blase das gelbe Schwänzchen schon erspäht und schließen sich mir an. Die Bodenstellen melden laufend Mustangverbände im Raume Rheine–Lingen. Also muss es wohl Südwestkurs gehen. Aber es geht nicht. Von Westkurs wechselt die Gruppe langsam auf West-Nord-West, dann auf Nordwest und strebt immer mehr der Küste zu. Himmel, da ist doch gar nichts los!“
Unruhe macht sich breit unter den Staffelkapitänen. Was soll denn das nun wieder? Der Kampfauftrag lautet „Freie Jagd“! Jagd – von Jagen! Nicht „Spazierfliegen und wertvollen Sprit verpulvern“!
Es ist etwa der Moment, in welchem die in Achmer beheimatete IV. Gruppe des Jagdgeschwaders 27 über dem Luftraum Osnabrück-Lingen-Rheine verdammt dringend Hilfe gebrauchen könnte.
„Ich rufe Klemm und melde, wir müssen links um machen. Nichts rührt sich. Nun ruft Crump, Prager, Heilmann, ohne Antwort zu bekommen. Das Rufen wird ärgerlich, dann drängender, drängender, wütend. Nichts rührt sich. Weit voraus fliegt Klemm, immer mehr nach Norden abdrehend.
Himmel-Heiland, das wird mir doch zu dumm! Die Ems wird überflogen, wir müssen ja gleich über Groningen sein. Aber jetzt reißt mir doch die Geduld! So ein Mist kommt ja gar nicht infrage! Crump schreit sowieso schon (welch’ Wunder bei seiner sonstigen Ruhe!). Da soll fliegen, wer will – er nicht! Da schiebe ich Vollgas ´rein, rufe durch FT, dass ich die Führung übernehme und setze mich [mit den Tragflächen] wackelnd an die Spitze des Haufens. Immer weiter wackelnd fliege ich erst eine langsame Linkskurve. Aha, es kommt alles mit, die Kerls haben verstanden. Also, ´rum die Mühle und nach Süden geflogen. Herrlich reagiert der Verband, fliegt die schönste Hinter-Unterschneidekurve. Ich hab’ sie fest in der Hand.“
Die Uhr zeigt 13.25 an. Die Katastrophe für die IV./JG 27 ist nun nicht mehr abzuwenden. Feldwebel Josef Lichtenegger hat es zu diesem Zeitpunkt bereits geschafft, etwas zu erzielen, was man im friedlichen Fußball „Ehrentreffer“ nennen würde. Es ist aber nicht friedlich, und das mit der Ehre ist auch so eine Sache. Sein Opfer zerschellt ungefähr in diesem Moment. Es ist eine P-51 D „Mustang“ mit der Seriennummer 44-72351. Ihr Pilot, 2nd Lieutenant Ralph L. Bush von der 83rd Fighter Squadron, stirbt an Bord seiner Mustang (N° 44-72351) beim Aufprall drei Kilometer nördlich von Achmer.
Das ist es aber dann auch schon, was deutsche Erfolge betrifft. Die Bilanz der 78th Fighter Group spricht für sich selbst. Die IV./JG 27, die aufgestiegen war, um die Düsenbomber Arado Ar 234 B-2 der III./KG 76 zu beschützen, wird von den amerikanischen Piloten geradezu vom Himmel gefegt. Obwohl die Mehrzahl der Piloten mit der potenten Version K-4 der Messerschmitt Bf 109 ausgerüstet ist – diese rassige Maschine muss man fliegen können, will man mit ihr einer Mustang Paroli bieten!
Zumal – es ist immer dasselbe – es nicht nur eine (1) Mustang ist. Man könnte es fein umschreiben. Die gnadenlose Wahrheit lässt sich aber in Form einer Aufzählung anschaulicher verdeutlichen.
So endet der verzweifelte Luftkampf der Messerschmitt-Piloten gegen die Mustangs der 8th USAAF:
Focke-Wulf 190 D-9 des JG 26 verlassen ihre Waldverstecke und rollen auf die Startbahn. Ein solcher „Buschkrieg“ ist die einzige Chance der Staffeln, ihre Flugzeuge der Sicht feindlicher Tiefflieger und Aufklärer zu entziehen. Die Aufnahme entsteht im Februar 1945 in Nordhorn-Klausheide und zeigt die 7. Staffel des Jagdgeschwaders 26.
Sechs Gefallene (Otto Kienle ist zunächst verwundet, erliegt dann aber seinen Verletzungen) und fünf Verwundete gegen einen getöteten US-Piloten. Da gibt es nichts zu beschönigen. Trotz des Zahlenverhältnisses von 28 Messerschmitt Bf 109 gegen 47 P-51 D „Mustangs“ ist diese vernichtende Niederlage so eindeutig, dass aus solchen Begebenheiten oft die grundsätzliche technische Unterlegenheit der Messerschmitt Bf 109 – selbst K-4 – gegen die amerikanische P-51 D „Mustang“ abgeleitet wird. Indes – ganz gerecht wird man mit dieser bilanzorientierten Betrachtung alleine der Sache nicht.
Es sei dahingestellt.
Die Mustang-Piloten lösen sich nun von ihren Gegnern, einige haben ihre Munition weitgehend verbraucht. 1st Lieutenant Howard Seeley ist einer der Amerikaner. In der erbitterten „Kurbelei“ hatte er seinen Flügelmann (Rottenflieger) und eine der Messerschmitts, in die sie sich verbissen hatten, aus den Augen verloren. Nun schließt er sich einem „Flight“ von vier P-51 an, die in Richtung Heimat fliegen. Bereits nach 16 Kilometern (zehn Meilen) sichten die in etwa 3.000 Meter Höhe fliegenden US-Piloten eine Ansammlung dunkler Punkte, die gute 1.500 Meter über ihnen aus Nordwest kommend ihren Flugweg kreuzen. Diese Flugzeuge stellen sich als etwa 15 deutsche Focke-Wulf heraus.
Shit!
Da die Feindjäger über ihnen anfliegen, haben die US-Jagdflieger keine Wahl. Weiter Kurs halten heißt, den deutschen Gegnern die Initiative zu überlassen, sich aus dem günstigsten Angriffswinkel von oben auf sie zu stürzen. Also nehmen die Amerikaner die Herausforderung an – was bleibt ihnen auch anderes übrig? Sie steigen auf die Höhe der Deutschen und stellen sich erneut zum Luftkampf.
Seeleys Grüppchen ist nicht alleine. Etwa 50 Kilometer nordwestlich von Osnabrück gerät ein Teil der rechnerisch immer noch 46 P-51 D „Mustangs“ der 78th Fighter Group verteilt in Einzelformationen an die etwa 15 deutschen „Langnasen“.
Aus Dortenmanns Sicht entwickelt sich die Begegnung wie folgt:
„Kaum fliegen wir zehn Minuten mit etwas mehr Zahn als gewöhnlich dicht unter der zerrissenen Wolkendecke auf diesem Kurs, meldet Crump unter uns ‚Indianer’. Richtig, ein ganz netter Pulk ...
Achtung, aufpassen – die kurven hoch, versuchen, uns anzugreifen! Steil zieht die amerikanische Führermaschine nach oben, [um] meinen letzten, in Linkskurve fliegenden Mann anzugreifen. Ich hänge fast über der Mustang, bekomme aber mit dem besten Willen meine Mühle nicht recht rum. Ich leg’ sie auf den Rücken, lass’ sie nach unten abrutschen und nun sitzt der Ami wunderbar auf 50 Meter vor mir im Fadenkreuz. Nur, dass ich ihn verkehrt sehe. Durch Drücken halte ich vor und aus dreißig Meter Entfernung höchstens fetzt meine Leuchtspur in ihn. Aber es ist zu nahe, ich kann die Wirkung nicht mehr recht beobachten, muss wegrollen. Im Hochziehen kurvt vor mir eine Mustang ein. Auf 150 Meter Entfernung bekommt sie einen Kühlertreffer verpasst.
P-51 K mit dem Code (Serial-Number 44-11653) der 78th US Fighter Group, hieraus 82nd US Fighter Squadron, mit zwei abwerfbaren Zusatztanks.
Jetzt meldet Hein einen Abschuss, Prager meldet einen, wüstes Geschrei im FT! Ich fliege, mit allen Sachen, meiner Mustang nach, den Kopf dauernd nach hinten verdrehend. Über uns sind auch Mustangs aus den Wolken gekommen! Abschuss nach Abschuss kann ich bestätigen und beobachten. Auch mein zweiter sitzt günstig auf kürzeste Entfernung jetzt vor mir. Mit anständigem Dauerfeuer wird er regelrecht zerlegt!
Zurück zum Haufen, der kurbelt immer noch ganz schön. Aber es sind kaum mehr Mustangs zu sehen, die meisten ziehen in die Wolken. Nanu, gibt’s das auch mal wieder, dass wir nach Luftkampf das Feld beherrschen? Das hab’ ich im Westen fast noch nie erlebt! Der Sprit geht zur Neige, ich gebe Befehl, nach Hause zu fliegen. Einigermaßen geschlossen trudelt die Gruppe ein, wackelnd geht’s über den Liegeplatz [Anmerkung: diese Flugfigur signalisiert dem Bodenpersonal je ‚tanzendem’ Überflug einen Luftsieg]. Nun zurück und nochmals wackelnd darüber. Die Kumpels unten schmeißen Mützen und Arme vor Begeisterung hoch und hüpfen vor Freude wie verrückt von einem Bein auf’s andere.“
Oberleutnant Dortenmann gibt später zu Protokoll: *7
„Gefechtsbericht zum 29. Abschuss.
Am 19.3.45 startete ich um 13.00 Uhr als Schwarmführer im Gruppengefechtsverband zur freien Jagd im Geschwaderraum.
Nachdem ich um etwa 13.25 Uhr die Führung des Gefechtsverbandes übernommen habe, bekamen wir auf SO-Kurs in 4.000 m Höhe Feindberührung mit 8 tiefer fliegenden Mustangs und etwa 5 über uns in den Wolken fliegenden Feindjäger[n]. Ich griff sofort eine von unten einkurvende Mustang von hinten oben an, beschoss sie in steilster Linkskurve und halbem Rückenflug aus etwa 50-20 m Entfernung. Ich sah schwere Treffer in rechter Fläche, Rumpf und Motor. Da die Entfernung zu kurz wurde, musste ich wegdrehen und konnte den Absturz des Feindjägers nicht weiter verfolgen. Einen Fallschirmabsprung habe ich nicht gesehen.
Tag und Zeit des Abschusses: |
19.3.45. 13.36 Uhr |
Ort des Abschusses: |
Pl.Qu. FQ 4 NW Fürstenau |
Höhe des Abschusses: |
3.500 m |
Zeuge: |
Uffz. Hein |
Soweit die eingereichte Abschussmeldung zu Oberleutnant Hans Dortenmanns 29. Luftsieg. Unteroffizier Kurt Hein fliegt als Rottenführer der zweiten Rotte in Dortenmanns Schwarm kurz hinter seinem Staffelkapitän und bestätigt den Abschuss:
„Luftzeugenbericht zum 29. Abschuss des Oblt. Dortenmann.
Am 19.3.45 startete ich um 13.00 Uhr als Rottenführer des Oblt. Dortenmann zur freien Jagd im Geschwaderraum.
Um 13.25 Uhr bekamen wir Feindberührung NW Fürstenau mit etwa 10–15 Mustangs. Oblt. Dortenmann griff sofort eine Mustang von hinten und [in] steiler Linkskurve an. Ich flog in 50 m Entfernung links hinter meinem Schwarmführer und beobachtete, wie Oblt. Dortenmann Treffer in der rechten Fläche, Rumpf und der Kabine anbrachte. Kurz darauf sah ich, wie die rechte Tragfläche in der Mitte wegbrach und das Feindflugzeug in steilem Sturz mit heller Fahne zu Boden ging. Den Aufschlag konnte ich nicht beobachten, da ich selbst angriff und dabei eine Mustang von hinten abschoss. Der Abschuss des Oblt. Dortenmann erfolgte um 13.36 Uhr in 3.500 m Höhe im Pl. u. FQ 4. Einen Fallschirmabsprung konnte ich nicht sehen.“
Interessant für die relativ strengen deutschen Abschusskriterien ist die abschließende Stellungnahme Klemms, der trotz erfolgter Beförderung als „Hauptmann und Gruppenkommandeur“ unterschreibt:
„Stellungnahme des Gruppenkommandeurs.
Oblt. Dortenmann ist als guter Jagdflieger und sicherer Schütze bekannt. Obwohl vom Schützen sowie Luftzeugen der Aufschlag nicht beobachtet werden konnte, geht aus dem Zeugenbericht die Vernichtung der Mustang durch das Abbrechen der rechten Tragfläche klar hervor. Um Anerkennung des Abschusses höheren Ortes wird gebeten.“
Die beiden Mustangs zerschellen bei Lotten, einem Dorf 15 Kilometer südöstlich der Stadt Meppen. Zumindest der von Unteroffizier Hein bezwungene Amerikaner kann noch mit dem Fallschirm abspringen und gerät in Kriegsgefangenschaft.*8 Nach den amerikanischen Unterlagen endet allerdings nur ein Pilot als Gefangener, und jener ist das spätere Opfer von Leutnant Crump.
Der zwanzigjährige Oberfähnrich Heinz Birkner fliegt als Rottenflieger („Katschmarek“) Oberleutnant Dortenmanns seinen allerersten Kampfeinsatz. Auch er beobachtet den Abschusserfolg seines Staffelkapitäns aus nächster Nähe, während er mit Schrecken die furiose Wildheit eines Luftkampfes realisiert, in welchem Sekunden über Leben und Tod entscheiden. Birkner versucht, eisern an seinem Rottenführer „dran“ zu bleiben, und um Himmels Willen keinen Fehler zu machen.
Dortenmann ist bereits an seinem nächsten Opfer. Er kann nicht wissen, dass er einen sogar höherrangigen exklusiven Gegner vor sich hat. Sein Kontrahent ist kein Geringerer als Major Harry L. Downing, Kommandeur der 84th US Fighter Squadron. Die Geschosse aus Dortenmanns je zwei schweren 13-mm-MG-131-Maschinengewehren und 20-mm-MG-151-Bordkanonen beschädigen Downings Mustang schwer. Doch sie fliegt nach wie vor, während Dortenmann steil nach oben wegsteigt.
Birkner will ihm folgen – doch im letzten Moment kommen ihm Zweifel. Was ist, wenn er an der angeschossenen Mustang vorbeizieht und der Amerikaner nur darauf wartet, ihn dann von hinten aufs Korn nehmen zu können? Also nimmt Birkner in einem Blitzentschluss Gas weg und feuert selbst noch eine Salve in die Mustang. Die nimmt den Geschosshagel offenbar ohne Effekt zur Kenntnis.
Der Amerikaner ist gleichwohl weidwund geschossen und versucht nun zu entkommen. Gleichzeitig sucht Birkner verzweifelt seinen Chef. Es war nur eine Sekunde, die er gezögert hatte – im Übrigen mit einer vorausschauend absolut klugen Einschätzung der Situation. Doch jetzt ist er allein – ein brandgefährlicher Zustand als blutiger Anfänger inmitten eines heißen Luftduelles. Scheiße aber auch!
Endlich sieht Birkner seinen Rottenführer und Staffelkapitän. Der hat ja extra sein Seitenruder und die Rumpfunterseite der Motorpartie gelb bemalen lassen, damit er in der Luft leichter auffindbar ist – wohlwissend, dass ihn jedwede Auffälligkeit dieser Art als Führungsmaschine entlarvt und somit zur besonders lukrativen Zielscheibe seiner Gegner macht. Doch das Wohl seiner Schützlinge ist dem Schwaben Dortenmann wichtiger – als Staffelkapitän hat gerade er als Rottenflieger meistens unerfahrene, fast hilflose Neulinge, die leicht einmal im Kampfgetümmel den Anschluss verlieren.
Oberfähnrich Heinz Birkner erkennt schließlich mitten im Durcheinander das gelbe hintere Heck seines Chefs – doch zu weit oben, um aufzuschließen. Also verdrückt er sich in die Wolken in realistischer Einschätzung seiner Chancen, sollte er an US-Piloten in voll kampffähigen Mustangs geraten. Derweil stürzt sich Dortenmann erneut auf die angeschossene Maschine Downings.
2nd Lieutenant Thomas Thain hört den Squadron Leader per Funk. Er sei getroffen und müsse raus. „So long, gang!“ sind Downings letzte Worte vor dem Absprung! „Macht’s gut, Rasselbande!“
Feldwebel Ostrowitzki sieht die Mustang Downings (N° 44-72407) um 13.37 Uhr nordwestlich von Fürstenau (35 Kilometer nordwestlich Osnabrück) am Boden zerschellen. Ostrowitzki fliegt in der 15./JG 26.
Der Luftkampf wird immer verbissener. Die modernen Focke-Wulf 190 D-9 „Langnasen“ haben ihre konstruktiven Qualitäten und die Konkurrenzfähigkeit zum amerikanischen „Star“ der Jagdflugzeuge eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Doch man sollte die Mustangs keinesfalls unterschätzen. Feldwebel Arnfried Köhler aus der 13. Staffel war in den letzten Wochen mehrfach abgeschossen und verwundet worden. Es scheint, als habe es sein Schicksal auf ihn abgesehen. Heute erfüllt es sich. Nicht weit von Downings Mustang schlägt auch seine Dora-9 auf und nimmt Köhler mit in den Tod.
Ähnlich dramatisch ist das Ende eines Staffelkameraden Köhlers. Es ist ausgerechnet der alte Haudegen Renatus Spitz, ein gebürtiger Elsässer. Unteroffizier Spitz ist Leutnant Crumps bewährter Katschmarek, ein umsichtiger und erfahrener Pilot, auf den sich Crump blind verlassen kann. Verlassen konnte. Axel Urbanke schildert in seinem lesenswerten Buch *9, wie der fünfzehnjährige Gerd Kohde von der Schule in Berge mit dem Fahrrad zum heimatlichen Bauernhof nach Hause radelt und dabei zwischen den Waldstücken auch ein offenes Stück Feld überqueren muss. Kohde befindet sich gerade auf jener Passage, als über ihm Maschinengewehre zu rattern beginnen und Bordkanonen schießen. Das gab es schon lange nicht mehr – von der deutschen Luftwaffe war meistens weit und breit nichts zu sehen. Der Junge wirft sich sofort unter den nächsten erreichbaren einzelnen Baum, als er die Flugmotoren über sich aufheulen hört. Längst ist er sich der Gefahr bewusst, die von britischen und amerikanischen Tieffliegern ausgeht. Diese Piloten scheuen sich nicht, unterschiedslos und damit gnadenlos auf alles zu schießen, was sich am Boden bewegt. Erst neulich war der Junge nur mit knapper Not einem solchen Anschlag aus der Luft auf sein junges Leben entgangen.
Doch dieses Mal kommt das am lautesten kreischende Flugzeug in ungewöhnlich steilem Flugwinkel näher. Der Motor hört sich gar nicht gut an. Mit dem stimmt etwas nicht! Dann kracht es in einem nahe gelegenen Waldstück. Ein Rauchpilz wölbt sich in den Himmel.
Kohde radelt in den Forst. Dort begegnet ihm eine Frau, die offenbar die auf dem Waldweg liegenden Ausweisunterlagen des Piloten gefunden hatte. Es ist ein deutscher Jagdflieger! Ein Unteroffizier. Das macht es nur noch schlimmer!
Zunächst verhindert die explodierende Munition, näher an den Ort des Unglücks heranzutreten. Es sei eine schauerliche Atmosphäre, berichtet Urbanke. Rauchschwaden durchziehen den Wald, Explosionen erschüttern die Szene, kleine Feuer überall.
Da gibt es keine Hilfe mehr. Der Junge radelt erschüttert nach Hause. Erst Stunden später am Abend kehrt er mit Mutter und Schwester zurück. Nun bietet sich ein Bild des Grauens. Die meisten Feuer sind aus, auch bildet die scharfe Munition keine Gefahr mehr. Was explodieren hatte können, ist längst in die Luft geflogen. Fetzen überall, in den Ästen, auf dem Boden.
Flugzeugtrümmer, aber auch Körperteile aller Art.
So also sieht Krieg aus!
Auch so: Um 13.45 Uhr sehen die Einwohner von Dalvers drei Kilometer östlich von Berge ein amerikanisches Jagdflugzeug mit aufheulendem Motor sich in den Boden bohren. Es ist die P-51 D „Mustang“ (Produktionsnummer 44-72386) des Lieutenant James A. Bolen aus der 84th US Fighter Squadron.
Bolen kommt noch mit dem Fallschirm heraus und bekommt auf der Landstraße zwischen Berge und Quakenbrück wieder Boden unter den Füßen. Sichere Erde, wie es scheint – doch auch sein Schicksal hat andere Pläne. Ein Windstoß fegt dem Amerikaner den Boden unter den Füßen wieder weg und reißt ihn hilflos am Fallschirm hängend mit sich. Ausgerechnet hier steht der Rest eines frisch gefällten Baumes. Die wie Lanzen nach oben ragenden spitzen Holzteile des Baumstumpfes stoppen seinen Erdrutsch. Bolen stirbt kurz darauf mit schweren inneren Verletzungen und einem Wirbelbruch.
Insgesamt werden zwei deutsche Piloten in diesem erbitterten Luftkampf abgeschossen, es sind die bereits erwähnten Flugzeugführer Feldwebel Arnfried Köhler und Unteroffizier Renatus Spitz aus der 13./JG 26. Auf der amerikanischen Seite wurde Major Harry L. Downing und Lieutenant James A. Bolen bereits genannt. Doch insgesamt fallen vier Mustangs der 78th US Fighter Group den Piloten der IV./JG 26 zum Opfer. Einer der beiden anderen ist Lieutenant Thomas N. Reeves junior aus der 84th US Fighter Squadron in seiner P-51 D mit dem Code (Seriennummer 44-15675). Reeves fällt. Ferner erwischt es einen weiteren Piloten aus der 83rd Fighter Squadron, die bereits jenen einen Verlust gegen die Messerschmittpiloten der IV./JG 27 zu beklagen hatte. Nun wird auch noch Lieutenant Elmer K. Nieland abgeschossen, der allerdings überlebt und verwundet gefangen genommen wird. Nieland fliegt eine P-51 D mit den Rumpfbuchstaben
(Produktionsnummer 44-15721), bis er etwas zu übereifrig zur Sache geht. Vielleicht ist er es schon derartig gewöhnt, auf deutscher Seite eher unerfahrene Gegner vor sich zu haben, dass er nun etwas übermütig geworden ist.
Leutnant Peter Crump berichtet, als er nach dem Kampf gemeinsam mit einem Kameraden in Richtung auf Varrelbusch zurückfliegt: *10
„Eine Mustang verfolgt uns aus südlicher Richtung, als wir uns dem Flugplatz Cloppenburg nähern. Doch zunächst fliege ich gemeinsam mit einer anderen D-9 an meiner rechten Seite unbeirrt weiter in Richtung Varrelbusch. Gleichwohl behalte ich die Mustang im Auge und lasse sie näher kommen ...
Als deren Pilot wohl schließlich denkt, er habe mich, reiße ich mein Jagdflugzeug abrupt herum. Der Mustang-Pilot ist offenbar so überrascht, dass er kaum Ausweichbewegungen fliegt, als ich nun direkt hinter ihm sitze. Nach mehreren Feuerstößen geht die Maschine brennend in die Tiefe. Der Pilot steigt mit dem Fallschirm aus. Er wird später mit Verbrennungen nach Varrelbusch gebracht. Der Horstkommandant, Major Fust, ist ziemlich aufgebracht darüber, denn Gefangene dürfen eigentlich das Flugfeld keinesfalls zu sehen bekommen!“
Die erfolgreichen deutschen Piloten sind wie geschildert aus der 13. Staffel Leutnant Crump, der Staffelkapitän, ferner aus der 14. Staffel zweimal Oberleutnant Dortenmann und einmal Unteroffizier Hein, ferner aus der 15. Staffel Leutnant Prager. Somit werden fünf Abschüsse auf deutscher Seite gemeldet und bestätigt, von den Amerikanern aber in diesem Luftkampf nur vier Verluste eingeräumt.
Jedenfalls, was die 78th US Fighter Group betrifft, um die es in diesem Schlagabtausch geht. Denn noch ein Pilot der IV./JG 26 meldet andernorts den Abschuss einer Mustang, der ihm auch anerkannt wird. Dieser Erfolg kommt jenem Piloten gelegen, erschwert er doch die Bewertung seines Verhaltens.
Es ist der Gruppenkommandeur Major Rudolf Klemm, der gemeinsam mit den ihm die Treue haltenden Piloten des Stabsschwarms schließlich ebenfalls nach Süden abdreht und gemäß den eingereichten Meldungen im Planquadrat GQ 3 zehn Kilometer nordwestlich von Nordhorn eine Mustang vor die Rohre bekommt. Tatsächlich verlieren auch die 55th, 353rd und 359th US Fighter Groups Mustangs, wobei jene (jeweils zwei) Verluste der 55th und 353rd FG entweder weitab stattfinden oder auf technische Probleme zurückgeführt werden, allerdings mit offenen Fragen *11. Das Schicksal des Piloten der 359th FG dagegen ist unklar. Wer auch immer es gewesen sei – es ist Klemms letzter Abschuss.
Nüchtern betrachtet (und nur die deutsche Seite berücksichtigend) ergibt sich folgende Überlegung:
Wäre die Formation der IV./JG 26 ohne den merkwürdig stur geflogenen falschen Kurs des Kommandeurs rechtzeitig über dem vorgesehenen Einsatzgebiet erschienen, so hätten möglicherweise einige der in der zahlenmäßigen Unterlegenheit geradezu überrollten, nun toten Messerschmitt-Piloten der IV./JG 27 diesen Tag überleben können.
Andererseits – hätten die Staffelkapitäne der IV./JG 26 – allen voran Oberleutnant Dortenmann – nicht schließlich selbst das Heft in die Hand genommen und wären einfach Klemm hinterhergeflogen – Feldwebel Arnfried Köhler und Unteroffizier Renatus Spitz könnten auch noch am Leben sein.
Jeder einzelne Gefallene in einem Krieg – welcher Seite auch immer – ist einer zu viel. Aber sechs Wochen vor Kriegsende in einer völlig aussichtslosen militärischen Lage? Wofür noch?
Würde Klemm zu diesem Aspekt – und sei es hinter vorgehaltener Hand – stehen, vielleicht erführe er auch dann Ablehnung von den fast ausschließlich pflichtbewussten und kampfeswilligen Piloten. So etwas im Angesicht souveräner Führungspersönlichkeiten wie Dortenmann und in einer derartigen Zeit, bedroht vom Kriegsgericht, durchblicken zu lassen, dürfte schwierig sein. Doch eine Haltung unter der Überschrift: „Wir versuchen gemeinsam, die gesamte Gruppe einigermaßen heil über die Runden zu bekommen“, wäre zumindest nachvollziehbar, selbst für die zu allem Entschlossenen. Was genau in Major Klemm vor sich geht, kann nur er selber wissen. Aber aus allen Berichten und Fakten lässt sich nicht ableiten, dass er zu seinen Motiven steht oder ihn das Wohl seiner Gruppe sonderlich bekümmert – jener Männer, die auf seine umsichtige Führung angewiesen sind. Vor allem das Desinteresse am Schicksal seiner Leute macht es schwer, Klemm aus der Verantwortung zu entlassen!
Als Oberleutnant Dortenmann nach seiner Landung in Varrelbusch in die Kommandobaracke läuft, hört er seinen Gruppenkommandeur Major Rudolf Klemm soeben mit dem Geschwaderkommodore, Major Franz Götz, telefonieren. Dortenmann ist sich im Klaren, dass Klemm versuchen wird, den Ablauf des Feindfluges zu seinen Gunsten zu verfälschen – was höchstwahrscheinlich bedeutet, dass er, Dortenmann, den „schwarzen Peter“ erhalten soll. Der Staffelkapitän der 14. Staffel ist nicht gewillt, dies mit sich machen zu lassen!
Also greift er selber zu einem zweiten Telefonhörer und drängt sich in das Telefonat zwischen Klemm und Götz – gerade, als der Geschwaderkommodore nach dem Grund für die Aufregung zu Beginn des Einsatzes und den Ärger im Funkverkehr fragt. Schließlich hört man am Boden jeden Funkspruch in voller Güte mit!
Dortenmann nimmt das Gespräch an sich und beschreibt kurz und bündig die Ursache für das Zerwürfnis nach dem Start, dass „wir aus unerfindlichen Gründen fast bis zur Küste hochgeflogen wären“ und er daraufhin die Führung übernahm sowie den weiteren Verlauf und die erfreuliche Bilanz des Gefechtes mit den Mustangs.
Major Götz hat seit Ende Januar 1945 die Geschwaderführung des Jagdgeschwaders 26 inne und hört interessiert zu. Er gratuliert erfreut zu dem siegreichen Luftkampf und verspricht, „das andere noch zu klären“. Was auch immer das heißen mag!
Klemm sieht einigermaßen sauer drein, sagt aber nichts. Bis Leutnant Peter Crump hinzutritt und ihn geradeheraus fragt, warum er diesen verrückten Kurs geflogen sei?
Klemm weicht aus, begründet dies mit einem Kompassfehler ...
Die erste Amtshandlung des Oberleutnants Dortenmann nach dieser Behauptung ist ein Telefonat – hinter Klemms Rücken, versteht sich. Er lässt Klemms Focke-Wulf untersuchen, vornehmlich deren Kompass. Der zeigt nicht ein einziges Grad Abweichung! Er funktioniert völlig einwandfrei. Wie oft noch soll er sich Klemms Ausflüchte anhören?
„Die ganzen mitgeflogenen Flugzeugführer feiern am Abend, denn natürlich wird der Eiercognac nicht von den Abschießern allein getrunken, sondern gemeinsam. Im Übrigen lacht die ganze Korona über den Herrn Kommandeur und freut sich diebisch, dass ihm eins ausgewischt wurde und er seine Unfähigkeit, oder aber seine Feigheit, wieder mal schönstens vorgeführt hat. Hatte bis jetzt im Großen und Ganzen aber nur das Flugzeugführerkorps meiner Staffel unumschränktes Vertrauen zu mir, so besitze ich jetzt das aller Flieger. Und das freut mich und ist mir Lohn genug für alle Anstrengungen und Gefahren. Denn leicht ist’s oft nicht, einen bedrängten jungen Hasen oder Kameraden herauszuhauen. Zessin und einige andere können ein Wörtchen davon reden! Natürlich bin ich mir klar, dass die Erfolge, die ich mit dem Verband in letzter Zeit erzielen konnte, nur möglich waren im Verein mit Peter Crump, Hannes Prager und vieler anderer alten Flugzeugführer.
Hein, der bei meinem heutigen ersten Abschuss hinter mir flog und mir fabelhaft einen von mir gar nicht rechtzeitig bemerkten ‚Hintermann’ wegschoss, wofür ich ihm herzlichst danke, erzählt dann über die Wirkung meiner Waffen. Die Garbe, im Rückenflug aus nächster Entfernung abgegeben, hat der Mustang die rechte Fläche buchstäblich abgesägt. Donnerwetter, schade, dass ich das nicht so genau sehen konnte! Das erlebt man nicht zu oft.“
Es folgt noch ein weiterer Einsatz an diesem Tag, den zehn Jagdflugzeuge der IV./JG 26 gemeinsam mit einigen Kameraden der I./JG 26 fliegen sollen. Es sind zunächst zehn Piloten der IV. Gruppe, die starten. Zwei von ihnen müssen wegen technischer Probleme umkehren. Einer davon ist Gruppenkommandeur Rudolf Klemm ...
Es kommt zum Luftkampf mit Mustangs der 434th US Fighter Squadron, die überraschend aus den Wolken angreifen und zwei Focke-Wulf 190 D-9 der I./JG 26 abschießen. Beide Piloten steigen aus, doch während Unteroffizier Düsing (2./JG 26) fast unverletzt bleibt, öffnet sich der Fallschirm seines Staffelkameraden Feldwebel Hoffmann nicht.
Die IV./JG 26 bleibt ungeschoren, auch die Mustangs kommen mit nur einer beschädigten P-51 glimpflich davon.
Der 20. März 1945 bricht an. Ein strahlend sonniger, klarer Frühsommertag. So ganz nach dem Wunsch der Jagdflieger. Der alliierten, wohlgemerkt.
Denn die chronisch in der zahlenmäßigen Unterlegenheit mit dem Rücken an der Wand stehenden deutschen Jägerpiloten wissen wohl, was ihnen bei einem solchen Wetter bevorsteht.
Der erste Einsatz des Tages wird von Oberleutnant Hans Dortenmann geführt. Seine neun Focke-Wulf 190 D-9 sollen nach alliierten Artilleriebeobachter-Hochdeckern im Gebiet um Duisburg Ausschau halten. Das Grüppchen startet um 08.45 Uhr.
In einer Flughöhe zwischen 2.000 und 3.000 Metern Höhe geraten die neun deutschen Jäger an eine Übermacht von etwa dreißig Maschinen der Gegenseite – laut Flugbuch Unteroffizier Reys aus der 14./JG 26 handelt es sich um etwa 20 Tempests, ferner Spitfires und Mustangs. Dortenmann erkennt sofort die Aussichtslosigkeit eines Kräftemessens in dieser Konstellation und ergreift mit seinen Männern gemeinsam die Flucht. Heroisch ist das nicht, aber klar, entschlossen, geradlinig und vernünftig.
Eine der Focke-Wulfs schafft es indes nicht nach Varrelbusch, zum Glück wird der Pilot bei der Notlandung nur verletzt. Auch steht nicht fest, ob die Bruchlandung auf „Feindeinwirkung“ zurückzuführen ist – sie ist es vermutlich nicht. Es gibt gemäß Recherche von Axel Urbanke Hinweise auf einen Motorbrand auf Grund technischen Versagens. Es könnte sich um Unteroffizier Johann Grüner aus der 14./JG 26 handeln, der „Mitte März 1945“ auf Grund eines Motorschadens notlanden muss.
Doch nun kommt es wieder, wie es kommen muss. Denn der nächste Einsatz gegen 17.15 Uhr wird vom Gruppenkommandeur persönlich geleitet. Von Major Rudolf Klemm.
Es sind 20 „Langnasen“, die Arado 234 B-2-Düsenbomber der III./KG 76 beim Start in Achmer decken sollen. Unter ihnen ist auch der „alte Hase“ Leutnant Kurt Siebe, den vor diesem Flug eine merkwürdige Unruhe befällt. Er erzählt seinem Freund Leutnant Hans Prager von dem unguten Gefühl, der ihm daraufhin anbietet, an Siebes Stelle zu fliegen. Siebe lehnt das Angebot kategorisch ab.
„Der Start ist schon ein Drama für sich.“ vertraut Dortenmann seinem Tagebuch an. „Klemm kommt und kommt nicht, gibt aber dauernd Befehl, über dem Platz zu warten. Er käme gleich. Und dann startet er von unten raus. Wir kreisen in 1.000-1.500 Meter und denken, er kommt hoch und tritt dann mit uns gemeinsam an. Ja, Schnecken! Ich seh’ wohl unten ein Flugzeug rausstarten und Richtung Süden abfliegen. Aber das kann auch ein Überführungs- oder Werkstattflieger sein. Plötzlich brüllt er im FT, wo wir bleiben? Er sei schon fast bei Quakenbrück. Da kann also die ganze Gruppe wieder mit Vollgas hinterherhetzen!“
In 3.000 Metern Höhe über Achmer überwachen die Focke-Wulfs den Luftraum. Klemm fliegt an der Spitze der Gruppe, gefolgt von Oberleutnant Dortenmanns 14. Staffel und weiteren Maschinen. Das Schlusslicht bildet Oberleutnant Heilmanns Formation von sechs Maschinen aus der 15. Staffel.
Die Düsenbomber heben ab – und prompt wird einer der Jets von anfliegenden amerikanischen Thunderbolts und Mustangs angegriffen. Heilmann sieht es, er meldet dies sofort an Klemm. Und Major Klemm, wohl wissend, dass sein Funkverkehr auch an den Bodenleitstellen nicht ungehört verhallt, antwortet dieses Mal umgehend. „Wir greifen an!“, tönt es aus den Kopfhörern.
Heilmann, der sich auf diese Aussage verlässt, tut exakt das – er stürzt sich mit seinen sechs Jägern auf die Mustangs in der festen Überzeugung, dass Klemm mit dem Rest der Formation hinter ihm herkommt und ebenfalls zum Angriff übergeht. Er sollte es inzwischen besser wissen.
Denn Klemm denkt gar nicht daran! Er fliegt weiterhin in einer spiralförmigen Linkskurve nach oben. Heilmanns kleine Streitmacht findet sich Augenblicke später inmitten eines Wespennestes wieder. Er ist hoffnungslos in der Minderheit. Dortenmann sieht die Katastrophe, wieder einmal ruft er per Funk seinen Gruppenkommandeur, schreit, fordert ihn auf, sofort die Mustangs anzugehen, flucht, verwünscht den Teufel in der Hölle. Hinten sei Luftkampf, Heilmann würde bedrängt! Auch Heilmann selbst ruft Klemm um Unterstützung, ruft, ruft um Hilfe ...
Klemm schert sich einen Dreck um Dortenmann und Heilmann samt deren Männern. Er steigt weiterhin seelenruhig auf Höhe, während weiter unten die Jagdflieger aus Heilmanns Grüppchen in aussichtsloser Lage auf sich allein gestellt um ihr Leben kämpfen.
Major Klemm hat mit den befehlsgemäß folgenden restlichen Maschinen bereits über 5.000 Meter Höhe erreicht, als Oberleutnant Dortenmann erneut versucht, das Heft an sich zu reißen. Er gibt Gas, will an die Spitze der gesamten Restformation, um die Führung zu übernehmen und endlich Heilmann zu Hilfe zu kommen. Doch Klemm fliegt Vollgas, Dortenmann hat keine Möglichkeit aufzuschließen.
Hätte der Staffelkapitän der 14. Staffel nicht ausgerechnet an diesem Tage eine ganze Reihe von Grünschnäbeln in seiner Obhut, er hätte auf den Rest der Gruppe verzichtet und hätte sich eigenmächtig mit seiner Staffel alleine auf die US-Jäger geworfen. Dortenmann wird immer verzweifelter. Tränen der Wut stehen ihm in den Augen. Er verwünscht Klemm mit allem, was die deutsche Sprache an Schmähungen und Flüchen bietet. Der Wortlaut seines Tagebuchs sei hier nicht wiedergegeben ...
Oberfähnrich Heinz Birkner aus Dortenmanns Staffel ist einer der Neulinge, er sieht eine ganze lange Kette weiterer feindlicher Jäger von rechts unten zu ihnen hochziehen. Gegen die weißen Kumulus-Wolken hinter ihnen seien die Feindflugzeuge nicht zu übersehen, so schreibt er *12. Es ist offensichtlich, dass die gegnerischen Piloten sich hinter sie manövrieren wollen, um von dort aus anzugreifen. Oberleutnant Dortenmann meldet nun diese neue Gefahr an Klemm und beschwört ihn, umzukehren und diese Gegner anzugreifen. Doch Klemm sei dazu nicht zu bewegen, so Oberfähnrich Birkner.
Schließlich hat Dortenmann vom Argumentieren genug. Der schiere Selbsterhaltungstrieb erfordert Handeln. Nachdrücklich fordert er seine Staffel auf, ihm zu folgen. Dann reißt er sein Jagdflugzeug in eine steile Rechtskurve und jagt mit Vollgas im Sturzflug durch die zweite feindliche Jägerkette.
Zum Glück verfolgen die Amerikaner Dortenmanns Häuflein nicht. Wohl aber jenes von Oberleutnant Heilmann, der inzwischen ebenfalls sein Heil in der Flucht sucht. Mit sechs Hanseln gegen wenigstens 20 Mustangs – das kann nicht gut gehen. Die Deutschen erkennen eine 1.000 Meter tiefer liegende Wolkendecke, die ihnen eine letzte Entkommenschance lässt. Doch wie löst man sich aus dem erbitterten Umeinanderkurven? Heilmann versucht sein Glück mit einem Frontalangriff und glaubt, eine der Mustangs getroffen zu haben, dann hat er zwei andere in seinem Genick und jagt den Wolken entgegen. Seine Männer machen befehlsgemäß dasselbe. Heilmann sieht in einem Seitenblick einen seinen Kameraden mit einer ganzen Horde von sechs bis acht Mustangs auf den Fersen.
Es ist der Moment, als die gellenden Todesschreie von Leutnant Kurt Siebe in den Kopfhören ertönen. Selbst Oberleutnant Dortenmann, der nun allerhand gewöhnt ist, läuft es kalt den Rücken herunter.
Immerhin ist Siebe seit Herbst des Jahres 1943 mit dabei. Nur wenige von denen, die immer noch am Leben sind, können auf so viele Feindflüge zurückblicken wie er. Und dann das – ins offene Messer geschickt und schmählich im Stich gelassen, abgeschossen von einer zigfachen Übermacht.
Heilmann ist nach der Landung nahe daran, Klemm eigenhändig zu erschießen. Als dieser in der Nachbesprechung wieder einmal behauptet, er habe keine Jäger unter der Gruppe, wohl aber über sich gesehen und diese angreifen wollen, ist Siebes bester Freund Hannes Prager nicht mehr zu halten. Der Leutnant schreit Klemm seine Erbitterung mitten ins Gesicht. Und Oberleutnant Hans Dortenmann spricht anschließend bei seinem Gruppenkommandeur hochoffiziell vor.
Er gebe ihm, Herrn Major Rudolf Klemm, hiermit förmlich und ordnungsgemäß zur Kenntnis, dass er sich weigere, unter seinem Kommando zu fliegen, und dafür sorgen werde, dass bis auf weiteres kein Pilot seiner Staffel mehr für irgendwelche Einsätze unter Klemms Führung zur Verfügung stehe.
Er schlage vor, dass Klemm und er, Dortenmann, abwechselnd die Einsätze leiten mögen. Soweit es ihn, Dortenmann, betreffe, sei dies die einzig denkbare Lösung.
Klemms Antwort ist kurz und bündig. Er verbitte sich, per Sprechfunk „Arschloch!“ genannt zu werden und im Übrigen müsse Dortenmann selber wissen, was er tue oder nicht tue.
„Jawohl, Herr Major!“ Dortenmann dreht sich um und geht.
Der weitere Verlauf der Dinge ist zunächst geprägt von den heftigen Kämpfen am Boden, welche einerseits dem Brückenkopf über den Rhein folgen, welchen die 3. US-Armee überraschend bei Oppenheim erzwungen hatte, und ferner dem gigantischen Übersetzmanöver der Briten und Amerikaner am Niederrhein unter Field Marshal Montgomery. Außerdem setzt die 1. US-Armee bei Remagen immer heftiger dazu an, aus dem Umklammerungsring ihres Brückenkopfes herauszubrechen. Von nun an ist die Lage endgültig aussichtslos.
Zu allem Überfluss bombardieren die schweren Bomber der 8th USAAF nun systematisch die norddeutschen Jetbasen der Luftwaffe und auch die übrigen Fliegerhorste, beispielsweise am 21. März 1945 die Plätze Wittmundhafen, Achmer, Hesepe, Bad Zwischenahn, Handorf und Hopsten. Am 24. März 1945 entlädt eine ganze Armada von Transportflugzeugen und Lastenseglern über den Köpfen der verzweifelt das östliche Ufer des Niederrheins verteidigenden deutschen Truppen 17.000 alliierte Fallschirmjäger und Luftlandetruppen. Gleichzeitig halten die amerikanischen Bomberflotten und unübersehbare Massen an Begleitjägern diesen verwundbaren Flugzeugen die deutschen Jäger vom Hals. Unter anderem, indem Varrelbusch und elf weitere Fliegerhorste wohlüberlegt und gezielt genau zu diesem Zeitpunkt in einem Hagel von Bomben zur Mondlandschaft versinken. Zum Glück sieht man dies voraus und evakuiert die Jägerbasen, als sich die Ziele herauskristallisieren. In Varrelbusch bleibt neben etwas technischem Personal nur Dortenmann, sein technischer Schreiber Kaiser – und Vesta zurück. Der Hund zittert im Schützenloch unter Dortenmanns ebenso bebendem Körper. Präzise Reihenwürfe pflügen das Areal um, eine Reihe Bomben kracht genau neben die vorherige! Immerhin 113 Boeing B-17 werfen 339 Tonnen Bomben auf den Jägerflugplatz. Wie durch ein Wunder werden nur vier bis fünf „Doras“ zerstört. Zwei Meter vor Dortenmanns „Langnase“ ist ein riesiger Krater, ein weiterer endet exakt am Höhenruder – und das Flugzeug hat keinen Kratzer! Ein einziger Tankwart fällt. Nicht einmal die durchlöcherte Startbahn ist völlig unbrauchbar. Allerdings sind die Rollwege von den Waldverstecken der Jagdflugzeuge zur Landebahn unpassierbar. Auch die Krater auf der Startbahn selber müssen erst mal aufgefüllt und geebnet werden. Für heute sind Einsatzflüge unmöglich.
Genau das ist es, was die alliierten Stäbe beabsichtigt hatten. Die unbewaffneten DC-3 „Skytrain“- beziehungsweise (britisch) „Dakota“-Transportflieger mit den ebenfalls unbewaffneten Lastenseglern haben nur noch die deutschen Flak-Geschütze zu fürchten. Andererseits – schon ihr dichter Jagdschirm alleine hätte deutsche Abfangeinsätze durch Jäger zum Spießrutenlauf avancieren lassen.
Den erleben nun die deutschen Fallschirmjäger am Boden, die gemeinsam mit anderen Wehrmachtsteilen Norddeutschland verteidigen. Während die IV./JG 26 ab dem 25. März 1945 auf einer Notbahn abhebt und staffelweise zum reichlich primitiven, doch intakten Flugfeld Bissel ausweicht. Von dort aus werden ab dem Nachmittag bereits wieder Einsätze geflogen. Am 26. März 1945 schafft es schließlich auch die 14. Staffel Oberleutnant Dortenmanns, mit ihren Flugzeugen endlich zur Notstartbahn zu kommen und nach Bissel zu verlegen.
Das Flugplatzpersonal dort ist leicht verunsichert, als Oberfeldwebel Fritz Ungar unmittelbar nach dem Ausrollen am Abstellplatz seines Jagdflugzeuges eine Schaufel schnappt und als Allererstes ein tiefes Deckungsloch gräbt. Man kann nie wissen ...
Dortenmann und Klemm gehen sich inzwischen geflissentlich aus dem Weg. Wenn Klemm einen Einsatz leitet, dann bleibt Dortenmann am Boden. Und mit ihm seine gesamte Staffel – es sei denn, es fliegt jemand freiwillig mit. Was nur selten vorkommt. Auch die Flugzeugwarte spielen mit. Schade aber auch, dass gerade leider kein einziges Jagdflugzeug der Staffel Dortenmanns gefechtsklar ist ...
Wenn Dortenmann fliegt, findet Klemm einen Grund, unten zu bleiben. Sollte er einmal doch gleichzeitig in der Luft sein, so hat der Gruppenkommandeur eine Ausrede parat, die er schon früher weidlich ausgenützt hatte. Irgendetwas an seinem Flugzeugmotor ist ärgerlicherweise nicht in Ordnung. Er muss sich leider abmelden und umkehren!
Doch wenn möglich wird diese Situation vom Start weg vermieden. So auch am 28. März 1945, als Oberleutnant Dortenmann neun andere Jagdflieger der IV./JG 26 anführt, die ein wenig Entlastung für die hart bedrängten deutschen Bodentruppen bewirken sollen.
Die Front der Wehrmacht in Norddeutschland wankt, ist an diversen Stellen durchstoßen. Immer noch wehren sich die deutschen Fallschirmjäger gekonnt und erbittert, aber sie geraten immer mehr in eine hoffnungslose Lage. Zumal praktisch jeder Widerstand am Boden, jede Bewegung mit Fahrzeugen sofort aus der Luft mit alliierten Bomben und Raketen bekämpft wird.
Gegen diese tödlichen Jagdbomber – wieder einmal – richtet sich der Einsatz der insgesamt zehn „Dora-9“. Das Wetter ist wolkig, in Anbetracht der Zahlenverhältnisse aus deutscher Sicht nicht unerwünscht. So manches Mal hatte sich eine schützende Wolke als letzte Rettung in der Not erwiesen.
Die kleine deutsche Jägergruppierung startet um 11.03 Uhr gemäß Oberleutnant Dortenmanns offiziellem Bericht *13. Die zehn Maschinen fliegen in den Kampfraum um Wesel und Bocholt.
„Gefechtsbericht zum 31. Abschuss.
„Am 28.3.45 startete ich um 11.03 Uhr als Verbandsführer des Gruppenverbandes mit 10 Fw. 190 D-9 zum Jagdvorstoß in den Kampfraum Wesel – Bocholt.
Nach dem ersten Durchkämmen des Raumes wieder auf Nordkurs in etwa 1.500 Meter Höhe unter den Wolken fliegend bekamen wir um 11.30 Uhr Feindberührung mit etwa 25-30 Feindjägern vom Muster Tempest, Mustang und Thunderbolt. Die Feindjäger griffen gleichzeitig von allen Seiten in verschiedenen Pulks kommend unseren Gefechtsverband an.
Im sich entwickelnden schwarmweisen Kurvenkampf konnte ich mich in einer starken Linkskurve und halbem Abschwung aus etwa 80-30 Meter Entfernung hinter eine Tempest setzen. Ich beschoss das feindliche Flugzeug aus dieser Position und sah Treffer in Rumpf und Kabine. Der Feindjäger legte aus der Kurve heraus fast gerade und stürzte dann taumelnd und anschließend trudelnd senkrecht aus 1.200 m Höhe ab. Uhrzeit des Abschusses war 11.34 Uhr. Den Aufschlag mit Aufschlagbrand beobachtete ich etwa 5 km südwestlich von Münster an einem Wald. Einen Fallschirmabsprung habe ich nicht gesehen. Im Verlaufe dieses Luftkampfes beobachtete ich drei weitere Aufschlagbrände in diesem Raum, darunter den des Abschusses einer Tempest durch Uffz. Hein.
Tag und Zeit des Abschusses: |
25.3.45. 11.34 Uhr |
Ort des Abschusses: |
etwa 5 km SW Münster |
Höhe des Abschusses: |
1.200 m |
Zeuge: |
Uffz. Hein, Oblt. Heilmann |
Nach den Angaben der 2nd Tactical Air Force *14 handelt es sich bei der von Dortenmann aus einem unvollständigen Split-S-Flugmanöver heraus *15 abgeschossenen Hawker „Tempest“ Mk. V um eine Maschine der 56 Squadron RAF mit dem Seriencode (Produktionscode) NV973 und dem Kennungscode . Ihr Pilot, Sergeant S.A. Sheppard, wird durch Dortenmanns Geschosse getötet.
Was die drei anderen, von Dortenmann beobachteten Opfer des Luftkampfes im Planquadrat IP 3 betrifft, so lässt sich nur eines sicher sagen: Deutsche sind es nicht. Denn Dortenmanns Formation löst sich zunächst ohne Verluste aus der Kurbelei. Allerdings scheint es, dass einer der Focke-Wulf-Piloten den Anschluss an seine Kameraden verliert und von den alliierten Jägern zu Tode gehetzt wird. Und das auch noch in die falsche Richtung, denn man findet später das Wrack seiner „Langnase“ 60 Kilometer nach Westen vom Ort des Luftkampfes entfernt bei Gaxel/Vreden an der Grenze zu Holland. Dass der Krater zum Jagdflugzeug Unteroffizier Otto Weigels aus der 13./JG 26 gehört und auch seinen Leichnam enthält, wird erst im November 1987 eindeutig geklärt. In den Unterlagen der WASt. findet sich der Vermerk „Absturz infolge Baumberührung. Bruch 100 %.“, was dann als Unfall gewertet werden müsste. In Anbetracht der Umstände dürfte der Tiefstflug aber seine Gründe haben!
Doch ansonsten widersprechen sich die Darstellungen. Zum fraglichen Zeitpunkt geht nach britischen Angaben nur eine Tempest der 56 Squadron verloren – jene Sheppards, die im Übrigen um etwa 10.25 Uhr britischer Zeit protokolliert ist, was einer Uhrzeitdifferenz von etwa einer Stunde zur deutschen Angabe entspricht! Chris Shores und Chris Thomas legen dar *16, dass der Abschuss Unteroffizier Heins später nicht anerkannt worden sei, da es sich um dasselbe Flugzeug gehandelt habe, welches Oberleutnant Dortenmann bereits vernichtend getroffen hatte. Das widerspricht allerdings dem Abschussbericht Dortenmanns, der eindeutig von vier separaten Aufschlagsbränden spricht, und anderen Quellen, welche sowohl Unteroffizier Hein als auch zwei unbekannten Piloten offiziell akzeptierte Luftsiege zugestehen. In einem Fall *17 wird neben Dortenmann, Hein und einem verbleibenden Unbekannten auch Leutnant Prager genannt. Alle Angaben betreffen den Typ Hawker „Tempest“.
Allerdings ist in Dortenmanns Bericht auch von Mustangs und Thunderbolts die Rede. Dass zumindest letzterer Flugzeugtyp in dieser Gegend vertreten ist, wird durch einen weiteren Abschusserfolg klar. Leutnant Peter Crump fliegt nach dem Luftkampf zusammen mit seinem Rottenflieger zurück nach Bissel, als er einer guten Gelegenheit nicht widerstehen kann.
28. März 1945
Flugzeugtyp: |
Focke-Wulf Fw 190 D-9 „Langnase“ |
Nationalität: |
Luftwaffe |
Einheit: |
14. Staffel (IV. Gruppe)/JG 26 |
Pilot: |
Oberleutnant Hans Dortenmann |
Stationierung: |
Bissel/Deutschland |
Flugzeugtyp: |
Hawker „Tempest“ Mk. V |
Nationalität: |
Royal Air Force/2nd Tactical Air Force |
Einheit: |
56 Squadron |
Pilot: |
Sergeant S. A. Sheppard |
Stationierung: |
Volkel/Holland |
Hinweis: die Karte zeigt im Gegensatz zu den Frontverlaufskarten den Nachkriegsgrenzverlauf, da hier die Lokalisation des Ortes aus heutiger Sicht im Vordergrund steht.
Focke-Wulf Fw 190 D-9 „Langnase“, 14./JG 26, Oberleutnant Hans Dortenmann.
Hawker „Tempest“ Mk. V, 56 Squadron RAF, Sergeant S.A. Sheppard. Profil nach Datenlage.
Hawker Tempest Mk. V der 56 Squadron beim Start in Volkel am 13. Februar 1945 - Squadron Leader (vgl. das Emblem unter dem Cockpit) D.V.C. Cotes-Preedy.
Crump schickt seinen Katschmarek in die schützende Wolkendecke und stürzt sich ganz alleine auf eine Ansammlung amerikanischer Thunderbolts, die in 1.000 Meter Höhe Eisenbahnanlagen attackieren. Er pickt sich eine heraus, schießt sie völlig überraschend über den Haufen und verschwindet sofort in den Wolken. Der Abschuss wird von den Piloten der 406th US Fighter Group bestätigt. Der einzelne deutsche Jagdflieger sei wie der Blitz aufgetaucht und ebenso flink wieder verschwunden. Sein Opfer kann mit dem Fallschirm abspringen. Fast wäre Crump selber noch zum Opfer geworden, denn als er wieder aus den Wolken taucht, findet er sich mitten unter britischen Spitfires wieder.
Der von Dortenmann geleitete Einsatz kann als recht erfolgreich betrachtet werden. Zumindest nach der Kenntnis der beteiligten Piloten, die fünf Luftsiege „nach Hause“ bringen, gegen die nur ein vermisster Kamerad steht, von welchem man hofft, dass er auf einem anderen Platz heil gelandet sei.
„Bei diesem Einsatz bewährte sich unsere Kameradschaft hundertprozentig.“ schreibt Hans Dortenmann in sein Tagebuch. „Heilmann, Prager und Crump ergänzten sich derart prächtig, dass es eine wahre Freude war, den Verband zu führen. Selbst als die anderen in einer derartigen Übermacht uns einkreisten und angriffen! Die Früchte zeigten sich in vier Abschüssen ohne einen einzigen Verlust.*18
Und wie in der Luft, so schließen wir uns auch am Boden immer enger zusammen, werden die besten Kameraden, soweit wir es nicht schon waren, und bilden den Kern der Gruppe mit unseren braven Flugzeugführern. Klemm ist nur noch Nebensache. Wie ein Komet umkreist er uns ständig, vermag aber weder zum Kern der Gruppe vorzudringen, noch, sich auch nur die geringste Sympathie eines einzigen Flugzeugführers zu erwerben. Eisiges Schweigen herrscht sofort überall, wo er auftritt.
Resigniert zieht er sich endlich zurück, schenkt seinem Fragment von Hund seine ganze Liebe und bechert allein mit seinen Herrn des Stabes. Oftmals könnte er mir fast leid tun, wenn er irgendwo einsam und verlassen hockt und vor sich hin grübelt. Denn sicher hat der Mann einmal etwas geleistet. Was, weiß ich zwar nicht, ich kenne ihn nicht näher. Aber ein Jagdflieger hat sich das Ritterkreuz noch allemale bitter hart erkämpfen müssen. Solche Ausnahmen wie Nowotny oder Marseille gab’s nur verschwindend wenige, die da kamen, sahen und konnten! *19
Aber den Zeitpunkt erkennen, wo’s nicht mehr weitergeht, ist auch die Pflicht eines Offiziers! Zu viele gute Kerls mussten wegen ihm, allein bei uns schon, ihr Leben lassen. Drum hasse ich ihn und werde ihn immer hassen!
Um meine gesamte Staffel wieder etwas mehr unter meine direkten Augen zu bekommen, lege ich am Liegeplatz in die leerstehenden Baracken nun das ganze Personal, Schreibstube und Flugzeugführerunterkunft. So, jetzt sind wir für uns, haben unsere Ruhe und die Flugzeuge stehen 100 Meter von unseren Betten entfernt vor den Fenstern. Schöner kann man’s gar nicht haben.“
Inzwischen verschlechtern sich die Wetterbedingungen zusehends. Nieselregen setzt ein, die Sicht wird diesig. Dennoch werden gegen 16.00 Uhr noch einmal etwa zwölf Maschinen der IV./JG 26 in Richtung Frontlinie beordert. Und dieses Mal – der inoffiziellen Regel entsprechend – führt „zur Abwechslung“ Major Rudolf Klemm den Einsatz.
Über dem „Raum Rheine“ trifft die Formation auf Hawker „Tempests“. Gegen 16.22 Uhr erzielt Unteroffizier Günter Rey Treffer an einem jener Feindjäger, kann in Anbetracht der Sichtverhältnisse aber keinen Absturz beobachten. Da auch sonst keiner der deutschen Piloten die Wirkung von Reys Geschossen als vernichtend erkennen kann, wird der Erfolg nicht als Abschuss gewertet. Um etwa diese Zeit („ungefähr“ 15.50 Uhr nach britischer Angabe) geht eine Tempest der 274 Squadron RAF in der Gegend um Münster verloren. „Gegend um Münster“, „Luftraum bei Rheine“ – es handelt sich um eine Distanz von lediglich gut 30 Kilometern. Wenig später erreichen die Deutschen ferner tatsächlich Münster. Allerdings wird von den Briten die Ursache für den Verlust der Tempest den deutschen Flak-Kanonieren zugeordnet. Ihr Pilot, Flying Officer D.L. Boyd, entkommt mit dem Fallschirm.
Unteroffizier Rey ist ein Angehöriger aus Dortenmanns 14. Staffel, ebenso wie der Neuling Unteroffizier Kaps. Zumindest diese beiden Piloten fliegen einen Einsatz mit Klemm – und ohne Dortenmann. Um etwa 16.45 Uhr befinden sich die zwölf deutschen Jäger 20 Kilometer östlich von Münster bei Warendorf. Sie sind schwer zu erkennen an diesem wolkenverhangenen Himmel. Doch ihre Gegner ebenso. Offenbar haben die Piloten der 130 Squadron RAF die besseren Augen.
Auch in ihrem Bericht ist von 16.45 Uhr die Rede, dieses Mal stimmen die Zeiten also exakt überein. Die Spitfires des neuesten und besten Typs Mk. XIV fliegen der deutschen Gruppierung frontal entgegen. Die selbstbewussten Briten wissen um die Qualitäten ihrer Jagdflugzeuge und gehen sofort zum Angriff über, während ihre deutschen Gegner in die Wolkendecke verschwinden. Doch die Briten setzen ihnen unverdrossen nach.
Immer wieder stoßen die deutschen Maschinen aus den Wolkenfetzen in lichtere Regionen und verschwinden so schnell wie möglich wieder in der „Suppe“. Doch die jüngeren deutschen Nachwuchspiloten sind hierfür nicht gewieft genug. Es mag allerdings nicht alleine daran liegen, denn neben den Grünschnäbeln Unteroffizier Reinhard Flakowski (13./JG 26) und Unteroffizier Harry Kaps (14./JG 26) erwischt es auch den erfahrenen Oberfähnrich Hans-Jürgen Hansen aus der 15. Staffel. Ein kurzer Moment ohne den Schutz der Wolken, und die Geschosse der ebenso flink auftauchenden britischen Verfolger sind schneller, als der nächste Sichtschutz erreicht werden kann.
Die Spitfire-Piloten geben sieben sichere Abschüsse an, einen wahrscheinlichen Luftsieg und zwei Beschädigungen. Das ist etwas hoch gegriffen. Die drei tatsächlich gefallenen deutschen Piloten sind für die IV./JG 26 jedoch schlimm genug.
So schnell wendet sich das Blatt – von der Hochstimmung nach dem erfolgreichen Einsatz am späten Vormittag zu der tiefen Depression, die nun am Abend folgt.
In Anbetracht derartiger Verlustraten kann sich jeder ausrechnen, welche Überlebenschancen ihm selbst noch verbleiben. So schnell kann der „Endsieg“ gar nicht kommen, wie das „Ende“ dieser Art!
Das Einzige, was die Männer noch einigermaßen mit einem Rest von Zuversicht erfüllt, ist das Vertrauen in den Überblick im Luftkampf, den ihre bewährten Staffelkapitäne schon so oft bewiesen haben. Leutnant Peter Crump, Oberleutnant Willi Heilmann und Oberleutnant Hans Dortenmann. Solange ihnen diese Führungsfiguren noch erhalten bleiben, hat man vielleicht doch noch eine Überlebenschance! Oberfähnrich Heinz Birkner, Dortenmanns Rottenflieger, schreibt in sein Tagebuch, was er hierüber denkt. *20
Dortenmann sei sein Garant dafür, den Krieg an einem Stück (heil) zu überstehen. Seine Luftkampftaktik, seine absolut überragenden Fähigkeiten als Einsatzführer und die Tatsache, dass er niemals auf Kosten eines gefährdeten Kameraden einen eigenen Abschuss vorziehen würde, machen ihn nach Ansicht von Heinz Birkner zu einer herausragenden Persönlichkeit.
In diese Atmosphäre platzt die Nachricht, dass Oberleutnant Hans Dortenmann umgehend zur I./JG 26 versetzt wird.
Am nächsten Morgen, dem 29. März 1945, versammeln sich sämtliche Piloten der 14./JG 26 am Standort der Staffel. Oberleutnant Hans Dortenmann beißt sich fast die Lippen durch. Vor ihm stehen alle seine Männer, angetreten zum Abschied. Oberfeldwebel Schütze, dem alten Haudegen, stehen die Tränen in den Augen. Er ist nicht der Einzige. Dortenmann geht die Reihe entlang, schüttelt jedem einzeln die Hand. Es ist ihm verdammt schwer ums Herz. Ihm ist selber gründlich zum Heulen zu Mute!
„Hals- und Beinbruch!“
Haltet die Ohren steif – irgendwie! Und lasst Euch nicht unterkriegen! Gedanken, Wünsche, die sich aufdrängen. Doch was helfen noch so gut gemeinte Worte in dieser Situation?
Es tut einfach verdammt weh!
Dortenmann steigt in sein Jagdflugzeug. Sein Blick fällt auf Vesta, die brave Schäferhündin. Vesta wackelt mit dem Schwanz. Sie kann nicht wissen, wie es ihrem Herrchen ums Herz ist.
Nun ja, Dortenmanns Wart Domabyl wird mit ihr nach Fürstenau nachkommen – mit dem Auto.
Dann röhren die 2.242 PS (1.670 kW) des Junkers-Jumo-213-A–1-Zwölfzylinder-Motors los. Das deutsche Jagdflugzeug rollt an. Dortenmann winkt ein letztes Mal aus der noch geöffneten Kanzelhaube. Dann schließt er das Dach. Schneller und schneller rollt die Maschine, bis das Flugzeug abhebt – wie schon so oft.
Dortenmann fliegt eine letzte traurige Platzrunde, hält mit wackelnden Tragflächen auf den Abstellplatz der Maschinen seiner – ehemaligen – Staffel zu.
Da präsentieren ihm seine Männer einen abschließenden, unglaublichen Abschiedsgruß! Ein Feuerwerk ohnegleichen erhebt sich vor den Augen des verblüfften Hans Dortenmann in alle Himmelsrichtungen. Gefahr hin oder her – das ist ihr treuer Staffelkapitän seinen Leuten wert.
Rauchsignale, Leuchtkugeln, Lichtmarkierungen aller Art erleuchten den Himmel. In jeder Farbe des Regenbogens verabschiedet die 14. Staffel ihren gerührten Kapitän. Auch die anderen Staffeln beteiligen sich nun an der Leuchtmittelparade.
Plötzlich ertönt eine Stimme aus dem Funkgerät. „Hans von Hannes, leb’ wohl – und Hals- und Beinbruch!“ Danke, lieber Prager, für den letzten Gruß!
Dann geht es nicht mehr anders. Das Geräusch des Jumo-Triebwerkes verliert sich über dem Flugfeld. Dortenmann hat Zeit zum Nachdenken.
Klemm hatte sich mit allen Mitteln zu behaupten versucht! Doch nach jedem Einsatz, den er leitete, grundsätzlich ohne irgendwelche Abschusserfolge verbuchen zu können, fehlten wieder ein paar tapfere Burschen mehr. So konnte es nicht weitergehen, auf diese Art stirbt der gesamte Rest der Gruppe in absehbarer Zeit ganz sicher systematisch dämlich den Heldentod. Und es kann ja doch sein, dass auch er, Dortenmann, dafür einmal Rechenschaft ablegen muss!
Vor wenigen Tagen hatten sich Klemm und er auf dem Gefechtsstand minutenlang angebrüllt!
Ob er vielleicht doch besser den Mund gehalten hätte?
Oberleutnant Hans Dortenmann (links), Oberfähnrich Heinz Birkner und „Vesta“. Die Rückseite des Fotos ist beschriftet mit „März 1945“.
Vor allem Geschwaderkommodore Major Götz gegenüber, mit dem er vor einigen Tagen eine offene Aussprache geführt hatte. Nach jener Auseinandersetzung mit Klemm hatte er sich in seine Focke-Wulf gesetzt und war kurz entschlossen nach Fürstenau zum Geschwaderstab geflogen. Dortenmann war deutlich gewesen, hatte die unerträgliche Situation in der IV. Gruppe ohne Darum-Herum-Reden genau so geschildert, wie er sie sieht. Offen, ehrlich, geradeheraus.
Dortenmann hatte auch nicht gezögert, den Mann zu nennen, den er für die Ursache allen Übels hält. Herrn Gruppenkommandeur Major Rudolf Klemm! Götz hatte nachdenklich zugehört.
Dann hatte er versprochen, eine „beiden gerecht werdende“ Lösung herbeizuführen.
Oberleutnant Hans Dortenmann kann nicht wissen, dass sich Götz und Klemm seit langem recht gut kennen ...
„Gefechtsbericht” zur Anerkennung des Abschusses einer P-51 „Mustang“ am 19.3.1945
Hinweis: deutsche Flugzeuge, welche zwar vom Gegner abgeschossen wurden, ohne jedoch den Piloten dabei „außer Gefecht zu setzen“, sind in der Spalte „Gesamt“ miterfasst (/Flugzeug = Anzahl verlorener Flugzeuge). Hinweise finden sich im Feld „Bemerkungen“. Dagegen werden in britischen und amerikanischen Quellen (MACR-Listen) oft die auf eigenem Gebiet notgelandeten Maschinen nicht mitgezählt. Zudem finden sich die von der deutschen Flak (Flugabwehrkanonen) vernichteten alliierten Flugzeuge nicht in dieser Aufstellung. Daher muss es zwangsläufig zu Differenzen zwischen Abschussmeldungen und den tatsächlichen Verlusten kommen!
Verluste durch Tiefangriffe oder Bomben am Boden, durch „technische Mängel“ oder durch Unfälle werden nicht „gezählt“, da die gegenseitigen Erfolge im Luftkampf gegenübergestellt werden sollen. Unversehrt gebliebene Piloten saßen oft wenige Stunden später in einer neuen Maschine, deren materialtechnischer Nachschub fast bis zum Kriegsende gesichert war. Bei einem Abschuss mit unverletztem Fallschirmabsprung entsteht in der Spalte „Gesamt“ ein Materialverlust (/Flugzeug), jedoch nicht ein personeller „Verlust“ (Pilot/).
Verlustmeldungen der Westalliierten im Detail:
8th USAAF: *21 |
||
B-17 „Flying Fortress“: |
2 |
(+ 5 Kategorie „E” |
P-51 „Mustang“: |
- |
(+ 2 Kategorie „E” |
9th USAAF: *22 |
|
A-26 „Invader“ |
1 |
B-26 „Marauder“: |
1 |
P-47 „Thunderbolt“: |
5 |
2nd Tactical Air Force der Royal Air Force:*23 |
||
Hawker „Typhoon“: |
1 |
(+1 Unfall auf Grund von Treibstoffmangel) |
Hawker „Tempest“ Mk. V: |
3 |
|
Spitfire Mk. XVI: |
1 |
|
Mitchell III |
- |
(3 Beschädigungen durch Flak Cat. A) |
*1Quelle: Tagebuch von Oberleutnant Hans Dortenmann, Seite 112, welches dem Verfasser freundlicherweise von dessen Sohn Axel Dortenmann zur Verfügung gestellt wurde.
*2Auf der Rückseite des Originales dieses bekannten Fotos findet sich ein handschriftlicher Vermerk Hans Dortenmanns in altdeutscher Schrift: „Jan 1945 noch mit der roten „1“ = 12. Staffel“ und darunter: „nachher gelbe „1“ = 11. Staffel“ Möglicherweise wurde dieser Vermerk nachträglich angebracht und aus der Erinnerung falsch datiert, denn die Aufnahme zeigt Dortenmann in jener (inzwischen bereits auf die modernere, aus einem Stück geblasene und gewölbte Cockpithaube umgerüsteten) Focke-Wulf, die er ab 25. Februar 1945 in seiner Funktion als Staffelkapitän der 14./JG 26 flog – eindeutig mit schwarzer markiert. Hinter Dortenmann ist sein erster Wart, Feldwebel Domabyl, zu sehen. Das Profil der
(aus Dortenmanns Zeit in der 12./JG 54) mit der flacheren „alten“ Haube findet sich in Kapitel 22. Es ist dieselbe Maschine, die bei jedem Wechsel der Staffelbezeichnung beziehungsweise Einheit mit den neuen Kennzeichen versehen und umgespritzt wurde. Dortenmann zerstört bei Kriegsende seinen treuen „fliegenden Untersatz“ selber mit Hilfe einer Handgranate.
*3Quelle: „Green Hearts“ – First in combat with the Dora 9/Eagle Editions Ltd. 1998/Axel Urbanke.
*4Quelle: „Green Hearts“ – First in combat with the Dora 9/Eagle Editions Ltd. 1998/Axel Urbanke.
*5Tatsächlich verlieren nur zwei Piloten der IV./JG 26 ihr Leben, Fahnenjunker-Oberfeldwebel Leo Klatt und Unteroffizier Werner März. Ferner werden Oberfeldwebel Werner Zech leicht und Feldwebel Otto Weber schwer verwundet. Weber und März zeigt das Foto zu Kapitelbeginn. Zech fliegt sofort wieder Einsätze, und Weber fliegt trotz unverheilter schwerer Verbrennungen gemäß Dortenmanns Tagebuch bereits am Monatsende wieder mit!
*6Quelle: „Green Hearts“ – First in combat with the Dora 9/Eagle Editions Ltd. 1998/Axel Urbanke (aus dem Englischen zurückübersetzt, daher zwangsläufig nicht wörtlich wiedergegeben).
*7Quelle: Abschussprotokoll Hans Dortenmanns aus dem Besitz seines Sohnes Axel, Kopie: siehe Anhang.
*8Quelle: „Green Hearts“ – First in combat with the Dora 9/Eagle Editions Ltd. 1998/Axel Urbanke.
*9Quelle: „Green Hearts“ – First in combat with the Dora 9/Eagle Editions Ltd. 1998/Axel Urbanke.
*10Quelle: „Green Hearts“ – First in combat with the Dora 9/Eagle Editions Ltd. 1998/Axel Urbanke.
*11Quelle: „The Mighty Eighth Combat Chronology ” 1942-1945/Eighth Air Force Memorial Museum Foundation USA 1998/Paul M. Andrews und William H. Adams. Die Quelle
„JG 26 – Top guns of the Luftwaffe”/Ivy Books New York 1991/Donald L. Caldwell (Seite 446) attestiert der IV./JG 26 fünf abgeschossene P-51 der 78th FG, zwei US-Piloten seien gefallen, drei in Gefangenschaft geraten. Der Luftkampf findet in der Gegend Rheine-Lingen-Haselünne statt. Einer der Abschüsse wird von Caldwell Major Klemm zugeschrieben, 10 Kilometer nordwestlich von Nordhorn, eine P-51 der 78th FG. Der Abschussort liegt auf dem Rückflugweg der 78th FG von der Region Rheine-Lingen aus.
*12Quelle: „Green Hearts“ – First in combat with the Dora 9/Eagle Editions Ltd. 1998/Axel Urbanke.
*13Quelle: Abschussprotokoll Hans Dortenmanns aus dem Besitz seines Sohnes Axel Dortenmann.
*14Quelle: „2nd Tactical Air Force” Volume 3/Classic Publications/2005/Chris Shores und Chris Thomas.
*15Zur Flugfigur „Split-S” sei an die schematische Darstellung in Kapitel 20 „Unternehmen Bodenplatte” erinnert.
*16Quelle: „2nd Tactical Air Force” Volume 3/Classic Publications/2005/Chris Shores und Chris Thomas.
*17Quelle: Sämtliche deutsche Abschussmeldungen zusammengetragen von Jan Josef Safarik, Institute of Mathematics and Descriptive Geometry, Faculty of Civil Engineering, Brno University of Technology.
*18Anmerkung des Verfassers: mit dem Abschuss einer P-47 durch Peter Crump auf dem Rückflug sind es fünf Luftsiege des deutschen Verbandes – welche, wie dargelegt, nicht mit den Verlustmeldungen der Gegenseite übereinstimmen. Ferner irrt sich Dortenmann bei den eigenen Opfern: Unteroffizier Weigel kehrt nicht zurück.
*19Anmerkung des Verfassers: auch Marseille musste mit so manchem Rückschlag erst einmal mühsam üben!
*20Quelle: „Green Hearts“ – First in combat with the Dora 9/Eagle Editions Ltd. 1998/Axel Urbanke.
*21Quelle: „Mighty Eighth War Diary”/Jane’s Publishing Company 1981/Roger A. Freeman.
*22Quelle: USAAF Missing Air Crew Reports (MACR).
*23Quelle: „2nd Tactical Air Force” Volume 3/Classic Publications/2005/Chris Shores und Chris Thomas.
weitere Quellen:
Quelle: WASt – Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht, Berlin. Verluste der deutschen Luftwaffe via Recherche Salonen.
Quelle: „Jagdgeschwader 7”/Motorbuch Verlag, 1. Auflage 1983/Manfred Boehme.
Quelle: „Green Hearts“ – First in combat with the Dora 9/Eagle Editions Ltd. 1998/Axel Urbanke.
Quelle: „Messerschmitt Bf 109 im Einsatz bei der (I./II./III./IV.– 3 Bände) Jagdgeschwader 27/ Struve Druck Eutin/Jochen Prien, Peter Rodeike und Gerhard Stemmer.
Quelle: „PIK-AS“ Geschichte des Jagdgeschwaders 53 Teil 1 – Teil 3/Struve Druck Eutin/Jochen Prien.
Quelle: „Die Geschichte des Jagdgeschwaders 77“ Teil 1 – Teil 4/Struve Druck Eutin/Jochen Prien.