Das tödliche Vergleichsfliegen der modernsten alliierten und deutschen Kolbenmotor jägerkonstruktion:
Als im Herbst 1941 die ersten Focke-Wulf 190 A-1 an der Kanalküste erscheinen, sind sie dem damaligen Standardjäger der britischen Royal Air Force, der Supermarine „Spitfire“ Mk. Vb, in jeder Hinsicht weit überlegen. Die rasanten Erfolge des in England bald respektvoll „Butcher Bird“ (Schlächtervogel) genannten Jagdflugzeuges sind ein gewaltiger Schock für die Briten.
Mit der wesentlich verbesserten Version der Spitfire, der Mk. IX, ändert sich das wieder zu Gunsten der Engländer. Anfang des Jahres 1944 sind die deutschen Me 109 G-6 und Focke Wulf 190 A-8 inzwischen sowohl zahlenmäßig als auch technisch den alliierten Widersachern unterlegen, im Westen und zunehmend im Osten.
Die im Frühjahr 1944 auftauchenden amerikanischen North American P-51 „Mustang“ und die ab Sommer 1944 noch mal verbesserten Spitfire Mk. XIV sind spürbar schneller und wendiger als die deutschen Jagdflugzeuge. Als im Juni 1944 auch noch die brandneue Hawker „Tempest“ Mk. V am Himmel über Deutschland erscheint, ist die Überlegenheit der britischen und amerikanischen Jagdflieger vollkommen. Auch die Sowjets haben mit der Weiterentwicklung der Yak-9 zur Yak-3 und der Verbesserung der La-5 zur La-7 zwei brillante und unterhalb 5.000 Meter potentere, agilere Jäger.
Die britische Hawker „Tempest“ ist ein exzellentes, pfeilschnelles und sehr manövrierfähiges, zudem gut bewaffnetes Jagdflugzeug. Sie ist in mancherlei Hinsicht vielleicht der beste alliierte Jäger des Zweiten Weltkrieges, wertet man die Parameter in allen Höhen.
Der technische Vorsprung der Alliierten wird erst ab Oktober 1944 wieder annähernd ausgeglichen mit der Weiterentwicklung der Messerschmitt Bf 109 von der G-14/G-10 zur K-4 und vor allem der letzten Variante der Focke-Wulf 190, der D-9 „Langnase“.

Focke-Wulf Fw 190 D-9 „Langnase“, Werksfoto vom September 1944.
Mit dem Düsenjet Me 262 werfen die Deutschen schließlich Ende 1944 noch einmal ein revolutionäres, technisch nun wieder haushoch überlegenes Flugzeug in den Kampf. Aber es sind viel zu wenige, und sie kommen viel zu spät.
Doch auch auf dem Sektor der herkömmlich propeller-getriebenen Kolbenmotorjagdflugzeuge gelingt es dem deutschen Ingenieur Kurt Tank noch einmal, eine den gegnerischen Flugzeugtypen überlegene Maschine serienreif zu bekommen und an die Luftwaffe auszuliefern. Es sind nur eine „Handvoll“, und sie kommen nur noch in den letzten Wochen des Krieges zum Einsatz.

Yakovlev Yak-3. Ähnlich, wie die deutsche Me 109 G-10 auf Grund einer Verzögerung der Motorenentwicklung nach der G-14 erscheint, so folgt die hervorragende Yak-3 der Yak-9 hinterher. Unterhalb von 5.000 Metern ist die Yak-3 und die ähnliche Yak-9U im Kurvenkampf extrem gefährlich.

Hawker „Tempest“ Mk. V der 80 Squadron der Royal Air Force, Produktionsnummer NV 700, geflogen von Squadron Leader Evan „Rosie“ Mackie, einem gebürtigen Neuseeländer.

Obgleich es sich um ein bekanntes Foto handelt, besticht diese Aufnahme. Diese P-51 D mit der Produktionsnummer 44-13926 zerschellt kurz nach der Fotografie am 9. August 1944 mit Lieutenant Don Dellinger an Bord. Sie gehört zur 375th Fighter Squadron der 361st Fighter Group, 8thUSAAF.

Focke-Wulf Ta 152 H.

Doch die Focke-Wulf Ta 152 sind wohl die besten Kolbenmotor-Jäger, die jemals im Kampf geflogen wurden! Der Zufall will es, dass der Konstrukteur dieser fantastischen Maschine bei einem Testflug höchstpersönlich einer Horde der allgegenwärtigen P-51 D „Mustangs“ in die Arme fliegt. Die US-Piloten, im selbstbewussten Gefühl, das beste amerikanische Jagdflugzeug auf dem europäischen Kriegsschauplatz zu fliegen, stürzen sich sofort auf den einsamen deutschen Gegner – eine leichte Beute, wie es scheint.
Kurt Tank sieht die Angreifer und gibt ganz einfach Vollgas! Er entkommt völlig mühelos.
Die Kriegslage lässt im April 1945 keinen Spielraum mehr für Illusionen. Der letzte Rest des Deutschen Reiches ist im Würgegriff der alliierten Armeen von Osten und aus westlicher Richtung. Um die Rote Armee Stalins daran zu hindern, auch noch Dänemark unter ihre Kontrolle zu bringen, setzt Winston Churchill alles daran, seine 2. britische und 1. kanadische Armee zwischen die sowjetischen Truppen und Schleswig-Holstein zu bringen. Es gelingt den Briten und Kanadiern, den vorstürmenden Russen den Weg abzuschneiden. Trotz anhaltendem Widerstand der deutschen Wehrmacht.
Und im Angesicht einer immer noch andauernden aufopfernden Gegenwehr der deutschen Luftwaffe. Beziehungsweise der Reste jener einst so stolzen deutschen Parade-Waffengattung ...
Einer zusammengeschrumpften Streitmacht, die mit der letzten Schöpfung Kurt Tanks selbst jetzt noch ein faszinierendes brandneues Jagdflugzeug zum Kampfeinsatz bringt.
Oberfeldwebel Willi Reschke beschreibt seinen ersten Abschuss mit einer Ta 152 so: „Anfang April 1945 ist das Jagdgeschwader 301 in Hagenow, Ludwigslust und Neustadt-Glewe stationiert. Letzterer Platz beherbergt sowohl die II./JG 301 als auch die Ta 152 H-1-Jäger desStabsschwarmes. Am Vormittag des 14. April 1945 fliegt das Geschwader einen Einsatz über der Ostfront, einen Tiefflugangriff gegen russische Stellungen an der Oder im Südosten von Berlin.
Obwohl das Wetter alles andere als ideal ist, fliegt das Geschwader den Morgeneinsatz mit gleichzeitigem Start aller Gruppen.
Die Jäger fliegen zunächst in 2.000 Meter Höhe, doch nahe Berlin hellt das Wetter auf und sie können auf 3.000 Meter Höhe steigen. Nach den letzten Meldungen hat die Rote Armee die Oder bei Küstrin überschritten und rückt nun auf Berlin vor.
Das JG 301 hat gerade Oranienburg überflogen, als heftiges Flugabwehrfeuer die Gruppe dazu zwingt, auseinander zu schwärmen. Die rote Farbe der Leuchtspurgeschosse bedeutet, dass das Feuer von sowjetischen Flak-Positionen her kommt. Der Frontverlauf ist tatsächlich noch etwas weiter östlich als angenommen, aber nachdem die Frontlinie nicht genau auszumachen ist, werden die sowjetischen Flakstellungen mit Bordwaffen angegriffen. Es ist extrem schwierig, wenn nicht unmöglich, die vordere Linie zu erkennen – und zudem fehlt es den Piloten an Erfahrung im Angriff auf Erdziele.
Der Stabsschwarm ist mit sechs Ta 152 mit von der Partie und hat die Aufgabe, den Rest des Geschwaders gegen Feindjäger zu decken. Sie haben keine Gelegenheit hierzu, denn russische Jäger sind weit und breit nicht zu sehen. Es gibt keine Berichte über Verluste bei diesem Einsatz.“
So kehren die Ta 152-Piloten nach Neustadt-Glewe zurück, ohne einen Schuss abgefeuert zu haben. Die Jagdflugzeuge werden sofort nach der Landung betankt, an ihre Stellplätze gebracht und getarnt.
Tiefangriffe gegnerischer Jagdbomber finden inzwischen immer häufiger im Umfeld des Flugplatzes statt. Immer öfter erscheinen Tempests am Himmel und kreisen wie Falken, lauernd auf buchstäblich alles, was sich am Boden zeigt – militärisch oder nicht. Es ist später Nachmittag *1, als zwei Feindjäger gemeldet werden, welche acht Kilometer südwestlich des Flugplatzes Tiefangriffe gegen die Bahnanlagen in Ludwigslust fliegen. Drei Ta 152 H-1 werden sofort in den Kampf geschickt – mit den Piloten Oberstleutnant Fritz Aufhammer, Oberfeldwebel Willi Reschke und Oberfeldwebel Josef „Sepp“ Sattler.
„Da die Startrichtung parallel zu den Bahngleisen verläuft, welche direkt zum Bahnhof Ludwigslust führen, sind wir fast sofort nach dem Abheben in Kontakt mit den Feindjägern, welche sich als Tempests herausstellen. Ich fliege in Position 3, so kann ich beobachten, wie Oberfeldwebel Sattler vor mir plötzlich am Boden aufschlägt – wenige Sekunden, bevor wir die Tempests erreichen. Der Absturz kann nicht durch Feindeinwirkung verursacht sein, denn die Tempest-Piloten haben ganz offensichtlich in diesem Moment erst unsere Anwesenheit bemerkt. *2
Nun steht es ‚Zwei gegen Zwei’, als der Luftkampf in Baumwipfelhöhe beginnt. Wir kennen die Tempest als sehr schnelles Jagdflugzeug, mit welchem die Briten es geschafft hatten, unsere V1-Raketen zu jagen und abzuschießen. Doch hier, in einem Kampf, der nie höher als 50 Meter über Grund gefochten wird, würde Geschwindigkeit keine so große Rolle spielen. Entscheidend würde die Fähigkeit der Maschine sein, den Gegner auszukurven. Ich nähere mich meinem Gegner, als dieser von einem Tiefangriff hochzieht, und greife aus einer Linkskurve heraus an.

Es war einmal, da gab es in der deutschen Wehrmacht eine einigermaßen ausreichende Anzahl von Panzerabwehrgeschützen. Diese treffen auf 1.000 Meter Entfernung – je nach Kaliber. Stattdessen stehen jetzt Panzerfäuste „zur Verfügung“. Es sind Nahkampfwaffen ...
Deutsche Landser an der Oder-Front in Schützenlöchern mit Panzerfäusten.
Beide Piloten realisieren vom ersten Moment an, dass es ein kompromissloser Zweikampf auf Leben und Tod sein würde, und nützen jeden fliegerischen Trick und taktischen Kniff, über den sie verfügen, um die Oberhand zu gewinnen. In dieser Flughöhe darf sich keiner von beiden auch nur den geringsten Fehler leisten. Und zum ersten Male – seit ich die Ta 152 fliege – fange ich an, in vollem Umfang einschätzen zu können, was dieses fantastische Flugzeug zu leisten in der Lage ist!
In immer schärferen Kurven komme ich enger und enger an die Tempest heran, ohne jemals das Gefühl zu haben, auch nur in die Nähe der technischen Grenzen meiner Ta 152 zu kommen. Um aus meiner Schusslinie zu kommen, ist der Tempest-Pilot gezwungen, immer gefährlichere Ausweichmanöver zu fliegen. Als er schließlich auf die andere Fläche kippt, weiß ich, dass sein letzter Versuch, enger als ich und damit hinter mich zu kurven, fehlgeschlagen war.
Der erste Feuerstoß meiner Ta 152 trifft die Tempest am Heck und am Seitenleitwerk. Das Feindflugzeug wird erkennbar durchgeschüttelt. Vermutlich auf Grund einer instinktiven Reaktion reißt der Tempest-Pilot sein Flugzeug in eine Steuerbord-Kurve, was mir eine eher noch bessere Schussposition bietet und mich noch mehr in Vorteil bringt.
Nun gibt es für die Tempest kein Entrinnen mehr. Ich drücke ein zweites Mal auf den Auslöser meiner Bordwaffen – doch nach wenigen Feuerstößen schweigen meine Waffen und weigern sich trotz all meiner Versuche, sie klar zu bekommen, auch nur einen einzigen weiteren Schuss abzugeben. Ich weiß nicht mehr, wen und was ich alles verfluche. Aber glücklicherweise bemerkt der Tempest-Pilot meine prekäre Lage nicht, da er bereits Treffer erhalten hatte.
Stattdessen zwingt er weiterhin verzweifelt sein Flugzeug in wilde Kurven und Ausweichmanöver, während ich immer so hinter ihm bleibe, dass er mich sehen kann. Schließlich – und wohl unausweichlich – überzieht er sein Flugzeug. Die linke Tragfläche der Tempest kippt ab und er zerschellt in den Bäumen unmittelbar unter uns. *3
Dieser Luftkampf war sicherlich einzigartig gewesen, war er doch in einer Flughöhe von oft gerade mal zehn Metern über den Baumwipfeln und Hausdächern ausgetragen worden. Die ganze Zeit über hatte ich niemals das Gefühl, in den Grenzbereich meiner Ta 152 zu kommen, im Gegenteil, sie reagierte auf die kleinste Ruderbewegung, obwohl wir fast in Bodenhöhe flogen. Oberstleutnant Auffhammer hatte auch die Oberhand über „seine“ Tempest gewonnen, doch letztendlich war es ihr doch noch gelungen, in westliche Richtung zu entkommen. *4
Nachdem der Luftkampf gerade mal ein paar Kilometer vom Flugplatz entfernt stattgefunden hatte, fahren wir am späten Nachmittag hinaus und stellen fest, dass Oberfeldwebel Sattlers Ta 152 und „meine“ Tempest in gerade mal 500 Meter Abstand zueinander aufgeschlagen waren. Die Baumwipfel hatten einen Teil der Aufprallwucht abgefangen, und so finden wir die Tempest fast wie nach einer Bauchlandung vor. Die Wirkung meiner Geschosse ist deutlich am Heck und hinteren Teil des Rumpfes sichtbar. Der Pilot sitzt immer noch in seine Gurte versunken im Cockpit. Er stellt sich als der neuseeländische Warrant Officer O.J. Mitchell heraus von der 486 Squadron der Royal [New Zealand] Air Force. Die beiden gefallenen Piloten werden am nächsten Tag Seite an Seite mit vollen militärischen Ehren auf dem Friedhof von Neustadt-Glewe beigesetzt.“

Ta 152 H-1 der III./JG 301 in Alteno, die vorderste vollständig abgebildete Maschine trägt die Kennung
und gehört zur 7. Staffel des JG 301.

Willi Reschke.
14. April 1945

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Flugzeugtyp: |
Hawker „Tempest“ Mk. V |
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Nationalität: |
Royal New Zealand Air Force/2nd Tactical Air Force |
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Einheit: |
486 Squadron (RNZAF) |
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Pilot: |
Warrant Officer O.J. Mitchell |
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Stationierung: |
Volkel/Holland |
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Flugzeugtyp: |
Focke-Wulf Ta 152 H-1 |
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Nationalität: |
Luftwaffe |
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Einheit: |
Stab/JG 301 |
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Pilot: |
Oberfeldwebel Willi Reschke |
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Stationierung: |
Neustadt-Glewe/Deutschland |

Hinweis: die Karte zeigt im Gegensatz zu den Frontverlaufskarten den Nachkriegsgrenzverlauf, da hier die Lokalisation des Ortes aus heutiger Sicht im Vordergrund steht.

Hawker Tempest Mk. V, 486 Squadron RNZAF, Warrant Officer O.J. Mitchell, 14. April 1945. Profil nach Datenlage.

Focke-Wulf Ta 152 H-1, Stab/JG 301, Oberfeldwebel Willi Reschke, 14. April 1945. Profil nach Datenlage.
An diesem Abend beherrscht der Tod von Oberfeldwebel Sattler die Gedanken der Piloten und vieler Augenzeugen des Luftkampfes vom Flugfeld aus. Der Luftkampf hatte noch nicht einmal begonnen, als Sattler abstürzte, und beide Tempest-Piloten waren noch voll auf ihre Tiefangriffe auf die Bahnlinie konzentriert und gar nicht in der Lage, irgendeine Gefahr für die Ta 152 darzustellen. Außerdem war er ein zu erfahrener Fuchs gewesen, als dass er sich in einer solchen Situation in eine nachteilige Position zum Gegner manövriert hätte.
Wir finden keine Erklärung für den Absturz, der für immer ein Rätsel bleiben wird!“ *5
Und so entscheidet sich in den letzten Kriegstagen auf letztlich sinnlose Weise nicht nur das Schicksal zweier Männer, sondern wohl auch der technische Wettlauf zweier Seiten um das beste noch eingesetzte Kolbenmotorjagdflugzeug des Zweiten Weltkrieges.
Der Luftkampf wird in dieser Form von Willi Reschke persönlich beschrieben. So hat er ihn erlebt. In Bezug auf das Schicksal Oberfeldwebel Sattlers gibt es eine andere Version, welche allerdings nicht viel mehr Klarheit in den Verlauf des Einsatzes bringt.
Roderich Cescotti, technischer Offizier des JG 301, erinnert sich:
„In meiner Eigenschaft als Geschwader-TO habe ich die Ta 152 H-0 und H-1 lediglich am 4. und 7. April 1945 mit fünf Starts und Landungen in Stendal mit einer Stunde Flugzeit selbst geflogen. [...] Mit dem Dreistufenlader ihres Jumo 213 E, der erst in 10.500 Meter Höhe seine Volldruckhöhe erreichte, war die Ta 152 in Verbindung mit ihren langen Trapezflügeln in der Lage, bis gut 14.000 Meter Höhe voll manövrierfähig geflogen zu werden – eine für damalige Zeiten unerhörte Flugleistung eines Serienflugzeuges. Mit ihren Tragflächen großer Flügelstreckung war sie auch in Bodennähe sehr wendig und zum Beispiel der Tempest eindeutig überlegen, wie ich am 14. April 1945 bei einem Luftkampf über Neustadt-Glewe beobachten konnte.
Die Geschwaderführungskette hatte mit der Ta 152 H-1 Alarmbereitschaft und wurde gegen vier anfliegende Tempest eingesetzt. Drei der Ta 152 wurden unmittelbar nach dem Start in den Luftkampf verwickelt, der sich zwischen Bodennähe und gut 4.000 Metern abspielte, ohne dass die Tempests trotz ihres 4 : 3 - Vorteils überlegen gewesen wären. Die vierte Ta 152 von Oberfeldwebel Sattler hatte jedoch Anlassprobleme und startete erst einige Minuten nach der Kette unter Führung von Kommodore Oberstleutnant Fritz Aufhammer, stieg über das Luftkampfgeschehen und stürzte aus der Sonne in den Kreis der sich verfolgenden Jagdflugzeuge. Oberfeldwebel Sattler schoss eine Tempest aus dem Kreis heraus, stürzte aber aus etwa 2.000 Meter nach unten, ohne dass ein Abfangen seiner Maschine erkennbar war, und schlug auf dem Boden auf.
[...] Eine zweite Ta 152, die Maschine von Oberfeldwebel Willi Reschke, kurbelte in Bodennähe mit einer Tempest und war auf nächste Schussentfernung und -position herangekommen, hatte jedoch Ladehemmung. Bei der wilden Kurbelei schnappte die Tempest in eine unkontrollierte Gegenrolle und schlug – vermutlich infolge Ruderwechselwirkung durch Strömungsabriss – auf dem Boden auf. Der Luftkampf stand jetzt 3 : 2 für die Ta 152, woraufhin die restlichen zwei Tempests das Weite suchten.
Unser Kommodore war in mittleren und großen Höhen in Kurvenkämpfe verwickelt, aber trotz seiner fliegerischen Erfahrung nicht zum Schuss gekommen. Wie sich nach seiner Landung herausstellte, hatte er den ganzen Einsatz mit Bodenlader geflogen, also in größerer Höhe mit verminderter Motorleistung. Das Versagen der Umschaltautomatik des Laders war die Ursache – und trotz dieses Handicaps war Oberstleutnant Aufhammer mit seiner Ta 152 der Tempest noch mindestens ebenbürtig.“ *6
Die Vielzahl der „Kinderkrankheiten“, technischen Defekte der an diesem Luftkampf beteiligten Ta 152 H-1 (Anlassprobleme der Ta 152 des Oberfeldwebels Sattler, Ladehemmung der Ta 152 des Oberfeldwebels Reschke und die fehlerhafte Umschaltautomatik bei Oberstleutnant Aufhammers Ta 152) legen einen weiteren technischen Ausfall als Ursache für Sepp Sattlers Absturz nahe. Unklar ist, welche Tempest er abgeschossen haben soll, denn die Neuseeländer vermelden nur den Verlust jener Tempest O.J. Mitchells, reklamieren aber ihrerseits den angeblichen Abschuss einer Focke-Wulf 190 (Warrant Officer W.J. Shaw) und einer Me 109 (Flying Officer S.J. Short).
Oberfeldwebel Willi Reschke hat dem Autor in einem persönlichen Gespräch versichert, dass nur drei Ta 152 H-1 gestartet seien, mit den Piloten Aufhammer, ihm selbst und vor ihm Sattler. Sattler sei unmittelbar nach dem Abheben abgestürzt – aus bis heute ungeklärtem Grund. Ferner seien nur zwei Hawker „Tempest“ von ihm erkannt worden – eben der Gegner Aufhammers und sein eigener Kontrahent. Die Darlegungen Cescottis stünden in diesen Punkten in eindeutigem Widerspruch zu seiner eigenen Wahrnehmung.
Leutnant Hagedorn aus der 9./JG 301 bewertet sein neues Jagdflugzeug ebenfalls:
„Wir erreichten die bemerkenswerte Höhe von 13.200 Metern. Unsere Geschwindigkeit über Grund, wie wir später mit einem Focke-Wulf-Testpiloten herausfinden, lag irgendwo zwischen 820 und 830 km/h! Ich hatte noch nie ein so schnelles Flugzeug unter dem Hintern gehabt in meinem Leben. Wenn Du den Gashebel auf Volllast schobst, war der Startvorgang unglaublich. Die Startbahn in Alteno, wo ich sie flog, war 600 Meter lang. Das Flugzeug hob ab – und ich meine wirklich: zog hoch – nach 300 bis 400 Metern!
Ich hatte so etwas noch nicht erlebt. Ebenso dramatisch besser als alles, was ich jemals zuvor in irgendeinem anderen Flugzeug kennen gelernt hatte, war die unglaubliche Manövrierfähigkeit. Es ist bekannt, dass sogar eine Focke-Wulf 190 ziemlich leicht ins Schütteln gerät an der Grenze zum Abschmieren im Luftkampf, wenn Du sie zu eng in die Kurve ziehst. Wir stellten fest, dass Du mit einer Ta 152 praktisch auf dem Teller drehen kannst. Die Kiste ging wirklich um die Ecke. Andere berichteten von Querruder-Defekten, doch ich habe diese kaum als möglich vorstellbaren, extrem engen Kurvenradien geflogen ohne die geringsten Probleme an den Querrudern.“


Abgesehen von den Vergleichsdaten aus der Literatur stammen die Daten aus einer akribschen Sammlung von Diplom-Ingenieur Konstantin Iwanonw und einem seiner Studenten, Diplom-Ingenieur Wladimir Georgiew, Universität Sofia. Die Zahlenwerte sind in zehn Jahren mühsam erarbeitet, zusammengetragen und mit wissenschaftlichen Methoden aus sämtlichen bekannten technischen Kenndaten entwickelt, um sie vergleichbar zu machen und Manipulationen vorzubeugen. Die oben genannten Daten sind realistische, für Kampfeinsätze unter gleichen Bedingungen vergleichbare Angaben. Die Kriterien für die Berechnung dieser Werte sind im Anhang ab Seite 784 ausführlich dargelegt.
Die Vergleichsdaten für die Höchstgeschwindigkeit entstammen folgenden Quellen:
„War planes of the Third Reich“/Galahad Books New York 1970/William Green.
„War planes of the Second World War“/Macdonald & Co Ltd./William Green.
„Soviet Air Force Fighter Colors 1941–1945“/Classic Publications 2003/Eric Pilawskii.
Vergleich der Flugleistungen der älteren Focke-Wulf 190 A-4 und Me 109 G-6 zur Spitfire Mk. IX:
Die Spitfire Mk. IX bildet hierbei den Vergleichsmaßstab. Ähnliche Leistungen der Kontrahenten werden mit
gekennzeichnet, bessere mit
, viel bessere mit
, schlechtere mit
, viel schlechtere mit
.

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Maßumrechnung: |
1 foot/Fuß = |
30,48 cm |
|
1 m/Meter = |
3,2809 feet (16.400 ft. = 5.000 m/20.000 ft = 6.100 m/32.810 ft = 10.000 m) |
Quelle:
„Berühmte Flugzeuge der Luftwaffe 1939 – 1945“ Berichte eines Testpiloten/Motorbuch Verlag, 1. Spezialausgabe 1999/Eric Braun.

Hinweis: abgesehen von einer Heinkel He 111 des KG 4 (Bruch ?%, Ursache unbekannt) handelt es sich um alle Verluste am 14.4.45.
Verlustmeldungen der Westalliierten im Detail:
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8th USAAF: *9 *10 |
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B-17 „Flying Fortress”: |
- |
(+ 1 Kategorie „E” |
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B-24 „Liberator” |
2 |
(+ 3 Kategorie „E” |
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9th USAAF: *10 |
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|
P-47 „Thunderbolt”: |
1 |
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P-51 „Mustang” |
2 |
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C-47 „Skytrain“-Transporter: |
1 |
|
12th USAAF: (operiert inzwischen über Süddeutschland) *10 |
||
|
P-47 „Thunderbolt”: |
3 |
(alle 27th FG, eine davon über Süddeutschland von einer Me 262 abgeschossen *11. Da kein Me 262-Pilot den Abschuss einer P-47 eingereicht hat, ist möglicherweise einer der gefallenen JG 7-Flugzeugführer der Schütze – und kam nicht mehr zur Meldung) |
|
F-6 „Mustang”-Aufklärer: |
2 |
(eine aus der 162nd Recon Squadron, XII. TAC, über Deutschland *10 *11, und eine aus der 5th Reconnaissance Group) |
|
2nd Tactical Air Force der Royal Air Force:*12 |
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|
Hawker „Typhoon”: |
2 |
(ein Abschuss durch Flak, ein Verlust mit unbekannter Ursache, hier wird wie auch auf deutscher Seite in der Tabelle ebenso Feindeinwirkung unterstellt) |
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Hawker „Tempest” Mk. V: |
1 |
(Ausgekurvt durch Ta 152 H-1, Pilot Willi Reschke) |
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Spitfire Mk. XIV: |
1 |
(Verlust bei Tiefangriff) |
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Royal Air Force Bomber Command:*13 |
||
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Avro „Lancaster“: |
2 |
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de Havilland „Mosquito”: |
1 |
(vermutlich Opfer von Oblt. Kurt Welter, II./NJG 11) |
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Freie Französische Luftwaffe: |
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Spitfire Mk. IX: |
1 |
(GC 2/7) |

Abschuss einer Spitfire um 18.06 Uhr am 13. April 1945 nahe der schwäbischen Stadt Biberach. Es ist eine Maschine der nach der Befreiung Frankreichs neu gegründeten freien französischen Luftwaffe, die zum 53. Abschuss des Gruppenkommandeurs der II./JG 53, Major Julius „Jule“ Meimberg, wird – in einer Me 109 G-14/AS. Das „klassische“ Duell Messerschmitt Bf 109 gegen Spitfire. Der Abschuss wird zunächst nicht anerkannt, da Meimbergs Rottenflieger Oberleutnant Hans Harms den Aufprall des Feindjägers nicht beobachten konnte. Erst die automatisch auslösende Bordkamera gibt ausreichend Aufschluss über die Trefferwirkung und sichert den Erfolg. Die freie französische Luftwaffe beteiligt sich seit Frühjahr 1943 am Kampf gegen die deutsche Luftwaffe, beispielsweise ficht die GC 2/7 im April 1945 mit Spitfire Mk. IX über Süddeutschland. Vom Jahr 1943 an bis zum Kriegsende fliegen die französischen und englischen Piloten der GC 2/7 immerhin 7.900 Kampfeinsätze gegen die Deutschen.
*1Hinweis: Die Verlustmeldungen der 2nd Tactical Air Force definieren die Uhrzeit auf 19.20 Uhr.
*2Die Briten reklamieren Sattlers Ta 152 als Abschuss durch Warrant Officer W.J. Shaw, der zusammen mit Wing Commander Brooker in der Nähe operiert habe. Dies erscheint unwahrscheinlich, denn Reschke hätte zumindest Leuchtspur sehen müssen, und wieso lassen diese beiden Piloten ihre Kameraden Short und Mitchell im Stich? Es sieht etwas anders aus, nimmt man die Schilderung des technischen Offiziers des JG 301 hinzu – siehe unten!
*3
, SN141, Warrant Officer O.J. Mitchell.
*4
, NV651, Flying Officer S.J. Short.
*5Quelle:
„Jagdgeschwader 301/302“ ‚Wilde Sau’ “/Schiffer Military History 2005/Willi Reschke.
*6Quelle:
“Focke-Wulf Jagdflugzeug – Fw 190 A/Fw 190 “Dora”/Ta 152 H”/Struve-Druck Eutin/Peter Rodeike. Seite 416f. Dort wird auf das Jägerblatt (Fliegerblatt), Organ der Gemeinschaft der Flieger deutscher Streitkräfte, Ausgabe Februar/März 1992, Seite 40ff Bezug genommen. Ferner heißt es dort, laut „Logbuch“ habe Willi Reschke an diesem Tag die „weiße 1“
geflogen, Willi Reschke versicherte dem Autor telefonisch, es sei ohne den geringsten Zweifel die grüne 1
gewesen. Möglicherweise besteht im Flugbuch ein Schreibfehler.
*7Quelle:
Einsatz in der Reichsverteidigung von 1939 bis 1945 Teil 3 „Jagdgeschwader 1 und 11“/Struve Druck Eutin/Jochen Prien und Peter Rodeike, Seite 1600.
*8Quelle:
Internetdokumentation http://math.fce.vutbr.cz/safarik/ACES/luftwaffe.wartime.aerial.victory.credits.html Sämtliche deutsche Abschussmeldungen zusammengetragen von Jan Josef Safarik, Institute of Mathematics and Descriptive Geometry, Faculty of Civil Engineering, Brno University of Technology.
Weitere Quellen:
Quelle:
Osprey Aircraft of the Aces 76 „More Bf 109 Aces of the Russian Front“/2007/John Weal, Profil Nr. 24 (7. = II./JG 52, Leutnant Heinz Ewald).
Quelle:
“Jagdgeschwader 300 “Wilde Sau” Volume 2, September 1944 – May 1945/Eagle Editions Ltd. 2004/Jean-Yves Lorant und Richard Goyat.
Quelle:
WASt – Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht, Berlin. Verluste der deutschen Luftwaffe via Recherche Salonen.
*9Quelle:
„Mighty Eighth War Diary”/Jane’s Publishing Company 1981/Roger A. Freeman.
*10Quelle:
USAAF Missing Air Crew Reports (MACR).
*11Quelle:
„Me 262 Combat diary”/1995/John Foreman & S.E. Harvey.
*12Quelle:
„2nd Tactical Air Force” Volume 1 - 3/Classic Publications/2005/Chris Shores und Chris Thomas.
*13Quelle:
Royal Air Force Bomber Command 60th Anniversary - Campaign Diary, December 1944.